CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Fischer/Rönsch/Lintner: Neuer Schwung für die Bahn
Berlin (ots)
Der verkehrspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Dirk Fischer MdB, die Stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Hannelore Rönsch MdB, und der Berichterstatter für den Schienenverkehr, Eduard Lintner MdB, erklären:
Mit der Verabschiedung der Gesetze für die Bahnreform im Dezember 1993 hat der Deutsche Bundestag im Sinne des europäischen Rechts zur Entwicklung der Eisenbahnen auf der Grundlage der Richtlinie 91/440/EWG und der Verordnung (EWG) Nr. 1893/91 entscheidende Rahmenbedingungen für die Umstrukturierung der bisherigen "Behördenbahn" Deutsche Bundesbahn als Sondervermögen des Bundes zu einem Wirtschaftsunternehmen DB AG gesetzt, um so die Grundlage für eine leistungsfähige Eisenbahn in Deutschland zu schaffen. Maßgebliches Ziel der Bahnreform ist das Wirken und Handeln der Bahn als Unternehmen. Neben dem unternehmerischen Auftrag an die DB AG verpflichtet die gesetzliche Regelung den Eigentümer Bund, im Sinne des Gemeinwohls beste Verkehrsbedingungen herzustellen und einen fairen Wettbewerb zwischen den Verkehrsträgern zu gewährleisten. Im Laufe des Jahres 1999 ist die zweite Stufe der Bahnreform durch die Gründung der fünf Aktiengesellschaften DB Reise & Touristik AG, DB Regio AG, DB Cargo AG, DB Netz AG und DB Station und Service AG unter dem Dach der DB-Holding realisiert worden. Die Umsetzung der Bahnreform bewegt sich damit im gesetzlich vorgesehenen zeitlichen Rahmen. Die Planungen des Bahn-Managements lassen erwarten, dass die Börsenfähigkeit des Unternehmens entsprechend den zeitlichen Vorstellungen bei der Verabschiedung der Bahnreform circa 10 Jahre nach Umwandlung der DB in ein Unternehmen erreicht wird.
Allerdings stellt sich die Lage der Bahn derzeit so dar, dass die Realisierung dieser Planungen eher als unwahrscheinlich anzusehen ist. Dafür gibt es folgende Anzeichen:
Entwicklung im Verkehrsmarkt
Der Anteil der Bahn am modal split aller Verkehrsträger hat weiter abgenommen. Auch wenn die Bahn aktuell im Personenverkehr einen Zuwachs verzeichnet, der erstmals über der Marktentwicklung liegt, hier also Marktanteile zurückgewinnt, bleibt der Güterverkehr der Bahn der Problembereich mit ständig sinkenden Leistungsanteilen im Güterverkehrsmarkt. Insbesondere im Blick auf den zu erwartenden erheblichen Zuwachs im Güterverkehr infolge des ständig zunehmenden Ost-West-Handels und der weiteren Marktöffnung im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung ist eine sinnvolle Kooperation der Verkehrsträger und eine Vernetzung entsprechend ihren arteigenen Stärken unumgänglich. Doch gerade der Kombinierte Ladungsverkehr bei der DB AG ist hoch defizitär. Das Potential für 2010 wird statt mit 90 Mio t nach neuesten Studien nur noch mit 40 Mio t angenommen. Das von der Bundesregierung angekündigte Konzept für den KLV fehlt bislang. Die derzeitige Entwicklung im Güterverkehr der Bahn lässt daran zweifeln, dass es möglich sein wird, auch nur allein den Zuwachs im Güterverkehr auf die Schiene zu bringen.
Spannungsfeld Politik / Unternehmen Bahn
Es besteht ein deutliches Spannungsfeld zwischen der unternehmerischen Zielsetzung und den öffentlichen Erwartungen. Statt die Umwandlung zum Unternehmen aktiv zu stützen, belastet die Politik die Bahn durch Rahmenbedingungen, die sie im Wettbewerb mit den anderen Verkehrsträgern und auch den anderen europäischen Bahnen erheblich beeinträchtigen, und noch zusätzlich durch Kürzung der Mittelansätze im Bundeshaushalt. Verstärkt wird diese Belastung noch durch den strukturellen Wandel im Verkehrsmarkt gegenüber der Ausgangssituation von 1993/94. Die Einflüsse eines immer europäischer werdenden Verkehrsmarktes mit verschärften Wettbewerbsbedingungen wirken auch im Bahnbereich erheblich stärker als vor 5 Jahren. Zur Erreichung des Ziels "Mehr Verkehr auf die Schiene" genügt es nicht, die Bahn zu entschulden, sie in eine AG zu überführen und den Fahrweg für den Wettbewerb frei zu geben. Die DB AG muss ihre Restrukturierungsaufgaben erfüllen können, um die für die Börsenfähigkeit erforderliche Eigenkapitalbeschaffungsfähigkeit zu erreichen. Die DB AG hat mit ihrem Aktionsprogramm "DB Konzern 2003" und ihrem "Netz 21" Konzepte erstellt, ihre umfangreichen Restrukturierungsaufgaben bis 2003 abzuarbeiten. Eine Chance, die Ziele zu erfüllen, besteht aber nur, wenn die Politik gleichzeitig für faire und angemessene Rahmenbedingungen Sorge trägt.
Wettbewerbsbedingungen
Die Restrukturierung der Bahn wird durch die unstimmigen Wettbewerbsbedingungen in erheblichem Maß beeinträchtigt. Die Rahmenbedingungen stimmen sowohl im Vergleich des nationalen Marktes der verschiedenen Verkehrsträger als auch im internationalen Vergleich der Bahnen nicht. So betragen die aktuellen jährlichen Belastungen der DB AG aus Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer rd. 2,3 Mrd. DM, wogegen bei den anderen europäischen Bahnen und bei anderen mit der Bahn im Wettbewerb stehenden Verkehrsträgern die Steuersätze erheblich reduziert sind. Neu hinzu gekommen sind 2 zusätzliche Belastungen durch die Öko-Steuer und die Gebühr für die Leistungen des Bundesgrenzschutzes in Höhe von zusammen weiteren 650 Mio. DM jährlich.
Bahninvestitionen
Die finanziellen Mittel aus dem Bundeshaushalt zur Finanzierung der Schieneninfrastruktur sind seit Jahren rückläufig. Das heutige Volumen beträgt weniger als 7 Mrd. DM; der ursprüngliche Ansatz für den Investitionsbedarf im Zusammenhang mit der Bahnreform hatte dagegen bei rd. 10 Mrd. DM jährlich gelegen. Zahlreiche Projekte haben dadurch inzwischen ihre finanzielle Grundlage und somit ihre Realisierungschance verloren. Die Bahn ist gezwungen, die Differenz mit Eigenmitteln auszugleichen, wodurch die Verschuldung entsprechend ansteigt. Für den Fortgang der Bahnreform ist wichtig, dass die Bahn ihre Aufgaben erfüllen und das Verbesserungssoll bis 2003 von rd. 6 bis 7 Mrd. DM erwirtschaften kann, dass die Arbeitnehmerseite ihren Anteil bei der Anpassung der Lohnstruktur in einer Größenordnung von rd. 1 Mrd. DM erbringt und dass die Rahmenbedingungen und die Infrastrukturhilfen pro Bahn verändert und fair und angemessen gestaltet werden, damit die Bahn die Voraussetzungen erhält, das Verbesserungssoll zu erwirtschaften. Der derzeitige Kurs der Bundesregierung hat zu einer Verschlechterung der nationalen Rahmenbedingungen für die Bahn geführt und insbesondere auch bei der noch stark defizitären Harmonisierung auf EU-Ebene statt Fortschritten weitere Rückschläge gebracht. Es ist dringend Zeit zur Umkehr, damit die Bahn nicht zu einer Schrumpfbahn verkommt. Gefordert ist ein neuer Schwung für die Bahn, die in unserem Verkehrssystem des 21. Jahrhunderts einen unverändert wichtigen Platz einnimmt und die im Zusammenhang mit dem wachsenden Güterverkehr eine große Aufgabe übernehmen muss. Der Zuwachs im Güterverkehr muss auf die Schiene verlagerbar sein.
Deshalb stellt die CDU/CSU-Bundestagsfraktion folgende Forderungen an die Bundesregierung:
1. die DB AG in ihrem Umwandlungsprozess von der Behördenbahn zum Wettbewerbsunternehmen nachhaltig konkret zu unterstützen. Der Bahn muss es möglich sein, ihre Restrukturierungsmaßnahmen unbeeinflusst erfüllen zu können;
2. die Rahmenbedingungen für die Bahn zu verbessern. Für die Bahn muss Wettbewerbsneutralität bei den Steuern und Mehrbelastungen hergestellt werden. Auf die Forderungen an die Bahn für die Leistungen des BGS soll verzichtet werden, da diese eine allgemeine staatliche Aufgabe sind;
3. umgehend die Initiative für eine auf europäischer Basis für die Bahn harmonisierte Mineralölsteuer und Umsatzsteuer zu ergreifen;
4. konsequent für die EU-weite Wettbewerbsfähigkeit des Eisenbahnverkehrs gemäß der EG-VO 440/91 einzutreten und sich für europäische Netze und europäische Güterverkehrsgesellschaften einzusetzen. Der europaweite Zugang zur Schieneninfrastruktur muss beschleunigt vorangetrieben und es muss rechtlich abgesichert werden, dass der Zugang allen ohne Vorbehalt gewährt wird;
5. Nutzungsentgelte auf Grenzkostenbasis im Rahmen eines liberalisierten europäischen Eisenbahnmarktes zu verhindern. Der Bahn muss es möglich bleiben, wirtschaftlich und unternehmerisch zu handeln. Die Einführung von Grenzkosten wäre eine Rückkehr zur alten Subventionsmentalität;
6. ein Investitionsniveau auf stabiler, der Zielsetzung der Bahnreform entsprechender Basis sicherzustellen, damit es der Bahn möglich ist, ihr Streckennetz so zu gestalten, dass es einen größeren Anteil des allgemeinen Verkehrszuwachses aufnehmen kann. Dabei ist auch die Notwendigkeit eines entsprechenden Ausbaus der Transeuropäischen Netze im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung und der Öffnung neuer Märkte im Osten Europas zu berücksichtigen;
7. die Interoperabilität im europäischen Schienenverkehr nachdrücklich zu fördern, um den internationalen Eisenbahnverkehr spürbar zu verbessern und zu beschleunigen und die Bahn so im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern anzugleichen;
8. das angekündigte Konzept für den Kombinierten Ladungsverkehr vorzulegen;
9. die Novelle zum Regionalisierungsgesetz umgehend vorzulegen;
10. das Konzept für die entfernungs- und leistungsbezogene Straßenbenutzungsgebühr für schwere Lkw umgehend vorzulegen.
Nur wenn diese Forderungen erfüllt werden, hat die Bahn unseres Erachtens eine reelle Chance, im harten Wettbewerb des europäischen Verkehrsmarktes erfolgreich zu bestehen.
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