CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Lohmann/Widmann-Mauz: Neues Gesetz gegen Therapievielfalt und Mittelstand
Berlin (ots)
Zur 2./3. Lesung des 10. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes am Freitag, 12. Mai 2000, erklären der gesundheitspolitische Sprecher, Wolfgang Lohmann MdB, und die zuständige Berichterstatterin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Annette Widmann-Mauz MdB:
Wer über die 10. AMG-Novelle reden will, darf über die Gesundheitspolitik dieser Regierung nicht schweigen. Die Gesundheitsreform 2000 ist schon jetzt wieder reformbedürftig. Die Kollektivhaftung der Budgetüberschreitungen steht auf tönernen Füßen. Die Pflegekasse wird zum Pflegefall. Und jetzt beschließen Rot/Grün eine Novelle zum 10. Arzneimittelgesetz, die es wahrlich in sich hat.
In der Zielsetzung stimmen wir überein, allein der Weg, den die Bundesregierung beschreiten will, ist so nicht gehbar. "Die Moorhühner schießen zurück" und gefährden in letzter Konsequenz und in dramatischer Weise eine ganze Reihe von mittelständischen Unternehmen, von Arbeitsplätzen und nicht zuletzt die Therapievielfalt in Deutschland.
Punkt Eins: Aus Beschleunigungszwecken sollen Änderungsmöglichkeiten der arzneilich wirksamen Bestandteile gestrichen werden. Derzeit dürfen zur Abhilfe von Mängeln Änderungen der arzneilich wirksamen Bestandteile im Nachzulassungsverfahren vorgenommen werden. Diese Änderungsmöglichkeiten sollen jetzt abgeschafft werden. Wenn das BfArM bei einem Arzneimittel etwas hinsichtlich der Zusammensetzung bemängelt und der Hersteller daran nichts mehr ändern darf, dann wird die Zulassung automatisch versagt. Das Arzneimittel verschwindet vom Markt. Betroffen sind etwa 1800 chemisch definierte und ein Großteil der 4500 Kombinationspräparate der besonderen Therapierichtungen, vor allem pflanzliche und anthroposophische Präparate.
Punkt Zwei: Verkürzung der Mängelbeseitigungsfrist bei der Nachzulassung von Arzneimitteln. Um das Nachzulassungsverfahren zu beschleunigen, wollte die Bundesregierung die Frist von 18 auf sechs Monate verkürzen. CDU/CSU forderten von Anfang an eine Frist von 12 Monaten, die Gewähr für ein beschleunigtes Verfahren bietet und dennoch die Hersteller nicht überfordert. Es kann nicht sein, dass Rot-Grün bei jedem gesundheitspolitischem Schritt an dem Interesse der Patienten vorbeigeht und gegen den Mittelstand auftritt. Das haben wir im Ausschuss immer wieder deutlich gemacht. CDU/CSU hatten in der Sache die besseren Argumente. Deshalb haben SPD und Bündnis90/Die Grünen in diesem Punkt unsere Position übernommen.
Aber selbst 12 Monate sind noch knapp bemessen. Deshalb haben wir gleichzeitig gefordert: Weg mit der Präklusion. Künftig soll ein Nachreichen von Unterlagen im Rechtsmittelverfahren nicht mehr zulässig sein. Das bedeutet, dass im Klageverfahren keine neuen Unterlagen mehr vorgelegt werden dürfen. Wir haben hier nicht nur verfassungsrechtliche Bedenken, auch in der Sache bringt das nichts. Mit der Präklusion werden die Verfahren nicht beschleunigt. Vielmehr wird es zu vollständig neuen Zulassungsverfahren kommen. Durch diese Verzögerung entsteht nicht nur ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden bei den Unternehmern, sondern es werden auch den Patienten möglicherweise wichtige Arzneimittel zunächst vorenthalten.
Punkt Drei: Einführung einer besonderen Kennzeichnung für bisher nicht zugelassene Arzneimittel in der Packungsbeilage. Ursprünglich sollte in die Packungsbeilage gedruckt werden: Dies ist ein "Alt-Arzneimittel". Das war völlig inakzeptabel und ist, nach unserer Intervention, vom Tisch. Jetzt soll es heißen: "Dieses Arzneimittel ist nach den gesetzlichen Übergangsvorschriften in Verkehr. Die behördliche Prüfung auf pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit ist noch nicht abgeschlossen." Das ist lediglich eine oberflächliche Schönheitsreparatur. In der Substanz bleibt ein fragwürdiger Hinweis. Er hat nichts mit Verbraucherinformation zu tun, sondern stigmatisiert Arzneimittel, die noch im Nachzulassungsverfahren und damit lediglich fiktiv zugelassen sind. Die Reihenfolge der Bearbeitung von Anträgen liegt nicht im Ermessen des Antragstellers. Durch den geplanten Hinweis wird nicht Aufklärung, sondern Verunsicherung betrieben. Es wird der Eindruck erweckt, dass das Arzneimittel aus Verschulden des Herstellers noch nicht zugelassen ist. Es besteht die Gefahr, dass der flüchtige Leser die Qualität des Präparats zu Unrecht bezweifelt. Die wirtschaftlichen Konsequenzen für den Hersteller sind katastrophal.
Dieses Gesetz gefährdet eine Vielzahl mittelständischer Betriebe und damit auch Arbeitsplätze, schränkt die Therapievielfalt in Deutschland ein und nimmt kranken Menschen schonende, alternative Behandlungsmöglichkeiten. Jetzt ist der Bundesrat gefordert, konstruktive Kritik zu üben und seinen Einspruch gegen das zustimmungsfreie Gesetz zu erheben.
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