Streit in Sachsen-Anhalt um illegale Müllentsorgung
Landesregierung räumt gegenüber ZDF-Magazin "Frontal 21" Versäumnisse ein
Mainz (ots)
Das ZDF-Magazin "Frontal 21" berichtet, dass noch bis Ende voriger Woche täglich Dutzende Schwertransporter aus vielen Teilen Deutschlands in der Tongrube Vehlitz in Sachsen-Anhalt Müll abkippten. Bei einem Großteil handelt es sich nach Einschätzungen von Experten um organischen Abfall mit hohem Kunststoffanteil, vermutlich klein geschredderter Haus- und Gewerbemüll. Der Gutachter der Staatsanwaltschaft Potsdam im Brandenburger Müllskandal, Prof. Lothar Ebner, erklärt gegenüber "Frontal 21": "Ein solcher Müll gehört im Normalfall in eine Verbrennungsanlage." In eine Tongrube, die verfüllt werden soll, dürfe im wesentlichen nur mineralisches Material eingebaut werden, zum Beispiel Bauschutt. Die Verfüllung mit organischen Abfall "ist nach dem Bodenschutzgesetz nicht zulässig".
"Frontal 21" konfrontierte die Umweltministerin Petra Wernicke (CDU) am Montag mit den Recherchen. Die Ministerin räumte ein, dass der Verdacht der illegalen Müllentsorgung in der Tongrube Vehlitz bereits seit Oktober 2007 bestehe. Wörtlich sagte Umweltministerin Wernicke gegenüber "Frontal 21": "Wir haben das Landesamt für Umweltschutz dort hingeschickt, um eine unvorbereitete, unangekündigte Kontrolle durchzuführen. Das ist erfolgt, und die Probenentnahme hat ergeben, dass dort tatsächlich gegen geltendes Recht verstoßen worden ist." Sie habe daraufhin gegenüber dem für die Bergaufsicht zuständigen Wirtschaftsministerium die Stillegung der Grube gefordert, bislang allerdings erfolglos. "Das Ergebnis der Kontrolle lag am 1. Oktober 2007 vor. Daraufhin ist das Wirtschaftsministerium zum Handeln aufgefordert worden durch mein Haus und ist am 30. November ins Haus gebeten worden, weil wir feststellen mussten, dass man zögerlich an das Handeln herangegangen ist", erklärte Umweltministerin Wernicke. Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) wollte sich zu den Vorwürfen bislang nicht äußern.
"Frontal 21" ist eine Probenentnahme von der Tongrube Vehlitz aus der vergangenen Woche zugespielt worden. Diese Probe legten die ZDF-Reporter der für die Überwachung der Tongrube zuständigen Bergaufsicht vor, dem Landesamt für Geologie und Bergwesen in Halle. In einer ersten Stellungnahme des Amtes heißt es: "Nach erstem Augenschein entspricht es nicht den Anforderungen. Genaueres kann jedoch erst nach einer entsprechenden Prüfung gesagt werden. Stellt sich heraus, dass es den Anforderungen tatsächlich nicht entspricht, wird sofort gehandelt und die Einlagerungen werden gestoppt."
Die Staatsanwaltschaft Stendal hat unterdessen Ermittlungen wegen des Verdachts der illegalen Müllentsorgung in der Tongrube Vehlitz aufgenommen. Deren Betreiber, die Sportenbach Ziegelei GmbH, weist alle Vorwürfe zurück. Es werde kein klein geschredderter Haus- und Gewerbemüll in der Tongrube Vehlitz deponiert, sondern lediglich genehmigte Abfälle aus mechanisch-biologischen Abfallaufbereitungsanlagen. In einer Stellungnahme des Anwalts der Sportenbach Ziegelei GmbH wird zudem auf eine vorliegende "Sonderbetriebszulassung" vom März 2003 hingewiesen. Demgegenüber erklärt Umweltministerin Petra Wernicke gegenüber "Frontal 21", diese Sondergenehmigung hätte längst durch das Landesamt für Geologie und Bergwesen, das dem Wirtschaftsministerium untersteht, widerrufen werden müssen. Die Ministerin verweist auf das so genannte "Tongruben-Urteil" des Bundesverwaltungsgerichts vom April 2005. Danach ist die Rekultivierung von Tongruben mit organischen Haus- und Gewerbeabfällen nicht mehr erlaubt, weil dadurch die Gefahr der Boden- und Grundwasserverunreinigung besteht.
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