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CDU/CSU - Bundestagsfraktion

CDU/CSU-Bundestagsfraktion: Verlässlich und generationengerecht

Berlin (ots)

In ihrer heutigen Fraktionssitzung hat die
CDU/CSU-Bundestagsfraktion folgenden Standpunkt zur Reform der
Rentenversicherung beschlossen:
Die Union hat der Bundesregierung im letzten Jahr Gespräche über
eine Reform der Rentenversicherung angeboten. Sie hat sich in den
letzten Monaten intensiv an den Bemühungen um eine Lösung der
grundlegenden Probleme der Alterssicherung beteiligt und
substantielle eigene Vorstellungen in die Diskussion eingebracht.
Leitgedanke der anstehenden Reform ist aus Sicht der Union die
Ergänzung der gesetzlichen Rentenversicherung durch eine private und
betriebliche Altersvorsorge. Die private Vorsorge muss sozial
flankiert werden, damit sich Familien mit Kindern und Bezieher
niedriger Einkommen die Vorsorgebeiträge auch leisten können. Denn
Familien mit Kindern erbringen einen entscheidenden Beitrag für die
Sicherung der Sozialsysteme.
Rot-Grün hat in der letzten Legislaturperiode einen Rentenkonsens
kategorisch ausgeschlagen. Zudem hat Rot-Grün die Blüm'sche
Rentenreform zurückgenommen und damit die Probleme der
Alterssicherung lange ignoriert und Problemlösungen erschwert. Durch
die Vorlage von unterschiedlichsten Konzepten innerhalb weniger
Monate hat sie das Vertrauen in die Rentenversicherung nachhaltig
beschädigt.
Eine erste Bewertung des vom Bundesarbeitsminister vorgelegten
Diskussionsentwurfs zur Rentenreform hat ergeben, dass das
vorliegende Konzept erhebliche Mängel aufweist. Das Konzept belastet
überproportional die junge Generation, begünstigt die Entstehung von
Altersarmut, benachteiligt die Rentnerinnen und Rentner durch
Kürzungen aufgrund willkürlicher Rechengrößen, schafft neue
Ungerechtigkeiten für Frauen und beeinträchtigt damit die soziale
Balance des gesamten Systems. Aus diesen Gründen ist der Entwurf in
seiner jetzigen Form nicht zustimmungsfähig.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion fordert die Bundsregierung auf, im
Deutschen Bundestag unverzüglich unter Berücksichtigung unserer
Vorschläge einen Gesetzentwurf zur Reform der Rentenversicherung
einzubringen. Sie ist nach wie vor bereit, im Rahmen des
Gesetzgebungsverfahrens an einer sachgerechten Lösung einer
zukunftsorientierten Alterssicherung mitzuwirken.
   Eine tragfähige Reform der Alterssicherung erfordert nicht nur
einen politischen sondern auch einen gesellschaftlichen Konsens.
Deshalb werden wir parallel zum Gesetzgebungsverfahren in einen
intensiven Dialog mit den Sozialpartnern, Sozialverbänden,
Rentenversicherungsträgern und den betroffenen gesellschaftlichen
Gruppen eintreten. Die Ergebnisse des Dialogs und einer vertieften
Prüfung des vorliegenden Diskussionsentwurfs werden in das weitere
Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
1.Generationengerechtigkeit sicherstellen
Die Union will eine Rentenreform, die die demographischen Lasten
generationengerecht verteilt. Die Bundesregierung plant dagegen einen
sogenannten Ausgleichsfaktor von jährlich 0,3% für die Rentenzugänge
von 2011 bis 2030, also insgesamt 6%. Seine Bezeichnung ist eine
Täuschung. Er gleicht nichts aus, denn er ist lediglich ein
Kürzungsfaktor. Er belastet Versicherte um so stärker, je später sie
in Rente gehen. Damit werden die Belastungen einseitig auf die
jüngere Generation verschoben und gegen den Grundsatz der
Generationengerechtigkeit verstoßen.
Der Kürzungsfaktor führt erstmals in der Geschichte der
Rentenversicherung zu einem gespaltenem Rentenniveau und schafft
damit Rentner verschiedener Klassen. Arbeitnehmer, die vor 2011 in
Rente gehen, erreichen im Jahr 2030 ein Rentenniveau von 65%.
Arbeitnehmer, die nach 2030 in Rente gehen, sind dagegen von dem
Kürzungsfaktor voll betroffen und müssen sich mit einem Niveau von
unter 61% begnügen - das entspricht dem Rentenniveau der 60er Jahre.
Der Ausgleichsfaktor ist deshalb für die Union ist nicht akzeptabel.
Der demographische Faktor hätte dagegen sichergestellt, dass die
aus der demographischen Entwicklung herrührenden finanziellen Lasten
nicht einseitig den Beitragszahlern und damit der jungen Generation
auferlegt, sondern solidarisch und maßvoll von Jung und Alt
geschultert würden. Die gesetzliche und private Altersversorgung
würden dann ein Gesamtversorgungsniveau von mindestens 70% erreichen.
Die Problematik des von der Regierungskoalition vorgeschlagenen
willkürlichen Kürzungsfaktors wird noch verschärft durch die
Tatsache, dass nach dem Konzept gleichzeitig ein Anstieg des
Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung auf 22% im Jahr
2030 zu erwarten ist. Eine derartige Konstellation wäre für die junge
Generation nur schwer zu verkraften. Die Bundesregierung muss deshalb
im Gesetzgebungsverfahren darlegen, welche Möglichkeiten auch in
Zukunft genutzt werden können, um einen derartigen
Beitragssatzanstieg zu verhindern.
2. Altersarmut vermeiden
Die Union will, dass die gesetzliche Rentenversicherung auch in
Zukunft Armut im Alter vermeidet und für langjährig Versicherte einen
ausreichenden Abstand zur Sozialhilfe gewährleistet. Das von der
Bundesregierung ausgewiesene Rentenniveau von 64% im Jahr 2030 ist
Makulatur. Tatsächlich wird nur ein Niveau von 61% erreicht. Das ist
für die Union nicht akzeptabel. Bei der Betrachtung des Rentenniveaus
ist zu berücksichtigen, dass es nur von Arbeitnehmern erreicht wird,
die 45 Jahre gearbeitet haben. Bei Versicherten mit einer kürzeren
Erwerbsbiographie - und dies trifft insbesondere auf Frauen zu -
liegt das Rentenniveau deutlich darunter. Das von der
Regierungskoalition vorgeschlagene Konzept trifft Frauen deshalb
besonders hart. Die Blüm'sche Rentenreform hätte das Rentenniveau auf
mindestens 64% stabilisiert, was seinerzeit von Rot-Grün als sozialer
Kahlschlag und als unanständig abqualifiziert wurde.
Die zurückgehaltenen Pläne des Bundesfinanzministers zur
Besteuerung der Renten erhärten zudem unsere Vermutung, dass über die
Rentenbesteuerung das Rentenniveau sogar noch unter das bisher
angestrebte Niveau gedrückt werden soll. Für die Union ist es eine
Zumutung an einer Rentenreform mitzuwirken, wenn die Bundesregierung
monatelang Geheimpläne zur Rentenbesteuerung in der Absicht
zurückhält, diese erst nach den nächsten Wahlen aus der Schublade zu
ziehen. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auf, uns und die
Öffentlichkeit unverzüglich über ihre gesamten Pläne zu informieren
und die Auswirkungen der von ihr beabsichtigen Rentenbesteuerung auf
das Rentenniveau offen zu legen.
Darüber hinaus muss die Bundesregierung weitere geplante Vorhaben
wie etwa die Hinterbliebenenversorgung für gleichgeschlechtliche
Partnerschaften, die die Rentenversicherung zusätzlich belasten,
zurücknehmen.
3. Leistungsgerechtigkeit bewahren
Die gesetzliche Rentenversicherung baut auf dem Prinzip von
Leistung und Gegenleistung. Dieses Prinzip muss - neben den
notwendigen Elementen des sozialen Ausgleichs - im Grundsatz erhalten
bleiben. Wir begrüßen, dass die Bundesregierung von ihrem Vorhaben,
eine bedarfsorientierte Mindestsicherung innerhalb der gesetzlichen
Rentenversicherung einzuführen, auf Druck der Union abgerückt ist.
Nun will sie aber eine rentengleiche Dauerleistung im Bereich der
Sozialhilfe einführen. Der Rückgriff der Sozialhilfeträger auf die
Unterhaltsverpflichteten soll ausgeschlossen werden, wenn der
Hilfsbedürftige über 65 Jahre alt oder dauerhaft erwerbsunfähig ist.
Das bedeutet faktisch, dass jemand der nicht gearbeitet hat, im Alter
genau so viel erhält, wie derjenige, der langjährig in die
Rentenversicherung eingezahlt hat. Dies verletzt den Solidargedanken
und den Grundsatz der Beitragsgerechtigkeit. Dies bedeutet: Wer
vorsorgt, wird versorgt; wer nicht vorsorgt, wird auch versorgt.
Zudem werden so die finanziellen Lasten auf die Kommunen
verschoben. Der vorgesehene Ausgleich in Höhe von 600 Mio. DM ist
völlig unzureichend.
Zu unserem Verständnis von Leistungsgerechtigkeit gehört auch,
Versicherten, die 45 und mehr Arbeitsjahre zurückgelegt haben, die
Möglichkeit eines abschlagsfreien vorzeitigen Renteneintritts zu
ermöglichen. Dieser Vorschlag wurde von der Bundesregierung bislang
nicht aufgegriffen.
4. Vertrauen und Verlässlichkeit wieder herstellen
Es muss bei dem Grundsatz bleiben, dass die Rentner an der
allgemeinen Einkommensentwicklung teilhaben. CDU und CSU begrüßen
daher, dass die Bundesregierung endlich den Forderungen der Union
nachgegeben hat und die Rente nach Kassenlage wenigstens für das Jahr
2001 wieder zurücknimmt.
Allerdings plant die Bundesregierung neue willkürliche Kürzungen
der Rentenanpassungen. Basis für die Rentenanpassungen ab 2001 soll
nunmehr ein fiktives Nettoeinkommen sein. Beginnend mit dem Jahr 2001
mit 0,5% und endend im Jahr 2008 mit 4% werden unabhängig vom Umfang
der tatsächlich gezahlten Beiträge zur privaten Altersvorsorge die
Rentenanpassungen gekürzt. Dieser manipulative Eingriff ist für die
Union nicht akzeptabel. Auch hier wird deutlich, dass der
demographische Faktor systematischer, gerechter und nachvollziehbarer
ist.
5. Familien und Frauen fördern - Soziale Balance schaffen
Wir wollen, dass die Menschen in ihrer Eigenvorsorge nicht alleine
gelassen sondern nachhaltig unterstützt werden. Nach langem Zögern
hat die Bundesregierung unsere Kernforderungen in diesem Bereich im
Grundsatz erfüllt. Allerdings ist die Umsetzung dieser
grundsätzlichen Bereitschaft im vorliegenden Entwurf mangelhaft und
unzureichend ausgestaltet.
   Rot-Grün beginnt im nächsten Jahr bei der Kinderkomponente mit
einem Betrag von 3,75 DM pro Monat und mit 3,13 DM Grundzulage. Sie
erreicht das von uns durchgesetzte und vom Kanzler versprochene
Fördervolumen von 30 DM pro Kind und 25 bzw. 50 DM Grundzulage pro
Monat erst in acht Jahren. Dies wird dazu führen, dass sich viele die
Vorsorgebeiträge nicht leisten können. Damit wird das Ziel eines
schnellen und breiten Einstiegs in die private Vorsorge nicht
erreicht. Ein frühzeitiger und kräftigerer Einstieg in die private
und betriebliche Vorsorge ist für uns unabdingbar. Deshalb schlagen
wir vor, die Förderung in drei kräftigen Schritten bis 2003
umzusetzen. Es sollte zudem sichergestellt werden, dass die
Kinderkomponente tatsächlich dem zu Gute kommt, der die
Erziehungsleistung erbringt.
Im Hinblick auf die Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge
bleibt der Diskussionsentwurf völlig unzureichend. Er entzieht
bereits bestehenden betrieblichen Vorsorgesystemen die Grundlage,
verursacht unabsehbaren Verwaltungsaufwand und ist nicht praktikabel.
Es ist unverständlich, dass bei den Anlageformen die
Wohneigentumsbildung und die langfristige Vermögensbildung in
Arbeitnehmerhand von vorneherein ausgeschlossen sind. Die
Wohneigentumsbildung, die rund 80% der Bevölkerung als sinnvolle
Altersvorsorge ansehen, darf nicht durch wettbewerbsverzerrende
Strategien von Rot-Grün an den Rand gedrängt werden.
Eine unannehmbare soziale Schieflage entsteht auch durch die
vorgesehenen Neuregelungen zur Hinterbliebenversorgung. Dies betrifft
wiederum insbesondere Frauen. Das Einfrieren des Freibetrages führt
zur Abkoppelung von der allgemeinen Einkommensentwicklung und damit
zum langfristigen Aus für die Hinterbliebenenversorgung. Die
vollständige Anrechnung aller Einkommensarten in der
Hinterbliebenensicherung untergräbt den Anreiz zur Eigenvorsorge und
verstößt ebenfalls gegen das Leistungsprinzip in der
Rentenversicherung. Ansprüche aus der Hinterbliebenenversorgung
dürfen auch bei Wiederverheiratung nicht verloren gehen, sondern
müssen zu eigenständigen Anwartschaften werden. Das im
Diskussionsentwurf vorgesehene Rentensplitting kann dazu führen, dass
selbst erworbene Rentenansprüche in vielen Fällen erheblich gekürzt
werden.
   Mit der Einführung eines Kinderfaktors in der
Hinterbliebenensicherung hat der Bundesarbeitsminister eine Forderung
der Union aufgegriffen, ihre Ausgestaltung ist jedoch mangelhaft.
Von der Aufwertung der Kindererziehungsleistungen durch die
geplante Rente nach Mindesteinkommen sind nichterwerbstätige Frauen
mit einem Kind und Frauen ausgenommen, die Kinder vor 1992 geboren
haben. Hier muss im Gesetzgebungsverfahren eine gerechte Lösung
gefunden werden, die dem Ziel einer eigenständigen Alterssicherung
von Frauen Rechnung trägt. Dies gilt auch für Erziehende, deren
Erwerbsverläufe aufgrund von Kindererziehung unterbrochen sind und
die deshalb keine ausreichende Altersvorsorge aufbauen können. Für
diesen Personenkreis sind Kindererziehungszeiten für einen
Übergangszeitraum besser als bisher in der Rentenversicherung zu
berücksichtigen.

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