Ich, Reich-Ranicki: ZDF zeigt große Dokumentation am 13. Oktober 2006
Mainz (ots)
Marcel Reich-Ranicki ist heute einer der populärsten Deutschen, der sich selbst einmal als Mischung aus Schulmeister und Entertainer bezeichnet hat. "Ich, Reich-Ranicki" heißt der große Dokumentarfilm von Grimme-Preisträger Lutz Hachmeister und "Kulturzeit"-Moderator Gert Scobel über das Leben des Streitbaren, den das ZDF am Freitag, 13. Oktober 2006, 22.35 Uhr ausstrahlt.
Hachmeister und Scobel entwerfen das Porträt eines Mannes, dessen Lebenslinien seit seinen Jugendtagen zwischen Einsamkeit und Sehnsucht nach öffentlicher Anerkennung verliefen. Seine Anhänger schätzen seine Lust, lauthals zu rühmen und zu tadeln. Seine Gegner werfen ihm Egomanie und grobschlächtige Kategorien bei der Beurteilung moderner Literatur vor. So kam es zu legendären Kontroversen Reich-Ranickis mit Günter Grass, Martin Walser, Peter Handke, Sigrid Löffler und, in Sachen Historikerstreit und Albert Speer, mit dem jüngst verstorbenen Joachim Fest seinem Förderer, der ihn einst als Literaturchef zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung geholt hatte. Mit selten gezeigtem Archivmaterial und sehr persönlichen, ausführlichen Erzählungen von Marcel Reich-Ranicki werden die Höhepunkte eines Jahrhundert-Lebens ebenso dargestellt wie die bedrohten Jahre, als die Nationalsozialisten beabsichtigten, den jungen Marceli Reich zu vernichten.
Die Dokumentation enthält eine Fülle von bisher wenig bekannten biografischen Details. So schildert Reich-Ranicki ausführlich und sehr ergreifend, wie er vom Tod seines Bruders Alexander erfahren hat. Reich-Ranicki schildert auch seine Arbeit als Literaturkritiker in den 50er Jahren in Polen: Das war schon sehr unter DDR- Einfluss. Nach Aufhebung eines Publikationsverbots schrieb er sein erstes Buch, eine Geschichte der Deutschen Literatur und das nicht ohne Stalin-Zitate.
Reich-Ranicki: In irgendeinem Augenblick wurde die Sitte eingeführt: In jedem Buch in Polen muss Stalin zitiert werden. Der Film veranschaulicht die zeitgeschichtliche Parabel, die das Leben Reich-Ranickis kennzeichnet: der nach Warschau deportierte Abiturient aus Berlin, der die NS-Herrschaft nur knapp überlebt, kehrt Ende der 1950er Jahre in die Bundesrepublik zurück und wird zum Starkritiker, zum Dompteur im Literaturzirkus. Mittlerweile ist der 86-Jährige eine kulturelle Marke eigener Prägung.
Ich, Reich-Ranicki ist die Charakterstudie eines enorm fleißigen, begabten und durchsetzungsfähigen Aufsteigers, zugleich ein spannendes Panorama deutscher Kultur- und Fernsehgeschichte. Der Film verzichtet auf jeden Kommentar, es fällt nicht einmal das Wort Literaturpapst. Zu Wort kommt dagegen erstmals ausführlich im Fernsehen Reich-Ranickis Sohn Andrew Ranicki, Mathematikprofessor in Edinburgh. Zudem äußern sich Zeitzeugen wie FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher und Hellmuth Karasek, Mitstreiter im Literarischen Quartett des ZDF Reich-Ranickis legendärer Fernsehbühne.
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