ZDF-Programmhinweis
Mittwoch, 22. August 2012, 0.45 Uhr
Vier Tage im August
Die Schande von Rostock
Film von Sylvia Bleßmann und Thomas Hass
Mainz (ots)
Der Plattenbau brannte, die Masse johlte, Betrunkene hoben die Hand zum Hitlergruß: Im August 1992 eskalierte im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen der Fremdenhass, Ausländer bangten um ihr Leben. 20 Jahre danach zeichnen die ZDF-Korrespondenten Sylvia Bleßmann und Thomas Hass die dramatischen Ereignisse nach. "Wir sind nicht ausländerfeindlich, aber es war eine schlimme Situation, weil die Wiese, wo die saßen und aßen, auch als Toilette benutzt wurde. Damit konnten wir nicht umgehen." Christel M. aus Rostock-Lichtenhagen ist heute noch aufgewühlt, wenn sie an die dramatischen Augusttage von 1992 denkt. Im Wohnblock direkt gegenüber ist im Sommer vor 20 Jahren die "Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber" des Landes Mecklenburg-Vorpommern untergebracht. Das Gebäude, im Volksmund Sonnenblumenhaus genannt, ist hoffnungslos überfüllt. Davor campieren mehr als 1000 Flüchtlinge wochenlang unter freiem Himmel und unter menschenunwürdigen Bedingungen. Hilferufe der Anwohner verhallen ungehört. Die Behörden sind überfordert. Es brodelt im Lichtenhagen der Nachwendezeit. Gut die Hälfte hier ist arbeitslos, Hoffnungslosigkeit ist weit verbreitet unter den Jugendlichen in der für sie neuen bundesdeutschen Wirklichkeit. Neonazis nutzen die Situation und heizen die aggressive Stimmung mit Flugblättern an. Es gibt Schlägereien, erste Steine fliegen. Plötzlich tobt der Mob. Etwa 2000 Randalierer - junge Rostocker sowie Krawalltouristen und Rechte aus ganz Deutschland - greifen das Sonnenblumenhaus an. Die Anwohner klatschen Beifall. Auch nach zwei Tagen bekommt die Polizei die Lage nicht in den Griff. Schließlich bringen Busse die Asylbewerber vor die Tore der Stadt. Als sich die Polizei zurückzieht, werfen Jugendliche Molotowcocktails auf das Haus, in dem sich noch 150 Vietnamesen - ehemalige Vertragsarbeiter der DDR - befinden. Mai-Phuong Kollath hat die schreckliche Brandnacht erlebt. Sie ist Augenzeugin und sieht wie ihre Landsleute in Todesangst geraten. "Die Zustände waren unzumutbar: für Flüchtlinge, Vietnamesen und für die deutschen Anwohner", meint Wolfgang Richter. "Aber dass Massen jubeln, Gewalt billigend in Kauf nehmen und sich so einer pogromartigen Stimmung hingeben", entsetzt den ehemaligen Ausländerbeauftragten von Rostock noch heute. Sylvia Bleßmann, Leiterin des ZDF-Landesstudios Mecklenburg Vorpommern, und ihr Kollege Thomas Hass haben sich 20 Jahre nach den Ausschreitungen von Lichtenhagen in Rostock umgeschaut. Sie sprechen mit Zeugen, Einwohnern und Verantwortlichen. Sie zeigen, dass sich vieles geändert hat in Rostock, aber auch, dass der Nährboden für Ausländerhass immer noch da ist. Vor allem Afrikaner fühlen sich bedroht. Ausländer meiden vorsichtshalber heute noch Stadtteile von Rostock wie Lichtenhagen.
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