CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Geis: Mit dem Kopf durch die Wand
Berlin (ots)
Zu der ersten Lesung des Regierungsentwurfes zur Justizreform erklärt der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Geis MdB:
Heute berät der Deutsche Bundestag in erster Lesung die Regierungsvariante des schon im Sommer eingebrachten Koalitionsentwurfes zur Justizreform. Wer gehofft hatte, die guten Ratschläge der Fachverbände und die Diskussion auf dem Juristentag hätten zu einer größeren Einsicht bei Frau Ministerin Däubler-Gmelin geführt, sieht sich getäuscht. Die Frau Ministerin will partout gegen den Rat der Anwaltschaft, gegen weite Teile der Richterschaft und gegen den Rat der Wissenschaft, koste es, was es wolle, mit dem Kopf durch die Wand. Dies nicht nur zum Schaden der Justiz, sondern auch zum Schaden der Bürgerinnen und Bürger und zum Schaden der Rechtskultur.
Die Justizministerin behauptet, durch ihre Reform würde die Justiz bürgernäher und effizienter werden. Das Gegenteil ist richtig. Wir haben bereits eine in höchstem Maße effiziente Ziviljustiz. Beim Amtsgericht dauert ein Verfahren im Durchschnitt nicht länger als vier Monate. Bei den Landgerichten sind es in 1. Instanz sechs Monate. In der Berufungsinstanz sind es beim Landgericht sowie beim Oberlandesgericht in der Regel ebenfalls nur sechs Monate. Effizienter geht es nicht. Wir sind damit Spitze in Europa. Auch die Behauptung, die Reform bringe mehr Bürgernähe, Bürgerfreundlichkeit und Transparenz des Verfahrens, ist falsch. Unsere Justiz ist bürgernah. Sonst würden sich nicht so viele Menschen jährlich an die Justiz wenden, um dort Rechtsschutz zu erlangen. Das beweisen die jährlich hohen Eingangszahlen.
Durch die Reform aber wird die Bürgernähe und Effizienz der Justiz verlorengehen. Die Prozesse werden formalistischer, teurer. Es gibt weitere Wege und weniger Einzelfallgerechtigkeit. Die erster Instanz wird maßlos überfrachtet und in zweiter Instanz ist der Sachvortrag stark beschnitten. Hinzukommt, dass die zweite Instanz beim heutigen Oberlandesgericht angesiedelt sein wird, was weite Wege mit sich bringt und mehr Zeit in Anspruch nimmt. Die Kosten werden steigen. Bei einem Streitwert von 1500,-- DM stehen die Kosten dann in keiner Relation mehr zur Sache. In der Praxis wird es deshalb weniger Berufungsverfahren geben. Das aber führt zu einem Verlust an Rechtsschutz, vor allem für den kleinen Mann, bei dessen Prozessen es ja in der Regel um kleinere Streitwerte geht. Die Justiz verliert so an Effizienz und Bürgernähe.
Der Entwurf sieht die Einführung des Einzelrichters in fast allen Bereichen und die faktische Abschaffung der Zivilkammern vor. Das bedeutet ebenfalls weniger Rechtsschutz. Das Mehraugenprinzip in einer Kammer hat große Vorteile. Es stärkt die Kontrolle der Richter untereinander. Die Kammern haben sich in hohem Maß bewährt. Es ist schon erstaunlich: Alle Welt sieht in der Teamarbeit den großen Wurf, nur bei der Regierung und der Koalition ist diese Erkenntnis noch nicht angekommen. Dafür aber herrscht die Basta-Politik. Das Argument zählt nicht mehr.
Die Frau Ministerin will das Eingangsgericht durch sog. sozial-kompetente Richter stärken. Was immer das auch heißen mag, dahinter verbirgt sich ein falsches Verständnis von unserer Justiz. Vor dem Richter und dem Gesetz sind alle gleich: Der Reiche und der Arme, der Starke und der Schwache. Vor Gericht geht es in erster Linie um das Recht und um die Durchsetzung des Rechts. Der soziale Ausgleich ist Sache der Politik. Sache der Justiz ist es, dafür zu sorgen, dass das Recht Geltung hat.
Die Anwaltschaft und weite Teile der Richterschaft, diejenigen Verbände also, die sich täglich in der Praxis der Justiz befinden, lehnen dieses Reformvorhaben ganz entschieden ab. Die Union fordert eine grundlegende Änderung dieses Reformvorhabens. Wir werden in gar keinem Fall einer Reform zustimmen, die unsere Rechtskultur zerstört.
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