CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Fink: Die Pflegeversicherung darf nicht zum Pflegefall werden - zur Zukunft der Pflegeversicherung
Berlin (ots)
Anlässlich des Pressegesprächs am 19. Mai 2000 in Berlin erklärt der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Fragen der Pflegeversicherung, Ulf Fink MdB:
Rund 1,3 Millionen Pflegebedürftige der häuslichen Pflege und rund 450.000 Pflegebedürftige der stationären Pflege erhalten heute Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung. Die Pflegeversicherung ist aus der sozialen Wirklichkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht mehr wegzudenken.
Die Zukunft der Pflegeversicherung bedarf größter Aufmerksamkeit. Im Jahre 1999 hatte die Pflegeversicherung zum ersten Mal ein - wenn auch geringes - Defizit aufzuweisen. Für die Zukunft müssen aber weit höhere Defizite befürchtet werden. Und dies trotz der Tatsache, dass seit Einführung der Pflegeversicherung die Leistungspauschalen nicht erhöht worden sind. Sie liegen nach wie vor bei häuslicher Pflege von bis zu DM 750 (Stufe I), DM 1.800 (Stufe II)und bis zu DM 2.800 (Stufe III),bei stationärer Pflege DM 2.000 (Stufe I), DM 2.500 (Stufe II) und DM 2.800 (Stufe III). Bei den vorliegenden Vorausschätzungen sind auch keine Anpassungen berücksichtigt worden.
Die Bundesregierung hat trotz zahlreicher Ankündigungen keine erkennbaren und konsensfähigen Konzepte vorgelegt, die der großen Bedeutung der Pflegeversicherung gerecht werden.
Die CDU/CSU-Fraktion des Deutschen Bundestages ergreift deshalb die Initiative:
Die Bundesregierung wird durch eine umfassend angelegte Kleine Anfrage "Zur Zukunft der sozialen Pflegeversicherung" aufgefordert, verlässliche Eckdaten und Fakten zu benennen.
Vier Themenschwerpunkte:
1. Komplex: Pflegeversicherungsniveau
Die Einführung der Pflegeversicherung verfolgte das Ziel, pflegebedürftige Menschen möglichst weitgehend von der Sozialhilfe unabhängig zu machen.
Waren bis zur Einführung der Pflegeversicherung rund 80 Prozent der Pflegebedürftigen in den Heimen auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen, während nur 20 Prozent sozialhilfefrei waren, so sollte nach Einführung der Pflegeversicherung dieses Verhältnis genau umgedreht werden.
Dieses Ziel konnte nicht ganz erreicht werden.
1997 waren etwa 30 Prozent der Pflegebedürftigen in den Heimen auf ergänzende Sozialhilfe angewiesen. Dieser Prozentsatz dürfte sich mittlerweile aber auf etwa 40 Prozent erhöht haben.
Die Berechnung der Pflegesätze fußte auf Erkenntnissen des Jahres 1992. Inzwischen ist fast ein Jahrzehnt vergangen und es zeigt sich, dass die Pflegeleistungen insbesondere bei den Schwerpflegebedürftigen gegenüber dem tatsächlichen Bedarf nicht ausreichen.
Hinzu kommt, dass die Länder ihren Verpflichtungen, die Investitionskosten der Pflegeheime zu finanzieren, weitgehend nicht nachgekommen sind und dass die Pflegesätze in einzelnen Heimen zum Teil astronomische Höhen erreicht haben. Vor diesem Hintergrund ist zu fragen, welches Niveau die Pflegeleistungen bei einem Beitragssatz von 1,7 Prozent in Zukunft verlässlich garantieren können.
Eine Verständigung über das künftige Pflegeversicherungsniveau ist die Grundlage für jede vernünftige Weiterentwicklung der Pflegeversicherung.
2. Komplex: Demenzkranke
Konsensfähig ist der Vorschlag, altersdemente Menschen in die Pflegeversicherung mit einzubeziehen. Ungeklärt bleibt seitens der Bundesregierung, wie dieses Vorhaben finanziell zu realisieren ist, eingedenk der Tatsache, dass der Pflegekasse durch das sog. Sparpaket allein im Jahr 2000 ein Betrag von 400 Mio. DM entzogen wird.
Darüber hinaus ist der Vorschlag des Bundes-gesundheitsministeriums, Demenzkranke vornehmlich in Tagespflegeeinrichtungen betreuen zu lassen, als kontraproduktiv zu bewerten, da fachlich unbestritten ist, dass Altersverwirrte nicht aus ihrer gewohnten Umgebung herausgerissen werden sollten.
3. Komplex: Überwachung der Pflegequalität
Die im Bereich der Qualitätssicherung geltenden Regelungen des Heimgesetzes, des SGB XI und des BSHG müssen harmonisiert werden. Dies schließt eine Überprüfung der Begrifflichkeiten ein. SGB XI, BSHG und Heimgesetz müssen zeitgleich und aufeinander abgestimmt novelliert werden.
Die unbedingt notwendige Harmonisierung darf nicht zu einer Vermischung der rechts-systematisch zu trennenden Regelungskreise von Ordnungsrecht und Leistungsrecht führen. Deshalb müssen die Aufgabenkreise exakt definiert werden. Die Mindeststandards werden durch das Ordnungsrecht (Heimgesetz) vorgegeben: im Rahmen leistungsrechtlicher Vereinbarungen können weitergehende Festlegungen getroffen werden.
4. Komplex: Pflegeversicherung/Krankenversicherung
Die Bundesregierung wird aufgefordert, Auskunft darüber zu geben, ob sie die Konzeption der Pflegeversicherung nach dem Grundsatz "Pflegeversicherung folgt der Krankenversicherung" nach wie vor für richtig hält.
Die Bundesregierung wird weiter aufgefordert, darzulegen, ob sie weiterhin eine eigenständige Pflegeversicherung für sachgerecht hält oder ob die Pflegeversicherung besser in die Krankenversicherung integriert werden sollte.
Diese Fragen werden vor dem Hintergrund gestellt, dass aus Organisationsinteressen heraus im Bereich der Pflege massiv gegen den Grundsatz "Rehabilitation vor Pflege" verstoßen wird.
So hat der Medizinische Dienst bei 3 Millionen Gutachterfällen in 600.000 Fällen Rehabilitation empfohlen. Tatsächlich sind praktisch keine Rehabilitationsmaßnahmen für Pflegebedürftige genehmigt worden. Dies ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass Rehabilitationsmaßnahmen für Pflegebedürftige aus den Mitteln der Krankenversicherung zu finanzieren sind und diese offenbar solche Ausgaben scheut.
In diesen Zusammenhang gehört auch die Beobachtung höchst unterschiedlicher Höhen der Gesamtheimentgelte. Trotz im wesentlichen gleicher Leistungen werden in demselben Land/in derselben Region und für dieselbe Stufe höchst unterschiedliche Entgelte verlangt und von den Pflegekassen, die ja höchstens die pauschalen Pflegesätze zahlen, auch akzeptiert.
Beispiele: Frankfurt am Main: zwischen DM 8.593 und DM 5.706 monatlich für Stufe III Kassel: für die Stufe III zwischen DM 6.361 und DM 4.790 monatlich
Landkreis Limburg: zwischen DM 6.296 und DM 4.174 oder DM 3.197 monatlich, ebenfalls für Stufe III
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