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Donnerstag, 22. April 2004, 21.15 Uhr
auslandsjournal

Mainz (ots)

Donnerstag, 22. April 2004, 21.15 Uhr
auslandsjournal
mit Dietmar Ossenberg
Liebesgrüße aus Peking - Sexuelle Revolution im Reich der Mitte
Sex, Sex, und nochmal Sex. Der Name der amerikanischen Serie "Sex
and the City" ist Programm. Nicht jedoch in China. Dort läuft die
Sendung in chinesischer Version, also geprägt von Tabus und
Traditionen: über Sex sprechen ja, Sex-Bilder nein. Doch immerhin,
die Dreharbeiten laufen schon. Und sie sind nur ein Anzeichen dafür,
dass sich in China in Sachen Freizügigkeit und Sexualität etwas
bewegt.
Im bevölkerungsreichsten Land der Welt ist eine Revolution
ausgebrochen: die sexuelle Revolution. "Früher war es tabu über Sex
zu reden, das war schlimm. Heute, kein Problem, Sex ist doch ganz
natürlich, ein menschlicher Trieb." Wenigstens für die 30-jährige
Wang Wie. Sie ist Reiseleiterin, in der Welt zu Hause, fühlt sich
frei und nimmt ihre Freiheit in Anspruch. "Dies sind moderne Zeiten,
auch in China, auch für Frauen."
Noch sind nicht alle im Land ihrer Ansicht. Traditionen sind zäh.
Zu lange lief nichts ohne Ring und Zustimmung der Arbeitseinheit. Zu
lange waren Ehen Kalkül, glichen eher einem Kuhhandel denn einer
romantischen Angelegenheit füreinander entflammter Herzen.
Liebesheirat? Undenkbar. Getraut wurde sich nicht in Zweisamkeit,
sondern bei Massen-Eheschließungen in großen Hallen. Schlicht und
preiswert. Die Partei schenkte Siegel und Vorschriften. Erst nach dem
Tod des kommunistischen Herrschers Mao Zedong im Jahr 1976 wurde dem
Einheitslook Einhalt geboten. Weg mit Uniformen und roten Tüchern,
weg mit verstaubten Moralvorstellungen und geheuchelter Keuschheit.
Neue Freizügigkeit ist angesagt. Doch die uralte Tradition der
Verfügbarkeit des weiblichen Körpers als Ware ist geblieben.
Schneller Sex, leichtes Geld - Angebot und Nachfrage sind groß. Aus
"Blumenmädchen" werden Strichmädchen und Geschäftsfrauen. Sie bieten
sich an, auf der Straße, vor Theatern und Hotels, als Masseusen in
Massage-Salons. Sie "begleiten" ihre Gäste beim Trinken, Tanzen und
Singen - und danach.
Sexuelle Revolution auch im Privaten. "G-Spot" nennt sich ein
Laden in Peking, der sich mit seinem Warenangebot um die "Freuden der
Erwachsenen" kümmert. Eine Adresse von vielen, die hilft, Schwung ins
heimische Schlafzimmer zu bringen. Yu Meng, 28-jährige
Geschäftsführerin, braucht sich über mangelnde Kundschaft nicht zu
beklagen. Das Geschäft boomt: "Es gibt immer neue Arten von Sex-
Spielzeugen und Kleidung für jeden Geschmack", sagt sie. Und doch ist
der Grad der Offenheit bei den Frauen größer als bei den Männern.
"Sie kommen in meinen Laden, kaufen die verschiedensten Dinge, gehen
nach Hause und probieren sie aus." Auch ihre Kunden reden offen über
das einstige Tabuthema: "Das ist doch nichts worüber man sich schämen
müsste. Seit sich das Land geöffnet hat, findet ein reger Austausch
statt. Das führt zu mehr Aufgeschlossenheit, in allem."
ZDF-Korrespondent Joachim Holtz berichtet über die neue sexuelle
Freiheit und Freizügigkeit im Land der Mitte.
Weitere Themen:
Gestohlene Herzen - Indiens entführte Ehemänner
Armee der Angst - Der Alptraum russischer Rekruten
Rückfragen bitte an ZDF-Redaktion "auslandsjournal": Robert
Bachem, Tel.: 06131/70-2985, und Luten Leinhos, Tel.: 06131/ 70-2838.
ots-Originaltext: ZDF
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