CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Weiß: Betriebliche Alterssicherung fördern
Berlin (ots)
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion will die betriebliche Alterssicherung stärken. Die Eckpunkte einer solchen Reform hat der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe Gerald Weiß MdB heute in Berlin vorgestellt:
I.
Unabhängig davon, in welcher Form die gesetzliche Rentenversicherung reformiert werden wird, wird das Versorgungsniveau, das durch die gesetzliche Rentenversicherung in der Zukunft noch erreicht werden kann, sinken. Damit tut sich bei den Alterseinkommen - gemessen an den Erwerbseinkommen - im Vergleich zu heute eine größere Versorgungslücke auf. Vor diesem Hintergrund kommt der zusätzlichen Vorsorge durch kapitalgedeckte Systeme - der betrieblichen Altersversorgung und der privaten Vorsorge - künftig eine größere Bedeutung zu. Das gilt auch für die Absicherung des Risikos der Erwerbs- und Berufsunfähigkeit.
Während es für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst nach wie vor die Zusatzversorgung gibt, ist die Entwicklung bei der betrieblichen Altersversorgung in der Privatwirtschaft rückläufig. Hatten 1987 noch 72 Prozent der in der westdeutschen Industrie Beschäftigten Anspruch auf eine Betriebsrente, so konnten 1999 nur noch 64 Prozent auf eine betriebliche Altersversorgung hoffen. Im Handel in den alten Bundesländern stagniert der Wert seit Jahren bei unter 30 Prozent. In Ostdeutschland hatten 1999 nur 16 % der im verarbeitenden Gewerbe tätigen Arbeitnehmer eine Versorgungszusage, und nur 20 Prozent der im ostdeutschen Handel Beschäftigten besitzen einen Anspruch auf Betriebsrente. Wenn in den vergangenen drei Jahren der rückläufige Trend in den alten Bundesländern auch weitgehend gestoppt werden konnte und der Verbreitungsgrad in den neuen Bundesländern stieg, so kann der Prozess der Stagnation der betrieblichen Alterssicherung noch nicht als überwunden betrachtet werden.
Gerade bei Neuzusagen üben die Firmen große Zurückhaltung. Für diese Entwicklung sind unterschiedliche Faktoren verantwortlich. Dazu gehört zum einen der sich verschärfende internationale Kostendruck im Zeitalter der Globalisierung: Als freiwillige betriebliche Sozialleistung bietet sich die betriebliche Altersversorgung als Kostensenkungspotential geradezu an. Aber zum anderen haben auch die arbeitsrechtlichen und die sich stetig verschlechternden steuerrechtlichen Rahmenbedingungen zu der negativen Entwicklung erheblich beigetragen.
So hat das Arbeitsrecht - die Bestimmungen des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) und insbesondere die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) - dazu geführt, dass sich die betriebliche Altersversorgung für die Unternehmen verteuert hat und dass sie immer schlechter kalkulierbar geworden ist. Die Auslegung des BetrAVG durch das BAG führte dazu, dass alle laufenden Renten (mindestens) in Höhe des vollen Kaufkraftverlustes (Inflationsrate) anzupassen waren. Außerdem war für den Fall, dass in der Vergangenheit kein voller Inflationsausgleich gewährt worden war, bei Folgeprüfungen der Kaufkraftverlust seit Rentenbeginn zu berücksichtigen; es war also eine nachholende Anpassung vorzunehmen.
Mit Blick auf das Steuerrecht wird insbesondere die vorgelagerte Besteuerung bei den Durchführungsformen der Direktversicherung und der Pensionskasse kritisiert.
Angesichts der schwierigen Situation der betrieblichen Altersversorgung ist indes positiv hervorzuheben, dass die Tarifpartner in der letzten Zeit in einer zunehmenden Anzahl von Tarifverträgen Vereinbarungen zur Alterssicherung getroffen haben.
II.
Die christlich-liberale Koalition hat im Rahmen des Rentenreformgesetzes 99 (RRG 99) die Rahmenbedingungen für die betriebliche Alterssicherung durch eine Novellierung des BetrAVG bereits verbessert. Die Rechtsänderungen sind von den Unternehmen überwiegend begrüßt und zum Teil auch zum Anlass für neue Versorgungszusagen genommen worden, so dass das Ende des rückläufigen Trends wesentlich auf das RRG 99 zurückgeführt werden kann. Es besteht aber weitgehend Einigkeit darüber, dass diese Reform nicht ausreicht, um eine nachhaltige Umkehr des negativen Trends zu erreichen. Doch immerhin sind erste Schritte in die richtige Richtung unternommen worden - unter anderem: * Bei künftigen Neuzusagen gilt die Verpflichtung zur Anpassung der Betriebsrenten als erfüllt, wenn der Arbeitgeber sich verpflichtet, die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung jährlich um ein Prozent anzupassen. Damit werden die Betriebsrenten besser kalkulierbar; es lassen sich durch das Unternehmen entsprechende gewinnmindernde Rückstellungen bilden. Wird die betriebliche Altersversorgung über Direktversicherung bzw. über Pensionskasse durchgeführt, so ist die Anpassungsverpflichtung erfüllt, wenn ab Rentenbeginn sämtliche Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Einnahmen verwendet werden. Eine Untersuchung hat ergeben, dass 20 Prozent der Unternehmen, die ihre Versorgungszusagen eingestellt hatten, wegen der einprozentigen Rentenanpassung ihr geschlossenes Versorgungswerk für ab 1999 eintretende Mitarbeiter wieder öffnen wollten.
Die 1-Prozent-Regelung ist auch für die Arbeitnehmer bzw. Empfänger der Betriebsrenten insofern von Vorteil, als ihnen die einprozentige Erhöhung auch - unabhängig von der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens - garantiert wird. Es wird zu prüfen zu sein, ob die nur für Neuzusagen geltenden Regelung (1-%-Regelung bzw. Verwendung Überschussanteile) auf Altzusagen auszudehnen ist, um den Arbeitgebern die Luft für neue Versorgungszusagen zu verschaffen. * Wird aufgrund der wirtschaftlichen Lage des Arbeitgebers eine Anpassung in Höhe der Inflationsrate zu Recht unterlassen, so ist bei einer späteren wirtschaftlichen Erholung keine nachholende Anpassung der Leistungen mehr notwendig. Diese Regelung gilt für ab dem 01.01.1999 zu Recht unterlassene Anpassungen; es wird zu prüfen sein, ob sie auf zuvor zu Recht unterlassene Anpassungen auszudehnen ist - wiederum, um den Unternehmen die Entscheidung für Neuzusagen zu erleichtern. * Es sind im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung beitragsorientierte Leistungszusagen ermöglicht worden. Dies ist eine erster Schritt in Richtung auf andere, flexiblere Gestaltungsformen, den laut einer Studie viele Unternehmen zum Anlass nehmen wollten, bisher unversorgte Arbeitnehmer mit einer betrieblichen Altersversorgung zu bedenken. * Es ist klargestellt worden, dass die Entgeltumwandlung betriebliche Altersversorgung darstellt und somit auch in den Schutzbereich des BetrAVG fällt und durch den Pensions-Sicherungs-Verein abgesichert ist.
III.
Weitere arbeitsrechtliche Änderungen müssen zum Ziel haben, die Betriebsrenten für die Unternehmen kalkulierbarer zu machen - und damit das Risiko zu vermindern, welches mit der Zusage einer betrieblichen Altersversorgung verbunden ist. Zugleich ist das Betriebsrentenrecht an das Erfordernis der Mobilität der Arbeitnehmer anzupassen. 1. Konkret sollte durch eine entsprechende Änderung des BetrAVG eine reine Beitragszusage in allen Durchführungswegen ermöglicht werden. Beitragszusage bedeutet, dass die Verpflichtung des Arbeitgebers sich auf die Gewährung der Beiträge / Zuwendungen für die betriebliche Altersversorgung beschränkt; welches Versorgungsniveau damit erreicht werden kann, hängt auch vom Ertrag, der mit den Beiträgen erwirtschaftet wird, ab. Die Pflicht zur Anpassung der Betriebsrenten entfällt, sofern der Arbeitgeber sich zur Leistung eines Versorgungsbeitrages verpflichtet hat.
Wenn dem Arbeitgeber dadurch aber die Entscheidung für die Gewährung einer Betriebsrente erleichtert wird, wirkt sich diese Maßnahme gleichwohl zugunsten der Arbeitnehmer aus. 2. Auch bei einer reinen Beitragszusage sind bestimmte Qualitätskriterien zu erfüllen. 3. Biometrische Risiken (wie Langlebigkeit, Invalidität, Tod) sollen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der Arbeitnehmer abgesichert werden. 4. Wir wollen dafür sorgen, dass auch bei der notwendig gewordenen steigenden Mobilität der Arbeitnehmer eine Stärkung der betrieblichen Altersversorgung möglich ist, indem wir die Unverfallbarkeitsfristen herabsetzen und die Übertragbarkeit von Versorgungskapital auf andere Versorgungseinrichtungen weiter erleichtern. Die Änderung der Unverfallbarkeitsfristen muss steuerlich flankiert werden. 5. Die zur Zeit zwischen den Durchführungswegen variierende Besteuerung der betrieblichen Altersversorgung wollen wir vereinheitlichen. Wir treten - bis zu einem noch zu genauer beziffernden Höchstbetrag ein - für eine nachgelagerte Besteuerung für alle Durchführungswege. Das bedeutet, dass aus Arbeitnehmersicht die Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung steuerfrei bleiben, während die Betriebsrente selbst - bis auf einen Freibetrag - der Steuer unterliegt. Eine solche Reglung, die im übrigen dem Standard in nahezu allen westlichen Industrienationen entspricht, würde dazu führen, dass der gesamte leistbare Bruttoaufwand auch tatsächlich für die betriebliche Altersversorgung zur Verfügung stünde. Weil kleine und mittlere Unternehmen oft die (derzeit vorgelagert besteuerte) Direktversicherung als Durchführungsweg wählen, würde durch eine Umstellung die betriebliche Alterssicherung gerade in diesem Bereich gestärkt. Unterhalb der Forderung nach einer generellen Umstellung der Besteuerung treten wir dafür ein, * dass bei einer weitgehenden Reform der Einkommensteuer mit einer Senkung der Steuersätze, insbesondere auch des Eingangssteuersatzes, auch der Pauschalsteuersatz für Beiträge zu Direktversicherungen und Zuwendungen zu Pensionskassen von zur Zeit 20 Prozent deutlich abgesenkt wird und dass der Höchstbetrag von 3.408 DM, für den die Pauschalbesteuerung gilt, an die Lohn- und Gehaltsentwicklung angepasst wird; * dass der Rechnungszins von zur Zeit 6 Prozent, der bei der Bildung von Pensionsrückstellungen zugrunde zu legen ist, an die allgemeine Zinsentwicklung angepasst, also gesenkt, und dadurch im übrigen auch an die Rechnungszinsfüße der Lebensversicherungen angenähert wird. 6. Wir wollen prüfen, welche weiteren Rechtsänderungen erforderlich sind, um die Weiterentwicklung bestehender Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung zu Pensionsfonds - unter denen wir mehr verstehen als reines Wertpapiersparen - zu ermöglichen. Dabei gehen wir davon aus, dass nur wenige weitere rechtliche Schritte notwendig sind, sofern unsere zuvor genannten Forderungen (insbesondere Ermöglichung der Beitragszusage in allen Durchführungswegen und nachgelagerte Besteuerung) umgesetzt werden. Für einen guten Ansatz halten wir die Weiterentwicklung der Unterstützungskassen zu Pensionsfonds. Aber auch Vorschläge, die Ausgliederung der Mittel für Direktzusagen aus der Bilanz des Trägerunternehmens ("Betriebsunmittelbare Pensionsfonds" im Bericht des Gerke-Arbeitskreises) zu ermöglichen, sollten unseres Erachtens wohlwollend geprüft werden. Sofern durch solche Pensionsfonds-Modelle die erzielbare Rendite der Mittel für die betriebliche Altersversorgung erhöht wird, senkt auch das die Kosten für die betriebliche Altersicherung. 7. Wir setzen uns aus diesen Gründen auch dafür ein, die Kapitalanlagevorschriften für die Durchführungswege der Pensionskasse und Direktversicherung zu überprüfen und zu lockern, soweit die berechtigten Sicherheitsinteressen nicht gefährdet werden. 8. Wir appellieren an die Tarifvertragsparteien, noch mehr als bisher Regelungen zur betrieblichen Altersversorgung zu vereinbaren. 9. Wir wollen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die Betriebsparteien sowie die Tarifpartner insbesondere ermutigen, die rechtlichen Möglichkeiten zu Entgeltumwandlung stärker als bisher zu nutzen. Wir wollen auch prüfen, ob dem Arbeitnehmer ein Recht auf Entgeltumwandlung - bei Wahl des Durchführungsweges durch den Arbeitgeber - eingeräumt werden sollte. 10. Wir wollen prüfen, wie betriebliche Altersversorgung und die Beteiligung der Arbeitnehmer am Produktivvermögen besser miteinander verzahnt werden können.
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