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Sonntag, 8. Juni 2014
Mainz (ots)
Sonntag, 8. Juni 2014, 23.55 Uhr Precht Kampfzone Nationalstaat - Brauchen wir noch Grenzen? Richard David Precht im Gespräch mit Klaus von Dohnanyi, Politiker (SPD) und Publizist In den vergangenen Monaten hat sich das Verhältnis zwischen Russland und dem Westen so abgekühlt, dass viele die Wiederkehr des Kalten Krieges fürchten. Ist etwa nun in der Ukraine-Krise das Gespenst des Nationalismus wieder auferstanden? Auch in anderen Krisenregionen der Welt gilt: Die Zugehörigkeit von Völkern zu Nationen und zu Territorien sowie geostrategische Interessen scheinen auf einmal wieder von höchster Wichtigkeit zu sein. Doch wie passen diese Vorstellungswelten aus dem 19. Jahrhundert überhaupt ins 21. Jahrhundert, in unsere Zeit der grenzenlosen digitalen Vernetzung, in der neue Supermächte wie Google oder Apple herrschen? Mitten aus unserer modernen, aufgeschlossenen, globalen Gesellschafts-Cloud fordern Politik wie Presse, dass unser Land "Stärke zeigen" muss. Passt das alles noch in unsere Zeit? Darüber spricht Richard David Precht mit Klaus von Dohnanyi, einem der wichtigsten politischen Denker der SPD, dem ehemaligen Ersten Bürgermeister von Hamburg und versierten Außenpolitiker, der sich anlässlich der Krim-Annexion an die Vertreter der Westmächte wandte und zur Besonnenheit aufrief. Dohnanyi wehrt sich vor allem gegen die Polemik der Hardliner, die jeden als "Putin-Versteher" brandmarken, der sich der amerikanischen Sanktions- und Drohstrategie nicht anschließen will. Mit seinem analytischen Blick in die Geschichte und die Komplexität der Gegenwart mahnt er, die separatistischen Bestrebungen in der Ukraine immer auch im Kontext ähnlicher Bewegungen zu beurteilen, wie sie sich etwa im kanadischen Quebec, in Nordirland, im Baskenland oder in Schottland abspielen. Doch in welchem Fall sind solche Autonomiebestrebungen legitim oder eben dringend zu unterbinden? Und mit welcher Begründung darf sich ein anderer Staat in diese Konflikte einschalten? Die Vorstellung von der guten Nation, wie sie der große Philosoph Immanuel Kant in seiner Schrift zum ewigen Frieden juristisch erfassen wollte, scheint heute jedenfalls nicht mehr zu funktionieren. Territoriale Unversehrtheit, Schutz des Volkes und die Nichteinmischungspflicht sind in unserer komplexen Gegenwart vielfach nicht mehr in Deckung zu bringen. Sollten wir daher nicht eine Zukunft ohne Staatsgrenzen anstreben, fragt Richard David Precht. Woran scheitert so etwas eigentlich? Am Entwicklungsgefälle zwischen Staaten? An der Angst um knapper werdende Ressourcen? Und welche Bedingungen müsste eine solche Utopie erfüllen?
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