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Mein drittes Leben

Mainz (ots)

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Mein drittes Leben
Vom Kampf mit dem eigenen Körper
Film von Michael Petsch
Nach drei fast unmittelbar aufeinanderfolgenden Herzoperationen 
hatte er geglaubt, es endlich geschafft zu haben: Ferdi Rehb aus dem 
niedersächsischen Einbeck erfreute sich seines zweites Lebens, das 
auch privat einiges an Veränderungen bedeutet hatte. Endlich konnte 
er einen Neuanfang wagen. Doch nur ein knappes Jahr später kommt 
erneut ein Tiefschlag: wieder das Herz! Diesmal durch eine 
Blutvergiftung ausgelöst. Die Ärzte gaben dem damals 46-Jährigen kaum
eine Überlebenschance - und doch schaffte er es, mit unglaublicher 
Energie und Zuversicht: den Start in sein drittes Leben...
Das Attribut "Stehaufmännchen" wird im Allgemeinen für solche 
Menschen bemüht. Doch für die Protagonisten in diesem Film wäre dies 
nur eine harmlose Umschreibung dessen, was sie durchgemacht haben. 
Sie haben das Wiederaufstehen in extremer Form erlebt: Nach mehreren 
lebensbedrohlichen Tiefschlägen haben sie sich wieder aufgerappelt, 
um zum Teil mehrfach den "zweiten Geburtstag" zu feiern.
"Ich selbst habe überhaupt nichts gemerkt", erinnert sich Ferdi 
Rehb an den 2. Mai 2002, als ihn sein Hausarzt wegen "ungewöhnlicher 
Herztöne" zum Kardiologen überwies. Dort wurde schnell festgestellt, 
dass eine seiner Herzklappen undicht war. So schnell er operiert 
wurde, so schnell stand auch fest, dass der Eingriff missglückt war, 
die so genannte Aortenklappe immer noch nicht richtig schloss. Ferdi 
Rehb wechselte die Klinik. Im Herzzentrum Leipzig wurde noch einmal 
sein Brustkorb geöffnet, die Ärzte wollten versuchen, die bereits 
stark deformierte Herzklappe noch einmal zu retten. Nach zehn Tage 
stand fest: Das Vorhaben war nicht geglückt. Der Chef der Klinik 
entschied, Ferdi Rehb eine künstliche Herzklappe einzusetzen. Er 
schien gerettet, konnte nun einen Neustart ins Leben wagen - und auch
versuchen, seine privaten Probleme zu lösen, die sich 
zwischenzeitlich aufgetürmt hatten: Denn der Job war weg und auch die
Ehe in die Brüche gegangen.
Ein knappes Jahr nach dem Eingriff löste ein kleiner Dorn, in den 
Ferdinand Rehb getreten war, erneut eine Katastrophe aus: Die 
Entzündung wanderte direkt ins Herzen, zerstörte dort das Gewebe um 
seine künstliche Herzklappe herum. Sein Leben stand auf der Kippe. 
Doch Ferdinand Rehb überlebte auch diesen Eingriff, erholte sich nach
und nach gesundheitlich.
Nach seiner Rechnung beginnt sein neues, sein drittes Leben aber 
eigentlich erst jetzt - so hofft er jedenfalls: Nach 
Berufsunfähigkeit, Arbeitslosigkeit, einem Job, der ihn nicht erfüllt
hatte, fand er im Juli 2007 eine Anstellung in Hamburg als Disponent 
einer Wartungsfirma. Keine Selbstverständlichkeit: Denn er ist 
mittlerweile 50 Jahre alt, und sein neuer Chef kennt auch seine 
gesundheitliche Odyssee. Belastet wird der Neustart noch von seiner 
Vergangenheit: Das Haus in seiner Heimat Einbeck muss noch verkauft 
werden, weil die Schulden drücken - und auch ein Gesundheits-Check 
seines Herzens steht noch an. Nur wenn dies alles gut geht, gelingt 
der Start ins neue Leben.
Der Neubeginn von Christiane Oehmichen liegt erst gerade zehn 
Monate zurück: als der 25-jährigen Frau aus Leipzig eine neue Lunge 
transplantiert wurde. Sie leidet an Mukoviszidose, einem Gendefekt, 
der ihr mehr und mehr die Luft zum Atmen nahm, so dass am Ende nur 
noch ein neues Organ sie retten konnte. Anfang Dezember 2006 war eine
Lunge gefunden, Christianes Überleben schien gesichert. Doch schnell 
stand fest: Das Organ war nicht geeignet. Von diesem Zeitpunkt an 
ging es ihr immer schlechter, ihre Lunge schaffte gerade noch fünf 
Prozent eines gesunden Atemorgans. Christiane musste schließlich ins 
künstliche Koma versetzt werden. Ihre Mutter Jeanne Oehmichen 
erklärte im Interview: "Von da an war der Gedanke: Vielleicht kannst 
du nie wieder mit deinem Kind reden!"
Eine Woche später nahm Christianes Schicksal noch einmal eine 
glückliche Wendung: In allerletzter Sekunde wurde ein anderes, ein 
geeignetes Spenderorgan gefunden und Christiane gerettet - zumindest 
vorläufig.
Christiane geht es seitdem wesentlich besser. Doch nur mit 
Mundschutz und Handschuhen ausgestattet darf sie ihre Wohnung 
verlassen. Zu groß ist das Risiko, dass sie sich infiziert und ihre 
neue Lunge abgestoßen wird. Jede Erkältung kann für sie im Moment 
noch tödlich sein.
Probleme gibt es auch dort, wo es die Familie niemals vermutet 
hätte. Fast 25 Jahre war Christiane ein Pflegefall. Nun beginnt sie, 
in Rekordzeit nachzuholen was ihr bisher versagt blieb: 
Freundschaften, das Ausgehen, das Erwachsenwerden. Ihre Eltern sind 
überglücklich, dass Christiane überlebt hat. Dennoch haben sie 
Probleme mit dem Loslassen: "Wir haben uns Vorwürfe gemacht, weil wir
annahmen, Christiane wollte von uns nichts mehr wissen", sagt ihr 
Vater Lutz Oehmichen. Dazu kommt die ständige Angst, Christianes 
Zustand könnte sich wieder verschlechtern. Eine Befürchtung, die 
nicht ganz unberechtigt ist. Denn die Lebenserwartung von 
Mukoviszidose-Patienten liegt bei 38 Jahren, unabhängig davon, ob sie
transplantiert sind oder nicht.
Mainz, 8. November 2007
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