CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Bosbach: Nägel mit Köpfen beim Versammlungsrecht
Berlin (ots)
Zum heutigen Beschluß der Innenministerkonferenz, Bundesminister Schily solle einen Gesetzentwurf zur Änderung des Versammlungsrechts ausarbeiten, erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach MdB:
Beschämende Bilder, wie sie zum Beispiel am 29. Januar dieses Jahres um die Welt gingen, dürfen sich nicht wiederholen: Neo-Nazis marschierten mit schwarz-weiß-roten Fahnen durch das Brandenburger Tor, um gegen das geplante Holocaust-Denkmal zu demonstrieren. Zwar können sich auch Extremisten grundsätzlich auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen, aber wir dürfen Neo-Nazis und anderen Extremisten nicht auch noch öffentlichkeits- und medienwirksame Kulissen für ihre Aufzüge liefern. Solche Aufzüge blamieren und diskreditieren nicht nur die Hauptstadt Berlin sondern die Bundesrepublik Deutschland insgesamt und schaden unserem Ansehen in der ganzen Welt. Wir dürfen sie nicht länger zulassen. Demonstrationen, deren erkennbares Ziel es ist, unsere verfassungsmäßigen Werte zu verhöhnen und zu verunglimpfen und die das Ansehen Deutschlands in der Welt nachdrücklich beschädigen, müssen unter erleichterten Bedingungen verboten werden können.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird deshalb nächste Woche einen Gesetzentwurf zur Änderung des Versammlungsrechts in den Deutschen Bundestag einbringen.
Nach jetziger Rechtslage bestehen befriedete Bezirke nur für die Parlamente des Bundes und der Länder sowie für das Bundesverfassungsgericht. Wir wollen diese Regelung erweitern: Künftig müssen Bund und Länder befriedete Bezirke auch für solche öffentlichen Einrichtungen und Örtlichkeiten einrichten können, die - wie etwa das Brandenburger Tor, das Denkmal für die ermordeten Juden Europas, die Neue Wache in Berlin - von herausragender nationaler und historischer Bedeutung sind. Im räumlichen Wirkungskreis solcher befriedeten Bezirke sollen Demonstrationen grundsätzlich untersagt sein; allerdings können sie dann erlaubt werden, wenn sie mit der Würde des Ortes vereinbar sind.
Des weiteren wollen wir die Verbotsbestimmung des § 15 Versammlungsgesetz konkretisieren. Wir wollen klarstellen, dass Versammlungen eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung auch dann darstellen, wenn erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere außenpolitische Interessen oder völkerrechtliche Verpflichtungen, beeinträchtigt werden und dadurch einer der Verfassungsgrundsätze der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des § 92 Abs. 2 StGB missachtet wird. Die jetzige Rechtslage wird von den Gerichten dahin interpretiert, dass Versammlungen grundsätzlich nur dann verboten werden können, wenn vorhersehbar ist, dass aus ihnen heraus Straftaten begangen werden. Dies aber läßt sich im Einzelfall so gut wie nie im voraus nachweisen.
Das in Art.8 gesicherte Grundrecht der Versammlungsfreiheit ist ein hohes Verfassungsgut, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf; aber dies wollen wir mit unserem Gesetzentwurf auch nicht. Es kann keine Rede davon sein, daß unsere Vorschläge das Grundrecht aushebelten, denn schon jetzt sind ihm Schranken aus anderen wichtigen Gemeinschaftsgütern gesetzt. Diese Grenzen wollen wir lediglich im Sinne einer höheren Rechtssicherheit klarstellen.
Aus der Verfassung ergibt sich kein Rechtsanspruch von Neo-Nazis und anderen Extremisten, ihre Demonstrationen ausgerechnet am Brandenburger Tor oder am Holocaust-Mahnmal abzuhalten.
Nachdem jetzt auch die Innenminister eine Änderung des Versammlungsrechts prüfen wollen, hoffen wir bei unserer Gesetzesinitiative auf eine breite parlamentarische Mehrheit.
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