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Christenverfolgung in Indien 10 Jahre nach Kandhamal
Schwindende Religionsfreiheit weckt Erinnerungen an Pogrom in Orissa

Christenverfolgung in Indien 10 Jahre nach Kandhamal / Schwindende Religionsfreiheit weckt Erinnerungen an Pogrom in Orissa
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Kelkheim (ots)

Es waren die gewalttätigsten Übergriffe, die Christen in Indien je erlebt hatten: Am 25. August jährt sich der Beginn der wochenlangen pogromartigen Ausschreitungen in Orissa (heute Odisha) im Jahr 2008 zum zehnten Mal. Auslöser war die Ermordung des Hindu-Mönches Swami Lakshmanananda Saraswati am 23. August in der Region Kandhamal. Eine Gruppe der extremistischen Maoisten bekannte sich zwar sofort zur Tat, doch Hindu-Nationalisten beschuldigten die Christen. In 14 der 30 Distrikte von Orissa griffen daraufhin mit Äxten, Macheten, Schusswaffen oder Kerosinkanistern bewaffnete Mobs die Christen an - unter den Augen der Behörden. Sie töteten etwa 120, plünderten 600 Dörfer und zerstörten dabei 5.600 Häuser sowie 400 Kirchen oder kirchliche Einrichtungen. Mehr als 55.000 Christen mussten fliehen. Von einer Aufarbeitung der Vorkommnisse durch Justiz und Behörden kann kaum die Rede sein. Ganz im Gegenteil.

Trotz erdrückender Beweislage und dem Bekenntnis der Maoisten wurden sieben Christen der Ermordung des Hindu-Mönchs für schuldig befunden und ins Gefängnis geworfen. Dort sind sie bis heute. 10 Jahre später ist die Lage der mehr als 60 Millionen Christen in Indien nicht besser. Das christliche Hilfswerk Open Doors berichtet von einem massiven Anstieg der Gewalt seit 2014. So wurden 2017 mehr als 600 Übergriffe gegen Christen dokumentiert und 2018 hält der Negativtrend an. 45 Millionen von ihnen sind einem hohen Maß an Verfolgung ausgesetzt.

Größte Demokratie der Welt im Griff des religiösen Nationalismus

In vielen Bundesstaaten setzen Anhänger der Bharatiya Janata Partei (BJP) von Premierminister Modi sowie hindu-nationalistische Gruppen die Christen massiv unter Druck. Außerdem blockieren Antibekehrungsgesetze in sieben Bundesstaaten gezielt die Tätigkeit christlicher Gemeinden. Andersherum aber werden bei öffentlichen Rückbekehrungsveranstaltungen (Ghar Wapsi) Christen gezwungen, zum Hinduismus zurückzukehren. Besonders bedroht sind kastenlose Dalits, die sich in großer Zahl dem christlichen Glauben zugewandt haben und deshalb verfolgt werden.

So wie die meisten Straftaten von Orissa ungesühnt blieben, fühlen sich hindu-nationalistisch motivierte Gewalttäter durch eine anhaltende Straflosigkeit zu immer neuen Übergriffen ermutigt. Regierung und Behörden bieten kaum Schutz für Christen und andere religiöse Minderheiten. Ganz im Gegenteil. Das unter Hardlinern weit verbreitete Motto 'Indien den Hindus' bedeutet für sie: Ihr seid unerwünscht! Ihr habt keinen Anspruch auf Schutz, Religionsfreiheit oder Gerechtigkeit vor Gericht.'

So blockierten beispielsweise am 24. Juli im Bundesstaat Telangana mindestens 150 Aktivisten der hindu-nationalistischen Rashtriya Swayamsevak Sanghvon (RSS) und Bajrang Dal den Hauseingang einer christlichen Familie in Lalgadi Malakpet, weil dort der Pastor Avaru Santosh für ein krankes Familienmitglied betete. Er berichtet: "Der Mob schrie stundenlang wütend und wollte nicht abziehen, ohne mich zu verprügeln. Einer aus dem Mob rief: 'Heute erledigen wir diesen Pastor, dann gehen wir'." Schließlich kam die Polizei und der Pastor konnte nach Hause gehen. "RSS und Bajrang Dal haben jedoch Anzeige gegen mich erstattet, und behaupten fälschlicherweise, dass ich Hindus zum Christentum konvertiere, indem ich Geld anbiete", so Pastor Santosh.

"Orissa darf sich nicht wiederholen"

Regelmäßig werden Pastoren misshandelt und ermordet, Gottesdienste überfallen, Kirchen zerstört, christliche Familien aus Dörfern vertrieben sowie christliche Mädchen und Frauen vergewaltigt. Christliche Leiter und Aktivitäten werden überwacht, Christen hinduistischer Herkunft oft schwer bedrängt, zusammengeschlagen und auch getötet. Laut dem aktuellen Weltverfolgungsindex leben Christen nur in zehn anderen Ländern gefährlicher als in Indien.

Mit Hausbauprojekten, Projekten zur Einkommenssicherung, Alphabetisierungskursen sowie dem Aufbau von Hauskirchen hat Open Doors zur Wiederansiedlung der Christen in der Region beigetragen. Markus Rode, der geschäftsführende Vorstandsvorsitzende von Open Doors Deutschland, sagt: "Orissa darf sich nicht wiederholen. Heute geht es aber sogar darum, dass nicht ALLE Christen aus Indien vertrieben werden, wie einige politische Gruppen anstreben. Westliche Regierungen können dem entscheidend entgegenwirken, indem sie Religionsfreiheit einfordern. Wichtig ist aber auch, dass wir jetzt für unsere Glaubensgeschwister in Indien beten."

Für Fotos und Interviews mit Markus Rode wenden Sie sich bitte an unser Pressebüro.

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