CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Widmann-Mauz: Nicht Bauern, sondern BSE bekämpfen
Berlin (ots)
Zur heutigen Debatte "Neuorientierung der Verbraucher- und Agrarpolitik" erklärt die Beauftragte der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Verbraucher-schutz und Lebensmittelsicherheit, Annette Widmann-Mauz MdB:
In der heutigen Debatte zur Neuorientierung der Verbraucher- und Agrarpolitik hat Ministerin Künast erneut den Eindruck erweckt, als habe es in Deutschland bis heute keine sichere Nahrungsmittelproduktion, keine Standards und keine Regeln gegeben. So können wir nicht über Verbraucherschutz reden.
Verbraucherschutz muss Gesundheitsschutz sein: Vorsorgend und nachhaltig - Nicht als Privileg für wenige, sondern als Notwendigkeit für alle. Die BSE-Krise darf nicht auf dem Rücken der Bauern oder der Verbraucher ausgetragen werden. Die Ängste und Sorgen der Menschen dürfen nicht als Spielball für grüne Politstrategien missbraucht werden. Wir werden es nicht zulassen, dass BSE von den Grünen instrumentalisiert wird, sozusagen als ideologischer Tschernobyl-Ersatz. Jetzt, wo ihnen Kernkraft und Castortransporte wegen der Gewaltdebatte nicht so recht schmecken, sind die Grünen bei BSE auf den Geschmack gekommen. Verbraucherschutz darf nicht auf BSE und zu einer neuen Öko-Utopie im Inselformat reduziert werden.
Die Grünen haben den Verbraucherschutz nicht erfunden. Quer durch alle gesellschaftlichen Schichten sind die Menschen verunsichert. Aber es gibt jetzt die Bereitschaft bei allen Beteiligten, bei den Produzenten, bei den Verbrauchern und in der Politik aus der Krise Konsequenzen zu ziehen. Politisch heißt das: Wir haben Handlungsspielraum gewonnen. Den müssen wir jetzt nutzten.
Die sog. Neuorientierung im Verbraucherschutz, den die Bundesregierung predigt, ist bisher noch völlig planlos. Nicht jede Bewegung ist Fortschritt. Wenn Frau Künast jede Woche eine neue Maßnahme ankündigt, trägt das nicht dazu bei, dass Verbraucher und Produzenten Zutrauen in die Entscheidungs- und Handlungskompetenz der Verantwortlichen zurückgewinnen. Dies ist aber Voraussetzung dafür, dass die Menschen wieder Vertrauen in die Lebensmittel haben. Sie erwarten von uns, dass endlich mit klaren Konzepten gehandelt wird. Kernpunkte müssen sein: Transparenz, Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit und zwar in Deutschland und auf europäischer Ebene.
- Transparenz bei der Produktion und Überwachung von Nahrungsmitteln bedeutet "gläserne Produktion" vom Stall bis an die Theke. Transparenz auf politischer Ebene ist nötig von der Risikoabschätzung und Risikobewertung durch Wissenschaft und Forschung bis zur Entscheidungsfindung von Parlament und Regierung.
- Der Produzent ist für Qualität und Sicherheit seiner Produkte von der Futterherstellung über die landwirtschaftliche Produktion, die Verarbeitung und Vermarktung selbst verantwortlich. Wir müssen die Verantwortung der Produzenten für gesundheitsverträgliche, qualitativ hochwertige, erstklassige Lebensmittel erhöhen und mit höheren Standards- und Kontrollkapazitäten gewährleisten. Wer mit Nahrungsmitteln Schäden verursacht, muss für die Folgen auch aufkommen. Es kann nicht sein, dass eine mögliche Strafe bereits in den Preis einkalkuliert werden kann. Wir müssen Verstöße gegen die Bedingungen für eine qualitätsgesicherte Produktion insbesondere von Lebensmitteln stärker bestrafen und das Produkthaftungsrecht verschärfen. Eigenverantwortung ist auch die Eigenverantwortung der Verbraucher. Wir sollten das Wissen der Verbraucher über Produkte, Qualitätsbedingungen und faire Preise erhöhen und ihre Mündigkeit und Entscheidungsfähigkeit stärken. Deshalb ist es richtig, die Arbeit der Verbraucherschutzverbände und -organisationen zu unterstützen.
- Vorsorgender Verbraucherschutz muss auf dem Prinzip der Nachhaltigkeit gründen. Die Natur vergisst nicht, sie rächt sich. Realistisch ist eine Neuorientierung der Verbraucherschutz- und Agrarpolitik nur, wenn, was ökologisch notwendig, auch ökonomisch und sozial ist. Nur so schaffen wir gesunde Lebensmittel, schützen Natur und Umwelt gleichermaßen und schaffen neues Vertrauen zwischen Bauern und Verbrauchern. Aber Nachhaltigkeit kann nicht einfach verordnet werden. Sie muss mit den Menschen, mit den Bäuerinnen und Bauern gemeinsam erarbeitet werden. Wir müssen die standortangepasste Landnutzung sowie die artgerechte und flächenbezogene Tierhaltung absichern. Wir müssen alle bisherigen markt-, preis-, struktur- umwelt- und regionalpolitischen Maßnahmen daraufhin überprüfen, ob sie diesen Zielen heute noch gerecht werden und durch eine Weiterentwicklung der Fördergrundsätze die Landwirtschaft vom Druck zur ständigen Produktionssteigerung entlasten.
Verbraucherschutz in einem Europa ohne Grenzen erfordert Überzeugungskraft und Durchsetzungsfähigkeit im Ministerrat. Frau Künast zeigt sich bemüht. Doch was sie aus Brüssel mitgebracht hat, sind bisher nur Prüfaufträge, zu deutsch: substantiell nichts! Es wird geprüft, das derzeit bis zum 30. Juni 2001 befristete Tiermehlverbot zu verlängern. Von Fetten oder Tiermehl bei uns in Deutschland ist keine Rede. Die Produktion von Seperatorenfleisch soll verboten werden. Allerdings nur von Rindern, von Schweinen ist keine Rede. Es soll geprüft werden, wie die Einstufung der Wirbelsäule von Schlachtrindern als Risikomaterial technisch umgesetzt werden kann. Die derzeitige Altersgrenze von 30 Monaten für obligatorische BSE-Tests soll überprüft werden. Was ist aber mit Fleischimporten aus Ländern, in denen kein Tiermehlverfütterungsverbot besteht? Wo bleiben die angekündigten Konsequenzen aus der Tatsache, dass auch nach dem 1. Januar Rindfleisch EU-weit nach wie vor nicht lückenlos gekennzeichnet wird? Verbraucherschutz ist eine europäische Herausforderung. Ohne ein klares Konzept bleibt Frau Künast ein Papiertiger.
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