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Donnerstag, 8. Mai 2003, 21.15 Uhr
auslandsjournal

Mainz (ots)

mit Dietmar Ossenberg
Thema u.a.: Moldawiens Staatsschatz - Das Geheimnis um Görings
   Weinkeller
Es klingt fast wie eine Geschichte aus Asterix und Obelix.
Pfiffige Gallier verkaufen frisch mit Spülwasser versetzten Wein als
edle Tropfen an feindliche Soldaten. Aber was wie ein Comic klingt,
ist die Wahrheit und geschehen im Zweiten Weltkrieg.
Dass Kriegsherren ihre Soldaten häufig mit Alkohol bei Laune
hielten, ist bekannt. Im Ersten Weltkrieg wurde den französischen
Soldaten Champagner mitgegeben, um ihre Moral im Schützengraben
aufrecht zu erhalten. Doch diese Geschichte ist eine andere. Nachdem
im Juni 1940 Frankreich kapitulierte, begann die deutsche Besatzung
auf ausdrücklichen Befehl Hitlers, Weine, Champagner und andere
Spirituosen nach Deutschland zu "importieren". Sinn des Ganzen war
weniger, deutsche Soldaten bei Laune zu halten, als Frankreich zu
demoralisieren. Der Oberbefehlshaber der deutschen Luftwaffe, Hermann
Göring, war der Ansicht, die Franzosen könne man nur dann besiegen,
wenn man ihnen Wein und gutes Essen nähme, denn das sei "das
Geheimnis ihrer Gewitztheit und Fröhlichkeit".
"Unser Wein reift langsam und edel; er trägt die Hoffnung auf ein
langes Leben in sich," erklärte ein Winzer, "wir wissen, dass unser
Land vor uns da war und auch noch da sein wird, wenn wir längst nicht
mehr sind. Mit unserem Wein haben wir Kriege überstanden, die
Revolution und die Reblaus." Mit Mut und Phantasie versuchten daher
die Franzosen, ihr Kulturgut vor der deutschen Besatzung zu retten.
Pariser Sommeliers nutzten den Staub von Teppichreinigungsfirmen,
um die Flaschen älter aussehen zu lassen. Göring ließ man falsch
etikettierten Mouton-Rothschild liefern; aus der Champagne kamen
angeblich Flaschen gefüllt mit Spülwasser. Wenn sich die Franzosen
heimlich selber einen guten Tropfen gönnten, stieß man an mit dem
Trinkspruch: "Wieder einer weniger für die Deutschen."
Bernard de Nonancourt, ein 23-jähriger französischer Sergeant,
entdeckte nach Ende des Krieges den flüssigen Schatz, versteckt in
einer Höhle bei Berchtesgarden knapp unterhalb des Berggipfels, auf
dem Hitlers Adlerhorst stand. Eine halbe Million Flaschen der
edelsten Weine aller Zeiten: Chateaux Lafite und Mouton-Rothschild,
Chateau Latour, Chateau d'Yquem und Romanee-Conti. Ob der Schatz
allerdings wirklich ein Schatz oder auch eher ein Scherz war, hat
keiner getestet.
Ein Schatz ist der Wein in jedem Fall für Moldawien. In der
Weinkellerei Cricova, 20 Kilometer vor den Toren der Hauptstadt,
lagert Görings Weinsammlung noch heute. Es ist der best bewachte
Weinkeller der Welt.
ZDF-Reporter Michael Renz ist es gelungen, Moldawiens
"Schatzkammer" zu betreten. Er berichtet über eine kuriose Nebensache
des Zweiten Weltkrieges: den Kampf um den Wein.
Weitere Themen:
Krone und Camilla - Britische Monarchie am Wendepunkt
Gefangene der Großstadt - SARS-Angst in Peking
Rückfragen bitte an die ZDF-Redaktion "auslandsjournal", Robert
Bachem, Tel.: 06131-702985, und Norman Odenthal, Tel.: 06131-702838.

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