CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Koschyk: Deutsche in der Tschechischen Republik beklagen Diskriminierung
Berlin (ots)
Nach einem Gespräch der Arbeitsgruppe "Vertriebene und Flüchtlinge" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit dem Präsidenten der als Dachverband der Deutschen in der Tschechischen Republik fungierenden Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien, Hans Korbel, erklärt der vertriebenenpolitische Sprecher, Hartmut Koschyk MdB:
Die tschechischen Staatsbürger deutscher Nationalität sind gegenüber den Angehörigen der tschechischen Mehrheitsbevölkerung nach wie vor auf zahlreichen Gebieten benachteiligt. Die Bundesregierung ist deshalb aufgefordert, sich aus Verantwortung gegenüber der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik bei der tschechischen Seite für eine rasche Beendigung andauernder Diskriminierungen einzusetzen. In diesem Zusammenhang ist der Hinweis bedeutsam, dass die Tschechische Republik zu den ersten Unterzeichnerstaaten eines Zusatzprotokolls der Europäischen Menschenrechtskonvention gehört. Dieses Zusatzprotokoll (Nr. 12) verbietet jedwede Diskriminierung, die etwa im Zusammenhang mit der Zugehörigkeit zu einer Rasse, Hautfarbe, Sprachgemeinschaft, Religion oder nationaler Minderheit steht.
Nach der Vertreibung am Ende des Zweiten Weltkrieges und danach verblieben rund 300.000 Deutsche auf dem Boden der damaligen Tschechoslowakei. Eine Volkszählung aus dem Jahre 1991 ermittelte eine Zahl von nur 48.000 Angehörigen der deutschen Minderheit im seinerzeitigen tschechischen Landesteil. Die Organisationen der deutschen Minderheit schätzen allerdings, dass sich viele der in Tschechien lebenden Deutschen kurz nach der politischen Wende in der damaligen Tschechoslowakischen Republik nicht zu ihrer deutschen Herkunft zu bekennen wagten, und gehen von rund 100.000 Deutschen in der Tschechischen Republik aus. Aufgrund des starken Assimilierungsdrucks war bei den Angehörigen der deutschen Minderheit in der seinerzeitigen Tschechoslowakei ein weitreichender Verlust der deutschen Muttersprache zu beklagen. Der "Prager Frühling" erlaubte im Jahre 1968 eine erste Vereinsgründung, die nach dessen Niederschlagung zwar weiter bestehen konnte, aber politisch gleichgeschaltet wurde. Nach dem europäischen Revolutionsjahr 1989 erfolgten weitere Verbandsgründungen. Inzwischen sind 21 Verbände der Deutschen in der Tschechischen Republik aktiv, viele davon im Hultschiner Ländchen. Als Dachverband der 21 Verbände wurde im November 1992 die Landesversammlung der Deutschen in Böhmen, Mähren und Schlesien gegründet.
Das Hauptziel der Landesversammlung ist die Wiederbelebung der deutschen Sprache und die kulturelle Selbstverwirklichung der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik. Die tschechische Seite finanziert die 14-täglich erscheinende "Landeszeitung" der deutschen Minderheit und fördert Kulturprojekte der Verbände und der Landesversammlung mit umgerechnet 25.000 DM. Aus der Bundesrepublik Deutschland erhalten die Deutschen in der Tschechischen Republik im laufenden Jahr durch das Auswärtige Amt eine Unterstützung in Höhe von 129.000 DM und durch das Bundesministerium des Innern Hilfen in Höhe von 1,4 Millionen DM. Davon können 13 Begegnungszentren (z.B. in Reichenberg und Troppau) betrieben werden.
Die deutsche Minderheit in der Tschechischen Republik verfügt über keine parlamentarischen Vertreter im Prager Parlament. Problematisch erscheint in diesem Zusammenhang die für die Parlamentswahl geltende 5-Prozent-Klausel, die auch für nationale Minderheiten keine Ausnahme vorsieht. Noch immer ist in der Tschechischen Republik keine Minderheitenschutzgesetzgebung in Kraft. Die Deutschen in der Tschechischen Republik müssen es als Diskriminierung empfinden, dass sie im Gegensatz zu den Angehörigen der tschechischen Mehrheitsbevölkerung nicht unter die tschechischen Rückerstattungs- und Entschädigungsregelungen für das nach dem Zweiten Weltkrieg konfiszierte Eigentum fallen. Ihre in tschechischen Arbeitslagern verbrachten Zwangsarbeitszeiten werden nicht in der Rentenversicherung berücksichtigt. Auch erhalten sie keine Entschädigung für ihre erzwungenen Einzahlungen in den Fonds zum Wiederaufbau der Tschechischen Republik. Dies alles muss die Bundesregierung zum Anlass nehmen, um mit Berufung auf die Vereinbarungen des Europarates und den deutsch-tschechoslowakischen Nachbarschaftsvertrag gegenüber der Tschechischen Republik entschieden auf eine Beseitigung der Diskriminierung ihrer Staatsbürger deutscher Herkunft zu drängen.
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