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Siemens-Aufsichtsrat Hawreliuk: Korruptionsskandal kostete tausende Arbeitsplätze
ZDF-Dokumentation "Der Fall Siemens " mit erstem Fernsehinterview des ehemaligen Siemens-Managers Siekaczek

Mainz (ots)

Der Schmiergeldskandal bei Siemens hat nach
Einschätzung von Aufsichtsrat und IG-Metall-Funktionär Heinz 
Hawreliuk tausende Arbeitsplätze gekostet. Durch Korruptionszahlungen
sei die wirtschaftliche Misere im ehemaligen 
Siemens-Telekommunikationsbereich "verschleiert, vertuscht und unter 
den Teppich gekehrt" worden, sagt Hawreliuk in der ZDF-Dokumentation 
"Der Fall Siemens: Der Konzern und die Korruption", die am Mittwoch, 
1. Oktober 2008, 0.35 Uhr ausgestrahlt wird. "Bei Siemens sind 
Arbeitsplätze verloren gegangen, weil die Schwächen des Bereichs von 
Korruptionszahlungen überdeckt worden sind, die zu künstlich 
zugeführten Aufträgen geführt haben." Die Bestechungspraktiken seien 
mitverantwortlich für die BenQ-Krise und den Niedergang der 
Siemens-Telekomsparte, so Hawreliuk weiter.
Bisher galten ausschließlich Managementfehler als Ursache für das 
Aus der Siemens-Telekommunikation. Das Handygeschäft ging 2006 an den
taiwanesischen Konzern BenQ und endete ein Jahr darauf in einem 
Insolvenzdesaster. Mehr als 3.000 Beschäftigte in Deutschland 
verloren ihren Job. Im größten Schmiergeld-Skandal der deutschen 
Wirtschaftsgeschichte geht es insgesamt um 1,3 Milliarden Euro an 
dubiosen Zahlungen.
In seinem ersten und bisher einzigen Fernsehinterview berichtet 
der ehemalige Siemens-Manager Reinhard Siekaczek, wie das 
Schmiergeldsystem funktioniert hat. Siekaczek hat das Netz der 
Schwarzen Kassen mit Wissen seiner Vorgesetzen aufgebaut: "Bei 
Siemens war es flächendeckend in fast allen Bereichen üblich, 
Schmiergeld zu bezahlen." Das sei im Konzern bekannt gewesen - wohl 
auch im Vorstand. "Die Zentralvorstände kamen fast alle aus dem 
eigenen Haus und waren in ihrer Karriere mit dem Thema beschäftigt", 
sagt Siekaczek im ZDF. Um Aufträge zu ergattern, fuhren 
Siemens-Manager mit Koffern voller Bargeld ins Ausland und schleusten
Millionenbeträge über Tarnfirmen und Scheinkonten um die ganze Welt.
Bestechungsgeld hat Siemens aber offenbar auch im eigenen Konzern 
eingesetzt. 50 Millionen Euro sollen an die Betriebsräteorganisation 
AUB geflossen sein. Mit der heimlichen Finanzierung wollte der 
Konzern ein arbeitgeberfreundliches Gegengewicht zur IG Metall 
schaffen. Um unbequeme Gewerkschafter unter Druck zu setzten, nutzte 
Siemens auch andere Methoden: Der Konzern ließ 2003 Heribert Fieber, 
den damaligen Betriebsratsvorsitzenden der 
Siemens-Telekommunikationssparte, überwachen. Erstmals äußert sich 
der von Siemens beauftragte Detektiv vor der Kamera. Fieber erhebt in
der Dokumentation schwere Vorwürfe gegen Siemens: "Es ging darum, wie
ich als Betriebsrat durch Zufallsfunde so belastet werden kann, dass 
man mich hätte aus dem Amt jagen können. Das war eine 
Rufmord-Kampagne."
Besonders hohe Wellen schlägt der Fall Siemens in Griechenland. In
Athen soll der Konzern Politiker und Parteien bestochen haben, um bei
lukrativen Geschäften zum Zuge zu kommen - zum Beispiel beim 
griechischen Telefonkonzern OTE. Ein ehemaliger hochrangiger 
OTE-Manager schildert in der Dokumentation, wie Siemens bestochen 
hat, um Aufträge zu überhöhten Preisen abrechnen zu können. Als der 
OTE-Manager das System aufdecken wollte, wurde er gefeuert.
Um die Korruptionsaffäre aufzuklären, durchkämmen derzeit hunderte
amerikanische Anwälte im Auftrag von Siemens die Geschäfte. Denn in 
den USA droht dem Konzern die größte Gefahr. "Wir werden es hier mit 
einer Bestrafung zu tun haben, die neue Rekorde setzen könnte. Im 
schlimmsten Fall muss Siemens mehrere Milliarden zahlen", sagt der 
amerikanische Korruptionsexperte Michael Hershman. Außerdem könne 
Siemens von amerikanischen Staatsaufträgen ausgeschlossen werden. Das
wäre verheerend für den Konzern, der ein Großteil seiner Geschäfte in
den USA macht. Dann stünden auch Arbeitsplätze an deutschen 
Siemens-Standorten auf dem Spiel, fürchtet Aufsichtsrat Hawreliuk.
Die Siemens-Führung unter dem neuen Vorstandschef Peter Löscher 
versucht die Firma nun aus dem Schmiergeldsumpf zu ziehen - durch 
radikale Anti-Korruptionsmaßnahmen und Schadenersatzforderungen an 
frühere Top-Manager wie Heinrich von Pierer. Der Fall Siemens hat 
Auswirkungen auf die gesamte deutsche Wirtschaft. Viele Konzerne 
rüsten sich gegen Korruption. Doch wie nachhaltig sind diese 
Bemühungen? Können die Unternehmen ohne Bestechung in korrupten 
Regionen der Welt überhaupt noch Geschäfte machen?
"Der Fall Siemens: Der Konzern und Korruption", ein Film von 
Michael Haselrieder und Karl Hinterleitner am Mittwoch, 1. Oktober 
2008, 0.35 Uhr im ZDF.

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ZDF-Pressestelle
Telefon: 06131 / 70 - 2120
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