ZDF-Programmhinweis
Montag, 1. Januar 2007, 14.05 Uhr, Heimweh nach Masuren
Mainz (ots)
Montag, 1. Januar 2007, 14.05 Uhr
Heimweh nach Masuren Film von Stefanie Fink
"Je älter ich werde, umso mehr zieht es mich nach Masuren. Zweimal im Jahr steigt Ruth Pichotka am Essener Hauptbahnhof in den Bus und nimmt die beschwerliche Reise in die alte Heimat auf sich. Mehr als zwanzig Stunden ist die 72-Jährige dann unterwegs ins polnische Ukta, einen kleinen Ort an der südlichen Masurischen Seenplatte.
Hier sucht sie Spuren, Vergangenheitsfetzen, Erinnerungen an damals. Die Stelle am Fluss Krutynia, wo ihre Mutter sie und die Geschwister als Kinder gewaschen hat. Die verfallene Weberei, in der sie nach dem Krieg mit knurrendem Magen geschuftet hat. Das Eisenwarengeschäft, das früher ein Kino war; ihr älterer Bruder hat dort als Filmvorführer gearbeitet.
Diesmal bei ihrem Winterbesuch will Ruth Pichotka ihre frühere Schule von innen sehen, in der sich heute polnische ABC-Schützen vorbereiten auf eine europäische Zukunft. Und sie will endlich wagen, wozu sie bisher nie den Mut gefunden hat. In Richtung Westen fahren, den gleichen Weg wie damals, als ihre Familie vor den Russen geflohen ist. Im Januar 1946 war das, Ruth Pichotka war gerade elf, und damals hat sie zum letzten Mal ihren Vater gesehen.
Aber Ruth Pichotka kommt nicht nur aus Nostalgie nach Masuren; sie freut sich vor allem auf ihre polnische Freundin Sofia. Eine Freundschaft aus Kindertagen: als Ruth mit ihrer Familie nach der Flucht zurückkam nach Ukta, waren sie Nachbarinnen, das polnische und das deutsche Mädchen Nachkriegsalltag im früheren Ostpreußen.
Christel Dickti lebt von sogenannten Heimwehtouristen wie Ruth Pichotka. Im Sommer spucken große Reisebusse sie zu Hunderten auf den Hof ihrer Pension in Sadry bei Ryn (Rhein). Dann hört die umtriebige Gastwirtin viele Lebensgeschichten, und die Zeit springt um ein paar Jahrzehnte zurück.
Anders als die meisten Deutschen ist Christel Dickti nie weggegangen aus Masuren. Die Familie von meinem Mann Klaus hat hier seit Generationen einen Bauernhof bewirtschaftet, das bindet irgendwie. Dessen 200 Jahre altes Elternhaus hat Christel Dickti mit viel Liebe zu einem Bauernmuseum umgestaltet, in dem das Leben der Vorkriegszeit wieder aufersteht. Auch die Söhne der Dicktis sehen ihre Zukunft in Masuren. Waldemar (29) hat eine Hotelfachschule in Bielefeld besucht und ist jetzt angestellt im elterlichen Betrieb. In Deutschland bleiben, das war für ihn nie eine Alternative. Mit seiner polnischen Frau Julita und Söhnchen Gabriel wohnt er direkt neben den Eltern. Auch der 24-jährige Daniel, der als Maschinenschlosser bei einem deutschen Autozulieferer arbeitet, will nächstes Jahr seine polnische Freundin heiraten. Den Bauplatz für ihr Haus hat er schon.
Lutz Lamparter war zum ersten Mal als Student in Masuren. Zuerst hat er sich in die Landschaft verliebt. Dann in seine heutige Frau. Und unlängst noch in ein verfallenes Landgut in der Nähe von Kolno. Zu dem Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert gehört ein kompletter landwirtschaftlicher Betrieb mit Scheunen, Stallungen und riesigen Ländereien. Der heute 42-jährige Ingenieur, der eine deutsche Galvanisierungsfirma in Mragowo (Sensburg) leitet, fackelt nicht lange: Er kauft das Anwesen, das zuletzt von einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft bewirtschaftet wurde, zum Vorzugspreis und arbeitet seitdem an der Umsetzung seiner Vision: ich will dem Gut wieder Leben einhauchen!
Der Getreideanbau funktioniert bereits wieder. In die Ställe sollen möglichst bald 300 Fleischkühe einziehen. Und das Gutshaus hat inzwischen ein neues Dach. Hier will Lutz Lamparter später sein Büro einrichten und eine kleine Frühstückspension für Touristen. Und natürlich eine eigene Wohnung für sich und seine Familie. Die werden sie erst mal nur in den Sommerferien nutzen. Aber irgendwann, schwärmt Lutz Lamparter, der zur Zeit mit seiner Familie in Leipzig wohnt und monatlich pendelt, will er ganz nach Masuren ziehen.
Masuren, diese wunderbare Landschaft im Süden des ehemaligen Ostpreußen, hat sie alle in ihren Bann gezogen. Die Dokumentation am Neujahrstag 2007 geht auch der Frage nach, warum diese herbschöne Landschaft im Nordosten Polens noch immer eine besondere Faszination für viele Deutsche hat.
Rückfragen bitte an:
Pressestelle
Telefon: 06131 / 70 - 2120
Original-Content von: ZDF, übermittelt durch news aktuell