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Sonntag, 3. April 2016

Mainz (ots)

Sonntag, 3. April 2016, 24:00 Uhr

Precht

Unsere ungerechte Gesellschaft Richard David Precht im Gespräch mit Prof. Heinz Bude, Soziologe

Deutschland ist ein reiches Land. Doch wie gerecht geht es bei uns wirklich zu? Darüber spricht Richard David Precht mit dem Soziologen Prof. Heinz Bude.

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger haben den Eindruck, dass die Macht, das Geld oder die Werte in unserem Land nicht mehr gerecht verteilt sind. Rechte Populisten, wie die AfD, profitieren von dieser Stimmung.

Der Aufstand der Unzufriedenen bescherte der AfD zweistellige Wahlerfolge. Auch rechte Populisten, wie Donald Trump, Viktor Orbán und Marine le Pen, spielen mit den Ängsten der Irritierten und Zukurzgekommenen. Neben Arbeitslosen und Minderverdienern ist es besonders die untere Mittelschicht, die auf diese Weise ihr massiv gewachsenes Misstrauen in die Politik zum Ausdruck bringt. Stehen wir in Deutschland vor einem erbitterten Verteilungskampf? Diese Frage stellt Richard David Precht dem Soziologen Prof. Heinz Bude, der ein profunder Kenner und Erforscher der Stimmungslage in der bundesdeutschen Bevölkerung ist.

Seit dem Siegeszug der sozialen Marktwirtschaft galt hierzulande die Devise, Chancengleichheit sei der beste Motor für eine prosperierende Leistungsgesellschaft. Mit Fleiß, Leistung und frei zugänglicher Bildung sollte jedermann den ökonomischen und sozialen Aufstieg schaffen. Was aber ist geschehen, dass die viel beschworene Chancengleichheit heute immer stärker als Ungerechtigkeit empfunden wird? Läuft der Kapitalismus endgültig aus dem Ruder, fragt Richard David Precht. Schwappt die unaufhaltsame Welle der Globalisierung nun mit all ihren negativen Folgen zurück in die Industriestaaten, die bisher eher zu den Profiteuren des globalen Marktes gehörten? Beim Thema Bildungsgerechtigkeit sprechen mittlerweile sogar Fachleute von Verhältnissen wie in der alten Feudalgesellschaft. Je ärmer und ungebildeter die Eltern sind, desto geringer sind die Bildungschancen für die Kinder. Die Arbeitswelt zersplittert zunehmend in Minijobs und befristete Beschäftigungen. Vermögenswerte scheinen sich zunehmend in den Händen der Reichen zu konzentrieren, während dem einfachen Volk der Sparer null Prozent Zinsen aufgebrummt werden.

Was besonders irritiert, so Precht, ist, dass die lauter werdende Revolte gegen das politische Establishment nicht von der linken, sondern von der rechts-konservativen Seite kommt. Es scheint sich weniger eine Solidarität von unten zu formieren als eine Sehnsucht nach Stärke und einfachen Rezepten. Wie aber könnte man mehr Verteilungsgerechtigkeit und somit neues Vertrauen schaffen? Wie der Idee einer echten Solidargesellschaft neues Leben einhauchen? Greifen die alten Rezepte überhaupt, Reiche und Erben noch höher zu besteuern? Oder brauchen wir möglicherweise viel tiefer gehende Veränderungen? Könnte ein bedingungsloses Grundeinkommen etwa den sozialen Frieden bringen? Brauchen wir eine echte, radikale Bildungsrevolution, um wenigstens die grundsätzlichen Voraussetzungen für mehr Gerechtigkeit zu schaffen?

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