CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Schauerte: Europataugliche Lösungen für die Zeit nach Rabattgesetz und Zugabeverordnung
Berlin (ots)
Das Mitglied des Vorstandes der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Schauerte MdB, warnt vor Schnellschüssen bei der Abschaffung der nicht mehr zeitgemäßen deutschen Rabatt- und Zugabebeschränkungen:
Die Wirtschaft befindet sich im Umbruch. Das zusammenwachsende Europa und die sich globalisierende Weltwirtschaft fordern sowohl von der Wirtschaft als auch von den Konsumenten neue Flexibilität und Dynamik. Die Öffnung der Märkte hat zu veränderten Arbeits-, Lebens- und Konsumgewohnheiten und neuen Formen der Konkurrenz geführt. Dies erfordert auch eine Anpassung des deutschen Wettbewerbsrechts. Faktischer Handlungsdruck besteht hier vor allem bei dem über siebzig Jahre alten Rabattgesetz und der Zugabeverodnung.
Insbesondere vor dem Hintergrund der bevorstehenden EU-Richtlinie zum elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce) sind beide Gesetze problematisch. Würden sie nicht abgeschafft, hätten sie eine Diskriminierung deutscher Unternehmen zur Folge. In der E-Commerce-Richtlinie ist nämlich das sogenannte Herkunftslandprinzip verankert, wonach innerhalb der EU die rechtlichen Rahmenbedingungen des Landes gelten, in dem der Händler seinen Sitz hat. Die deutschen Gesetze in ihrer Ausformung als Totalverbot sind in ihrer Strenge einmalig in Europa. Während sich deutsche Internethändler an Rabattgesetz und Zugabeverordnung halten müssten, könnte die Konkurrenz deutschen Verbrauchern Rabatte und Zugaben gewähren. Der ausländischen Konkurrenz stünden außerdem Kundenbindungssysteme und neue Marketinginstrumente wie Community Shopping zur Verfügung, während sie deutschen Händlern versagt bleiben würden. Auch dem stationären Händler, der mit preiswerteren Angeboten aus dem Internet konfrontiert wird, bleibt keine Möglichkeit, auf diese Angebote zu reagieren.
Die rasante Zunahme des grenzüberschreitenden Marketings und des Internethandels in Europa machen ein harmonisiertes europäisches Wettbewerbsrecht dringend erforderlich. Eine bloß ersatzlose Streichung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung kann nicht die Lösung sein. Sie würde ebenfalls mit einer Diskriminierung der deutschen Wirtschaft einhergehen, für die im europäischen Vergleich eine weit höhere Meßlatte an das Wettbewerbsverhalten als in einer Reihe von EU-Mitgliedsländern gilt. Ohne Harmonisierung besteht die Gefahr eines "race to the bottom", der dann die Bundesrepublik zwingt, unser Wettbewerbsrecht auf dem niedrigst möglichen Level einzupendeln. Dies kann aber nicht im Sinne einer mittelständisch orientierten Politik liegen. Wirklich hilfreich für die gleichzeitige Verwirklichung der Ziele Binnenmarkt, Verhinderung von Inländerdiskriminierung und Schutz mittelständischer Interessen ist nur ein integrierter Ansatz auf EU-Ebene mit dem Ziel der Schaffung eines rechtlich einheitlichen Mindestniveaus für fairen Wettbewerb, das sich an §1 des deutschen UWG orientiert.
Auch und gerade der deutsche Mittelstand kann davon nur profitieren. Durch seine Flexibilität und Serviceorientierung könnte er bei einem fairen einheitlichen europäischen Wettbewerbsrahmen nach Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung die neuen Marketingspielräume besonders gut nutzen. Gezielt eingesetzte Rabatte und neue Kundenbindungssysteme können das Überleben im Wettbewerb gegenüber Dauerniedrigpreisstrategien ermöglichen. Die neue Vertriebsform des Internets kann mit neuen Werbekonzepten genutzt werden.
Der Schutz des mittelständischen Einzelhandels kann durch die Beibehaltung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung nicht verbessert werden. Mittelständische Interessen gilt es vielmehr bei der Reform des UWG zu berücksichtigen, beispielsweise durch das jüngst diskutierte Mengenverbot bei Sonderangeboten als Schutzinstrument vor sogenannten Lockvogelangeboten.
Die EU-Kommission hat im Juli vergangenen Jahres beschlossen, die deutsche Zugabeverordnung und das Rabattgesetz im Hinblick auf die Vereinbarkeit mit dem EU-Vertrag vom Europäischen Gerichtshof prüfen zu lassen. Schon bald könnte damit neben dem faktischen auch ein rechtlicher Handlungsdruck entstehen. Daher sollte nun mit Bedacht nach neuen, europatauglichen Lösungen gesucht werden. Ein Schnellschuss hilft niemandem. Daher sollten alle beteiligten Verbände angehört werden und ihre Standpunkte zur Sprache bringen, bevor sich die Politik mit konkreten Vorschlägen äußert.
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