ZDF-Pressemitteilung
ZDF-Politbarometer im November 2002
SPD und Kanzler im freien Fall
Union profitiert stark von der Unzufriedenheit mit Regierung
Mainz (ots)
Noch nie hat eine Bundesregierung so schnell nach einer gewonnenen Wahl so viel an Ansehen verloren wie die rot-grüne Koalition jetzt. War die politische Stimmung für die SPD schon im letzten Monat deutlich eingebrochen, so erlebt die SPD zur Zeit einen Erdrutsch: Sie erreicht in der politischen Stimmung jetzt nur noch 26 Prozent (-10), die Union legt ein weiteres Mal deutlich auf 55 Prozent (+10) zu, die Grünen kommen unverändert auf 9 Prozent und die FDP auf 5 Prozent (-1), während die PDS 3 Prozent (+1) erreicht.
Wenn jedoch schon am nächsten Sonntag wirklich wieder Bundestagswahl wäre, dann würde durch längerfristige Überzeugungen ein Ergebnis zustande kommen, das diese aktuellen Überzeichnungen nicht so stark zur Geltung kommen lassen würde. Die Projektion lautet: SPD 34 Prozent (-4), B'90/Grüne 9 Prozent (+1), die CDU/CSU verbessert sich um 4 Prozentpunkte auf 44 Prozent, die FDP käme auf 5 Prozent (-1), die PDS unverändert auf 4 Prozent ebenso wie die anderen Parteien. Damit hätte Schwarz-Gelb eine klare parlamentarische Mehrheit.
Auf der -5/+5-Skala ist die Zufriedenheit mit der Bundesregierung auf einen Wert von -1.2 gefallen (Okt.: 0.0). Das ist der schlechteste Wert, den die rot-grüne Bundesregierung jemals erhalten hat. Auffällig ist dabei, dass sich vor allem die Bewertung der SPD in der Regierung verschlechtert hat (von +0.4 auf -0.9) und sich kaum noch von der Bewertung der Grünen unterscheidet (-1.0 nach -0.4 im Okt.). Die Leistungen der CDU/CSU-Opposition werden in diesem Monat geringfügig schlechter beurteilt (+0.3 nach +0.5 im Okt.). Direkt gefragt, sagen allerdings nur 32 Prozent, dass es eine CDU/CSU- Bundesregierung besser machen würde, und 54 Prozent meinen, dass das keinen so großen Unterschied machen würde (schlechter: 9 Prozent).
Diese Unzufriedenheit mit der Bundesregierung wirkt sich auch auf die Beurteilung der wichtigsten Politiker aus. Besonders Bundeskanzler Schröder und Finanzminister Eichel müssen in diesem Monat massive Kritik einstecken, aber auch alle anderen wichtigen Politiker werden in diesem Monat schlechter beurteilt als im Oktober: Weiterhin auf Platz eins in der Beliebtheit liegt Joschka Fischer mit 1.9 (Okt: 2.4), jetzt gefolgt auf Platz zwei von Angela Merkel mit den geringsten Einbußen von allen (1.3 nach 1.4 im Okt.), danach Wolfgang Clement mit 0.9 (Okt: 1.3), Otto Schily mit 0.7 (Okt: 1.0), Edmund Stoiber mit 0.4 (Okt: 0.7), Renate Künast mit 0.3 (Okt: 0.7). Gerhard Schröder ist von Platz 2 auf Platz 7 abgerutscht 0.2 (Okt: 1.5). Das ist der schlechteste jemals für ihn gemessene Wert. Danach folgt Hans Eichel ebenfalls mit seinem bisher schlechtesten Ergebnis: -0.2 (Okt: 0.8) vor Guido Westerwelle -0.5 (Okt: -0.3) und vor dem Schlusslicht Jürgen Trittin -0,7 (Okt: -0.4).
Insbesondere bei den aktuell wichtigsten Themen wird jeweils der CDU/CSU mehr zugetraut als der SPD: Finanzkompetenz CDU/CSU: 40 Prozent, SPD: 20 Prozent, keine Partei/weiß nicht: 36 Prozent; Arbeitsplatzkompetenz: CDU/CSU: 41 Prozent, SPD: 17 Prozent, keine Partei/weiß nicht: 38 Prozent; Rentenkompetenz: CDU/CSU 35 Prozent, SPD: 20 Prozent, keine Partei/weiß nicht: 41 Prozent.
Waren die Vorschläge der Hartz-Kommission schon bei ihrer Vorstellung im Sommer eher skeptisch aufgenommen worden, so glaubt jetzt eine Mehrheit von 46 Prozent, dass diese keinen wirksamen Beitrag zur Verringerung der Arbeitslosigkeit leisten werden (Aug: 37 Prozent), nur 26 Prozent (Aug: 32 Prozent) haben solche Hoffnungen, und 28 Prozent (Aug: 31 Prozent) haben davon noch nichts gehört oder trauen sich kein Urteil zu.
Auch die Entscheidung der Bundesregierung, den Rentenbeitrag auf 19,5 Prozent zu erhöhen, stößt mehrheitlich auf Ablehnung: 58 Prozent aller Befragten hätten es besser gefunden, wenn stattdessen die Erhöhung der Renten verschoben worden wäre, und nur 27 Prozent tragen die Erhöhung der Rentenbeiträge mit (weiß nicht: 16 Prozent). Selbst unter den Rentnern gibt es mit 50 Prozent eine mehrheitliche Unterstützung für eine Verschiebung der Rentenerhöhung (für Beitragserhöhung: 30 Prozent; weiß nicht: 20 Prozent).
Die Umfragen zum Politbarometer wurden wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 11. bis 14. November 2002 unter 1268 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in ganz Deutschland. Fehlertoleranz bei den großen Parteien 2,7 Prozentpunkte, bei den kleineren rund 1,4 Prozentpunkte.
Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 13. Dezember 2002, nach dem "heute-journal".
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