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Donnerstag, 8. Juli 2004, 21.15 Uhr, auslandsjournal

Mainz (ots)

Donnerstag, 8. Juli 2004, 21.15 Uhr
auslandsjournal
mit Dietmar Ossenberg
Themen u.a. : Odyssee ins gelobte Land - Flüchtlingsdrama an Bord
der Cap Anamur
Irgendwo zwischen Europa und Afrika kreuzt die Cap Anamur. Eine
Probefahrt, nachdem das "Flüchtlings-Rettungsschiff" auf Malta
repariert werden musste. Doch was als Maschinentest beginnt, wird
plötzlich bitterer Ernst. Erst ist nur ein kleiner, gelber Strich am
Horizont zu sehen. Doch schnell wird klar: Mitten auf der offenen
See, irgendwo zwischen Libyen und der italienischen Insel Lampedusa
treibt ein Flüchtlingsboot. Völlig überfüllt, kein Trinkwasser mehr
an Bord, der Motor ausgefallen - ohne das Auftauchen der Cap Anamur
wären die Menschen zum Tode verurteilt.
Insgesamt 37 Schwarzafrikaner werden 90 Kilometer vor der
europäischen Küste geborgen. Mit erster Hilfe, einer warmen Mahlzeit,
Decken und vor allem Wasser werden die entkräfteten Flüchtlinge
aufgepäppelt. Nach ein paar Stunden Ruhe beginnt im Gespräch mit der
Besatzung der Cap Anamur die mühsame Rekonstruktion der Irrfahrt.
Alle geben übereinstimmend an, sie seien Flüchtlinge aus dem
sudanesischen Krisengebiet Darfur. Dort herrscht Bürgerkrieg, bis zu
eine Million Menschen sind auf der Flucht. Die 37 Afrikaner hätten
sich auf eigene Faust ein Boot besorgt und versucht, irgendwie nach
Europa zu gelangen.
Alle erzählen die gleiche Geschichte, eine Überprüfung auf hoher See
unmöglich. Doch darum geht es den 15 Ärzten, Technikern und Helfern
auf der Cap Anamur auch nicht. "Wir retten so viele Menschenleben,
wie wir nur können. Wir tun dies, weil wir den Tod von Hunderten,
vielleicht Tausenden Menschen im Mittelmeer nicht als europäischen
Normalfall hinnehmen", erklärt der ebenfalls an Bord befindliche
Vorsitzende der Hilfsorganisation Elias Birdel. Vor knapp zwei
Jahren trat Birdel in die Fußstapfen des Cap Anamur-Gründers Rupert
Neudeck. Der gelernte Journalist hatte vor 25 Jahren nicht mehr
wegsehen wollen. Mit seiner Aktion "Ein Schiff für Vietnam" fischte
er mit gemieteten Frachtern Tausende vietnamesische Boat People aus
dem chinesischen Meer. Aus der Spontan-Idee wurde die
Hilfsorganisation Cap Anamur.
Bei diesem Einsatz spitzt sich die Lage auf der Cap Anamur
dramatisch zu. Die italienischen Behörden verweigern dem Schiff die
Einfahrt in den sizilianischen Hafen Empedocle - ohne Begründung. Im
Stundentakt zeigen die Behörden ihre Macht - Militärfregatten,
Polizeischnellboote und die Küstenwache belagern im Wechsel das
Schiff. "Die verschiedenen Einheiten haben offenbar die Absicht uns
einzuschüchtern. Und den Menschen, die wir aus Lebensgefahr gerettet
haben, zusätzlich Angst einzujagen", sagt Elias Birdel.
Es beginnt ein Tauziehen zwischen Europas Grenzern und den
Flüchtlingen. Dazwischen die Cap Anamur. In den letzten Jahren
habe sich das Mittelmeer in einen Seefriedhof verwandelt, behauptet
Birdel. Unzählige Flüchtlingsboote versuchen ihr Glück, über den
gefährlichen Seeweg nach Europa zu gelangen, so wie die 37
Schwarzafrikaner auf der Cap Anamur. Wie viele Menschen dabei
umgekommen sind, kann niemand sagen. Um nach Europa zu kommen scheint
kein Risiko zu hoch. Doch Europa will die Flüchtlinge nicht. Der
Nervenkrieg geht weiter, Ende offen.
ZDF-Reporter Luten Leinhos begleitete die Helfer auf der Cap Anamur
eine Woche lang auf ihrer dramatischen Rettungsaktion im Mittelmeer.
Weitere Themen: Zurück in die Wildnis - Junge Elefantenwaisen
entdecken die Freiheit Durch den wilden Osten - Wahlkampftour in der
mongolischen Steppe
Rückfragen bitte an die ZDF-Redaktion "auslandsjournal", Ina Baltes
Tel.: 06131/70-2838 oder Robert Bachem Tel.: 06131/ 70-2985.
ots-Originaltext: ZDF
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