CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Geis: Strafverfolgung und Opferschutz für Bundesregierung Nebensache
Berlin (ots)
Zum Gesetzentwurf der Bundesjustizministerin zur "Stärkung des Zeugnisverweigerungsrechtes für Journalisten" erklärt der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Geis MdB:
Die Bundesjustizministerin legt einen Gesetzentwurf zum Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten vor, ohne die Große Anfrage der CDU/CSU - Fraktion vom 9. November 1999 (Bundestagsdrucksache 14/ 2083), mit der wir den Handlungsbedarf für eine Ausweitung des Zeugnisverweigerungsrechts für Journalisten hinterfragen, beantwortet zu haben. Will die Ministerin Fakten schaffen, um die Koalitionsvereinbarung zu erfüllen? Das ist erneut eine ungewöhnlich drastische Missachtung der parlamentarischen Spielregeln, die aber genau in das Bild passt, das diese Bundesregierung der Öffentlichkeit vermittelt: nicht Sachkompetenz, sondern die Arroganz der Macht triumphiert.
Der Entwurf geht zu Lasten der Opfer von Straftaten. So soll zum Beispiel eine Durchsuchung und Beschlagnahme von selbstrecherchiertem Material nur noch bei Verbrechen möglich sein. Beispielsweise bei Sexuellem Missbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 1 Strafgesetzbuch - StGB), Verbreitung pornographischer Schriften (§ 184 StGB), Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen (§ 86 StGB), Volksverhetzung (§ 130 StGB) oder Erpressung (§ 253 StGB) wäre eine Durchsuchung zur Aufklärung der Straftaten also ausgeschlossen. Selbst bei Verbrechen wie Mord oder Vergewaltigung sollen Durchsuchung und Beschlagnahme nur ausnahmsweise in eng umgrenzten Fällen zulässig sein. Die Opferverbände sollten wegen solch unsinniger Regelungen der Justizministerin das Telefon heiß laufen lassen.
Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 01. Oktober 1987 (BVerfGE 77, 65 ff) festgestellt, dass die gegenwärtige Gesetzeslage weder verfassungsrechtlich zu beanstanden noch ein verfassungsrechtlicher Grund erkennbar ist, der es gebietet, Journalisten im Bezug auf selbstrecherchiertes Material ein Zeugnisverweigerungsrecht zu gewähren. Das Bundesverfassungsgericht hat auch keine Bemühungen des Gesetzgebers um differenziertere Regelungen angeregt. Auf der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und -minister am 06. November 1997 in Bonn hielten die Justizministerinnen und -minister zum Thema "Erweiterung des Beschlagnahmeverbots bei Journalisten" einstimmig eine Anregung zu gesetzgeberischen Maßnahme nicht für geboten.
Nach geltendem Recht ist durch §§ 53, 97 StPO sowie durch die Abwägung nach dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit sichergestellt, dass die Interessen der Medien einerseits und die Interessen der Strafrechtspflege andererseits (die beide verfassungsrechtlich abgesichert sind) angemessen berücksichtigt werden. Der Vorschlag der Justizminsterin verschiebt dieses Gleichgewicht ganz erheblich zulasten der Strafverfolgung und beeinträchtigt deren Funktionsfähigkeit.
Jede Beschränkung von Beweismitteln birgt in sich die Gefahr materiell unrichtiger und ungerechter Verfahrensergebnisse und kann die Funktionsfähigkeit der Strafrechtspflege beeinträchtigen. Dabei geht es nicht um das Verfolgungsinteresse des Staates, sondern ganz wesentlich auch um das Aufklärungsinteresse eines möglicherweise Unschuldigen. Gegenstände, auf die sich Zeugnisverweigerungsrechte oder Beschlagnahmeverbote beziehen, sind grundsätzlich nicht nur der Anklage, sondern auch der Verteidigung entzogen.
Die Rechtssprechung legt das Zeugnisverweigerungsrecht schon derzeit weit aus. Die im geltenden Recht enthaltene Beschränkung auf periodische Druckwerke ist sachgerecht. Bei einer Erweiterung auch auf nicht periodische Druckwerke und Filmberichte ist eine sachgerechte Abgrenzung der Zeugnisverweigerungsberechtigten nicht mehr möglich. Es ist damit zu rechnen, dass Personen, die mit der Presse nichts zu tun haben, mit der Behauptung, ein Buch zu schreiben oder einen Film zu drehen, das Zeugnisverweigerungsrecht für sich in Anspruch nehmen können. Auch könnte zum Beispiel die Erstellung von Flugblättern durch radikale Spittergruppen dem Schutzbereich unterfallen, wenn der Autor nur die - kaum widerlegbare - Behauptung aufstellt, die Tätigkeit erfolge berufsmäßig. Ausreichend ist hierfür schon jetzt eine nur nebenberufliche, nicht gewerbsmäßige Tätigkeit ohne Gewinnerzielungsabsicht.
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