CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Koschyk: Naumanns Wunsch und die Wirklichkeit
Berlin (ots)
Zur Erwartung des Kulturbeauftragten der Bundesregierung, die von ihm geplanten Umstrukturierungen bei der "Vertriebenenkulturarbeit" einvernehmlich umsetzen zu können, erklärt der vertriebenenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk MdB:
Der Beauftragte der Bundesregierung für die Angelegenheiten der Kultur und der Medien, Staatsminister Dr. Michael Naumann, lobt die bisherigen Gespräche über die von ihm beabsichtigte Neustrukturierung bei der "Vertriebenenkulturarbeit" als "konstruktiv" und erwartet in diesem Bereich "überwiegend einvernehmliche Lösungen". Dies ist die zentrale Aussage in der Antwort des Bundeskulturbeauftragten auf meine Parlamentsanfrage, wie die Bundesregierung der von den Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Besprechung am 16. Dezember 1999 mit dem Bundeskanzler in Bonn geäußerten Bitte nachkommen will, die künftige Förderung der "Vertriebenenkulturarbeit" in einem konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten, insbesondere den Ländern, den Vertriebenen und den betroffenen Institutionen zu entwickeln.
Darauf antwortete der Bundeskulturbeauftragte: "Nachdem die Bundesregierung die Kulturkonzeption nach § 96 BVFG [Kulturförderung nach dem Bundesvertriebenengesetz] am 20.05.1999 dargestellt hatte, hat sie mit den betroffenen Institutionen, mit zahlreichen Ländern und am 27.10.1999 in einer öffentlichen Anhörung des Bundestag-Ausschusses für Kultur und Medien die Erfordernisse und Möglichkeiten einer Änderung der Förderstruktur zur Präsentation und Erforschung deutscher Kultur und Geschichte des östlichen Europas erörtert. Diese Gespräche sind konstruktiv verlaufen und lassen überwiegend einvernehmliche Lösungen erwarten mit dem Ziel, Strukturen zu schaffen, die es ermöglichen, 900 Jahre Kulturgeschichte der Deutschen im östlichen Europa auf Dauer im internationalen Dialog von Museen, wissenschaftlichen Instituten und Kulturorganisationen unter Einschluss der Vertriebenen und Flüchtlinge sicherzustellen." Weiter führte Staatsminister Dr. Naumann aus: "Die Konzeption wird im Lichte der bisherigen Erörterungen zur Zeit überarbeitet und im Frühsommer abschließend mit den betroffenen Institutionen und Ländern erörtert." Mit dieser Antwort redet der Bundeskulturbeauftragte die berechtigte, zum Teil massive Kritik an seiner Neukonzeption für die "Vertriebenenkulturarbeit" schön. Es ist vor allem nicht zu erkennen, welche betroffene Einrichtung sich bislang positiv zu Inhalt und bisherigen Verfahren geäußert haben soll. Naumann beabsichtigt, die Förderung für den Ostdeutschen Kulturrat und die Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen zum 1. Juli 2000 vollständig einzustellen. Darüber hinaus sollen die derzeit 12 bei verschiedenen Landsmannschaften und anderen Vertriebenenorganisationen angesiedelten Kulturbeauftragten, die durch Bundesmitteln gefördert werden, auf vier reduziert werden.
Auch die mitfördernden Länder haben sich überwiegend kritisch bis ablehnend zur Naumannschen Neukonzeption geäußert. Der baden-württembergische Landesbeauftragte für Vertriebene, Flüchtlinge und Aussiedler, Staatssekretär Willi Stächele, urteilte in aller Klarheit: "Ich sage in aller Deutlichkeit: die Konzeption ist unausgegoren, unklar, unschlüssig und über die Köpfe der Betroffenen hinweg mit heißer Nadel gestrickt." Der Landesbeauftragte der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Rudolf Friedrich, bemerkte: "Die vom Bund vorgesehene Aufkündigung der institutionellen Förderung der Kulturstiftung der Vertriebenen und des Ostdeutschen Kulturrates führt dazu, dass es künftig keine überregionale Einrichtung mehr gibt, die den deutschen Kulturraum im Osten erforscht. In der ersatzweise vorgesehenen Stiftung Östliches Europa können sich die deutschen Heimatvertriebenen nicht wieder erkennen. Dies bedeutet für die deutschen Heimatvertriebenen eine zweite Vertreibung, die ungerecht ist und nicht hingenommen werden kann." Thüringens Ministerpräsident Dr. Bernhard Vogel wandte sich nachdrücklich gegen die sogenannte Neukonzeption. Das Papier habe erkennbar eine Zerschlagung der in Jahrzehnten gewachsenen Strukturen zum Ziel. Übersehen werde offenbar dabei, so Vogel, dass die Kulturinstitute der Vertriebenen seit 1990 einen wesentlichen und unschätzbaren Beitrag zur Verständigung mit den Völkern Ostmitteleuropas geleistet hätten. Die bayerische Staatsministerin für Arbeit und Sozialordnung, Barbara Stamm, nannte das Naumann-Konzept "bedenkenlos, ahnungslos, verantwortungslos."
Man darf gespannt sein, wie der Kulturbeauftragte der Bundesregierung angesichts dieser Kritik Einvernehmen mit den mitfördernden Ländern herstellen will, ohne von seinen einschneidenden Plänen Abstand zu nehmen.
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