CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Seehofer/Lohmann: Für einen gerechten Wettbewerb und mehr Wahlfreiheiten in der gesetzlichen Krankenversicherung
Berlin (ots)
Zur Diskussion um die Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs erklären der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Horst Seehofer MdB, und der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Gesundheit der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Lohmann MdB:
Wettbewerb durch Risikostrukturausgleich
Der Risikostrukturausgleich (RSA) hat sich im Grunde bewährt. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass der Wettbewerb zwischen den Krankenkassen in Gang gekommen ist und dabei weitgehend Chancengleichheit sichergestellt wurde. Nach 100 Jahren verpflichtender Zuweisung zu bestimmten Kassen haben die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung seit 5 Jahren die freie Wahlmöglichkeit zwischen den Kassen. Dies ist ein Erfolg, der historische Bedeutung hat.
Verschiedene aktuelle Gutachten kommen zu der Feststellung, dass der RSA für den Kassenwettbewerb in der gesetzlichen Krankenversicherung unverzichtbar ist. Auch wird in den Gutachten festgestellt, dass der RSA die an ihn gestellten Erwartungen tendenziell erfüllt habe. Wir teilen ausdrücklich die Meinung der Gutachter, keine übereilten und nicht sachgerechten Eingriffe in den RSA vorzunehmen. Der RSA muss ein längerfristig ausgerichtetes und verlässliches Instrument bleiben.
>>> Feinjustierung des RSA in dieser Legislaturperiode
Aber die Entwicklung seit Einführung des RSA hat auch gezeigt, dass Ungerechtigkeiten und Schieflagen nicht ganz vermieden werden konnten. Dies ist bei einem solch umfangreichen und schwierigen Projekt auch kaum verwunderlich. Auch in der allgemeinen Finanzpolitik beim Bund-Länder-Ausgleich ist dies von Zeit zu Zeit erforderlich. Deswegen besteht Handlungsbedarf im Sinne einer Feinjustierung des RSA noch in dieser Legislaturperiode.
Keine Ausweitung des Transfervolumens
Bei allen Maßnahmen zur Weiterentwicklung des RSA gilt das Prinzip, dass es grundsätzlich nicht zu einer Ausweitung des Transfervolumens von heute etwa 23 Mrd. DM kommen sollte. Der mit der Erhebung des RSA verbundene bürokratische Aufwand sollte nicht noch gesteigert werden. Ansonsten würde die Akzeptanz dieses Instruments in Frage gestellt.
Sonderrechte für einzelne Kassenarten müssen auf den Prüfstand
Wir wollen einen gerechten RSA und keine unangemessenen Wettbewerbsvorteile einzelner Krankenkassen. Deswegen muss über bestimmte Auswüchse bei den sogenannten virtuellen Betriebskrankenkassen nachgedacht werden. Sonderrechte für einzelne Kassenarten müssen auf den Prüfstand.
Wahlfreiheiten der Versicherten stärken
Wir wollen die Wahlfreiheiten der Versicherten stärken. Deshalb sind Vorschläge abzulehnen, die den Kassenwechsel grundsätzlich unattraktiv machen würden. So können z.B. Wechslerprämien, die im Kern nichts anderes als Ablösesummen sind, nicht akzeptiert werden. Wir fordern vielmehr eine Flexibilisierung der Möglichkeiten zum Kassenwechsel. Der starre Kündigungstermin für Pflichtversicherte zum 30.09. eines Jahres sollte entfallen. Stattdessen sollte für alle Versicherten eine Kündigungsfrist jeweils zum Quartalsende bei anschließender mindestens einjähriger Bindungspflicht bei der neuen Kasse gelten. Das gesonderte Wahlrecht bei Arbeitgeber-, Status- oder Ortswechsel könnte dann entfallen.
Wettbewerb für optimale Versorgungsqualität
Wir wollen einen Wettbewerb um die bestmögliche Versorgungsqualität bei der Behandlung von Erkrankungen. Deshalb sollen Bemühungen einzelner Kassen bei der Betreuung chronisch Kranker honoriert werden. Der Risikostrukturausgleich ist dafür allerdings nicht das geeignete Instrument. Eine Überfrachtung mit zusätzlichen Aufgaben wäre nicht zielführend. Anreize für Qualitätsverbesserungen in der medizinischen Versorgung müssen anders erreicht werden. Dazu gibt es bereits heute gesetzliche Rahmenbedingungen, die man noch verbessern könnte. Insbesondere bedarf es dazu erweiterter Vertragsrechte und Handlungsspielräume für die Krankenkassen. Der Wettbewerb ist der beste Garant für Anstrengungen zur Verbesserung der Betreuung und Versorgung der Versicherten.
Stärkere Morbiditätsprüfung prüfen
Von der Bundesgesundheitsministerin ist angekündigt worden, die bisher schon vorhandenen Morbiditätskriterien des RSA (Alter, Geschlecht, EU-/BU-Rente) künftig genauer abzubilden. Wie dies funktionieren soll, ist im Dunklen geblieben. Dieser Vorschlag ist in seiner Struktur noch völlig unausgegoren und nur mit erheblicher zeitlicher Verzögerung realisierbar. Dieser Vorschlag bedarf daher wegen der inhaltlichen Klarheit und des möglichen Verwaltungsaufwandes einer intensiven Diskussion.
Hochrisikopool für Leistungsausgaben über 100.000 DM
Wir wollen, dass sich Versicherte, die einer teuren und langwierigen Behandlung bedürfen, nicht als Belastung für ihre Krankenkassen erleben. Deshalb unterstützen wir die Einführung eines Hochrisikopools für Fälle mit Leistungsausgaben über 100.000 DM. Ein solcher Hochrisikopool beträfe nur eine überschaubare Gruppe von Versicherten und wäre wegen des hohen Schwellenwertes kaum manipulationsanfällig. Damit würden die Kassen gerade bei den Fällen, z.B. Tumorkranke, AIDS-Kranke, Bluter-Kranke, Dialysepatienten, entlastet, bei denen ein Behandlungsmanagement oder die Erschließung von Wirtschaftlichkeitsreserven kaum praktikabel oder vertretbar sind. Vorschläge zur Einführung eines Risikopools mit einem Schwellenwert ab 20.000 DM sind dagegen problematisch. Eine solch niedrige Grenze hätte zum einen den Nachteil, dass sehr viele Krankenhausbehandlungen bereits ab der vierten Behandlungswoche ausgleichspflichtig würden, und zum anderen würde der Anreiz für die Kassen verringert, Kosten einzusparen. Eine Absenkung des von der Union ins Auge gefassten Schwellenwertes von 100.000,- DM müsste daher mit einer erhöhten Interessenquote (der Anteil, der von der Kasse selbst aufzubringen ist) verbunden sein.
Auslagerung von nicht-managementfähigen Leistungen der GKV aus dem RSA
Wir unterstützen Vorschläge zur Auslagerung von Leistungen aus dem RSA, die von den Krankenkassen in ihrem Umfang nicht beeinflussbar sind (Sterbegeld, Mutterschaftsgeld, Entbindungsgeld, Zahlungen für Familienangehörige im Ausland). Die Leistungen verbleiben in der gesetzlichen Krankenversicherung, sie würden aber aus dem RSA herausgerechnet. Dies würde zur Verringerung des RSA-Volumens und zu dessen Vereinfachung beitragen.
Organisationsreform der Krankenkassen
Aus Sicht der CDU/CSU-Bundestagsfraktion darf es nicht bei einer Weiterentwicklung des RSA bleiben. Wir brauchen darüber hinaus auch eine Organisationsreform der Krankenkassen. Die Krankenkassen sollten über die heute bestehenden, sehr geringen Gestaltungsmöglichkeiten hinaus mehr individuelle Handlungsspielräume erhalten. Das bisherige Prinzip "einheitlich und gemeinsam" sollte in einem ersten Schritt durch mehr wettbewerbliche Elemente auch beim Leistungskatalog für bestimmte Leistungssegmente ersetzt werden.
Die Krankenkassen müssen mehr als bisher auch im Hinblick auf Leistungsumfang und Qualität der angebotenen Leistungen konkurrieren können. Ein Vertragswettbewerb ist eher geeignet, die Strukturdefizite des Gesundheitswesens zu beseitigen, die Qualität der medizinischen Versorgung zu verbessern und die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen. Dabei treten wir für einen sozial geordneten Wettbewerb ein, der sich innerhalb klarer sozialpolitischer Spielregeln entwickelt.
Bundesregierung muss Lösungsvorschlag zur Reform des RSA vorlegen
Die Materie ist hochkompliziert und zwischen den Akteuren in der gesetzlichen Krankenversicherung umstritten. Den jetzt entstandenen Zeitdruck hat die Bundesregierung in der Vergangenheit durch falsches Handeln selbst herbeigeführt. Deswegen muss die Bundesregierung einen konkreten Lösungsvorschlag zur Reform des RSA machen, an Hand dessen wir in die Diskussion eintreten können. Erst dann kann die Union abschätzen, ob sie sich an einer gesetzgeberischen Lösung beteiligt. Dies wäre wünschenswert, denn der RSA sollte im breiten Konsens innerhalb der GKV und der Politik überarbeitet werden. Die Bundesregierung trägt hier eine hohe Verantwortung, der sie gerecht werden muss. Wir werden uns konstruktiven Vorschlägen nicht grundsätzlich verschließen.
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