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CDU/CSU-Bundestagsfraktion/ Lamers: Putin - eine neue Herausforderung für die deutsche Außenpolitik

Berlin (ots)

Zum Besuch des russischen Ministerpräsidenten Putin
in Deutschland erklärt der außenpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karl Lamers MdB:
"Die neue Grundlage", auf die Putin und Schröder das
deutsch-russische Verhältnis stellen wollen, besteht offensichtlich
bislang im wesentlichen aus dem guten Willen beider Seiten, über die
harten Probleme - vom Schuldenerlass bis hin zur Raketenabwehr (NMD)
- miteinander zu reden. Mehr war wohl auch nicht zu erwarten.
Aber der Besuch des russischen Präsidenten hat einige
aufschlußreiche Erkenntnisse gebracht.
Putin scheint wirklich ernsthaft auf Europa setzen, die
Europäische Union als Partner behandeln und die deutsch-russischen
Beziehungen in diesem Rahmen einfügen zu wollen. Das wäre prinzipiell
eine positive Entwicklung, die jedoch auch für die deutsche
Diplomatie eine neue Herausforderung darstellt.
Das gilt konkret für das Angebot Putins einer gemeinsamen "nicht
strategischen Raketenabwehr vom Atlantik bis zum Ural" anstelle des
amerikanischen NMD-Projektes. Die Offerte ist vielleicht nicht
hundertprozentig seriös, aber geschickt, weil sie die Sorgen der
Europäer gegen die US-Pläne in einer Weise aufgreift, die geeignet
ist, einen europäisch-amerikanischen Grunddissens zu verschärfen. Die
Europäer müssen sich daher bewußt sein, dass ein solches gemeinsames
Projekt mit Rußland  nur ein Problem löste, nämlich das eines
Rüstungswettlaufs mit Rußland, oder besser gesagt, eine
Verschlechterung des Verhältnisses zwischen dem Westen und Rußland,
da sich dieses einen Rüstungswettlauf gar nicht leisten könnte. Die
Reaktionen der übrigen Welt einschließlich Chinas aber blieben ebenso
offen wie die beiden Grundfragen nach technischer Machbarkeit und
politischer Notwendigkeit einer Raketenabwehr. Doch prüfen muß man
die Idee Putins schon, um herauszufinden, ob sich dahinter die
Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Anpassung des ABM-Vertrages
mit den USA verbirgt.
Dabei bleibt auch die Frage zu klären, ob es im westlichen und
speziell im europäischen Interesse läge, die russische
Militärtechnologie durch eine Zusammenarbeit zu stärken. Gewiß, ein
starkes und selbstsicheres Rußland ist im westlichen Interesse, aber
nur, wenn es zugleich ein demokratisches und friedliches Rußland ist.
Diese wichtigste Frage nach der inneren Entwicklung Rußlands ist
leider ebenso offen, wie der Fall Gusinskij drastisch zeigt.
Auch die Art, in der Putin andere Fragen wie etwa die
NATO-Erweiterung behandelt hat, zeigt, dass der Westen auf ein
selbstbewußtes Rußland trifft, das die nationalen Interessen
kraftvoll und mit Nachdruck zu vertreten weiß.
Wenn Rußland "ein strategischer Partner" werden soll, was ebenso
zu wünschen ist wie bislang davon noch keine Rede sein kann, verlangt
das von der deutschen Politik sehr viel größere Anstrengungen als
bislang: vorab eine gemeinsame europäische Position und Abstimmung
mit den USA.

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