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Politikwissenschaftler im "ZDF-Mittagsmagazin": Blair nutzt Schwäche der Franzosen und Deutschen aus

Mainz (ots)

Ein Ausnutzen der derzeitigen Schwäche der
französischen und der deutschen Regierung hat der
Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld dem britischen
Premierminister Tony Blair im "ZDF-Mittagsmagazin" am Montag, 20.
Juni 2005, vorgeworfen. Zur Situation innerhalb der EU sagte
Weidenfeld: "Was im Moment zu beobachten ist, dass ohne Not, die
Staats- und Regierungschefs zwei Krisen miteinander verbunden haben:
Die Verfassungskrise und die langfristige Finanzplanung. Keiner hat
sie dazu gezwungen. Sie wollten wohl, auch aus Eitelkeitsgründen,
zeigen, dass sie jetzt handlungsfähig sind. Und dass auf einem ganz
komplizierten Gebiet: der mittelfristigen Finanzvorausschau. Und
jetzt haben sie das Desaster selbst kreiert, in dem sie mitten drin
sitzen."
Grundsätzlich stecke hinter diesem Konflikt jedoch eine
Auseinandersetzung, die es schon seit Jahrzehnten gebe: die britische
Position, die in Europa einen lockeren Verbund haben wolle, eine
Freihandelszone, sowie auf der anderen Seite die deutsch-
französische, die eine politische Union anstrebe. "Das ist jetzt an
die Oberfläche gekommen. Tony Blair nutzt eiskalt die Schwäche der
französischen Regierung und der deutschen Regierung aus, jetzt in
dieser Situation, auch angesichts der Ablehnung der Verfassung, sein
Grundsatzkonzept durchzubringen, das die Briten seit Ende des Zweiten
Weltkrieges verfolgen, nämlich Europa auf diesen etwas lockeren
Verbund zu reduzieren."
"Wir haben ja eine ganz grundsätzlich zu bedenkende Lage", so
Weidenfeld weiter. Was machen wir, um diese konstitutionelle Krise
zu überwinden, damit wir politisch die Handlungsfähigkeit der
Europäischen Union sichern? Die Verfassung im alten Text ist tot,
wir brauchen also eine Art Ersatzlösung in bescheidenerer Form. Das
ist auch durchaus möglich. Man hat zur Finanzvorausschau durchaus
noch einige Monate Zeit. Das, was jetzt immer wieder hektisch
gefordert wird, tut Europa nicht gut."

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