CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Schauerte: Effektiver Mittelstands- und
Verbraucherschutz muss vor allem europaweit gesichert werden.
Berlin (ots)
Zur ersten Lesung des Regierungsentwurfs zur Abschaffung von Rabattgesezt und Zugabeverordnung fordert der Berichtestatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Fragen des Wettbewerbsrechts, Hartmut Schauerte MdB, die Bundesregierung auf, endlich die überfällige europäische Harmonisierung des Wettbewerbs- und Lauterkeitsrechts voranzutreiben.
Die Wirtschaft befindet sich im Umbruch. Das Zusammenwachsen des europäischen Binnenmarktes, die Globalisierung der Weltwirtschaft und die neuen Möglichkeiten des elektronischen Geschäftsverkehrs bedeuten sowohl für die Unternehmen als auch für die Verbraucher mehr Flexibilität und Dynamik. Die Öffnung der Märkte und der Internet-Handel haben zu veränderten Arbeits-, Lebens- und Konsumgewohnheiten und neuen Formen der Konkurrenz geführt. Um neue Handlungsspielräume zu nutzen, faire Wettbewerbsbedingungen sowohl für große als auch für mittelständische Unternehmen zu garantieren und effektiven Verbraucherschutz zu gewährleisten, müssen das deutsche und das europäische Wettbewerbsrecht modernisiert und harmonisiert werden.
Insbesondere durch die im Mai 2000 verabschiedete E-Commerce-Richtlinie der EU (2000/31/EG) und das dort verankerte Herkunftslandprinzip droht deutschen Unternehmen durch die nicht mehr zeitgemäßen und in der Praxis schon heute zunehmend unterlaufenen Vorschriften des Rabattgesetzes und der Zugabeverordnung eine Inländerdiskriminierung. Der ausländischen Konkurrenz stehen innovative Marketinginstrumente zur Verfügung, die deutschen Händlern versagt bleiben. Deshalb ist die Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung notwendig.
Der Einzelhandel in Deutschland kann von den neuen Handlungsspielräumen nach Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung profitieren, wenn die allgemeinen wettbewerbsrechtlichen Vorschriften effektiv sind. Durch seine Flexibilität und Serviceorientierung kann er die neuen Marketingspielräume besonders gut nutzen und seine Stellung im Wettbewerb stärken.
Verbraucher-, Mittelstands- und Wettbewerbsschutz müssen durch die Vorschriften des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gesichert werden.
Eine hinreichend präzise Rechtsgrundlage ist Voraussetzung dafür, neuartige Erscheinungen des Wirtschaftslebens rasch und sachgerecht zu erfassen und eine konsequente Anwendung durch Rechtsprechung und Kartellbehörden zu gewährleisten. Durch eine europataugliche Modernisierung von UWG und GWB sollte daher sichergestellt werden, dass das hohe Schutzniveau der geltenden Rechtslage auch in einer modernen, durch Marktöffnung und elektronischen Geschäftsverkehr gekennzeichnete Wirtschaft gewahrt bleibt und es zu keinen unerwünschten Folgen aus der Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung kommt.
Auch künftig müssen irreführende Preisgestaltungen verhindert und verhandlungsschwächere Kunden vor Übervorteilung geschützt werden. Es kann nicht im Sinn einer modernen Verbraucherschutzpolitik sein, wenn unerfahrene oder verhandlungsschwächere Kunden durch eine irreführende Werbung mit Zugaben und Rabatten zu nachteiligen Vertragsabschlüssen verleitet werden. Nicht wünschenswert ist eine Entwicklung, die ausgezeichneten Preise anzuheben, um damit Spielraum für Rabattgewährungen an eine verhandlungsstarke Klientel zu gewinnen.
Die Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung ermöglicht Großunternehmen mit breitem Sortiment den Aufbau umfangreicher Kundenbindungssysteme, in deren Rahmen sie den Kunden Rabatte in Abhängigkeit von einem innerhalb eines bestimmten Zeitraums getätigten Gesamtumsatz gewähren (Gesamtumsatzrabatte). Leistungsfähige kleine und mittlere Wettbewerber des Facheinzelhandels oder des Handwerks laufen Gefahr, trotz preislich oder qualitativ besserer Angebote vom Verbraucher nicht mehr wahrgenommen zu werden, da dieser in erster Linie darauf bedacht sein wird, seinen Bonusstand in die Höhe zu treiben. Kundenbindungssysteme sollten aber keine Verdrängungswirkung zu Lasten des Mittelstandes entfalten. Dies wäre einem funktionierenden Wettbewerb im Einzelhandel nicht dienlich.
Die Aufhebung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung und die Modernisierung von UWG und GWB machen die dringend notwendige und seit langem überfällige europäische Harmonisierung des Wettbewerbs- und Lauterkeitsrechts unverzichtbar. Mit der bloßen Aufhebung der nationalen Beschränkungen ohne eine gleichzeitige, entschlossene Initiative zur Schaffung EU-weiter Mindeststandards für den Wettbewerb im Handel leistet die Bundesregierung einer wettbewerblichen Abwärtsspirale ("Race to the bottom") Vorschub, die Mittelstand und Verbraucher gefährdet. Die Einsetzung einer Arbeitsgruppe auf nationaler Ebene ist dabei nicht ausreichend, da sie in Brüssel kaum wahrgenommen wird.
Es zeichnet sich bereits ab, dass die Bundesregierung bei der Abschaffung von Rabattgesetz und Zugabeverordnung und der Harmonisierung des europäischen Lauterkeitsrechts wie schon bei anderen Gesetzgebungsvorhaben nach dem "Nachbesserungsprinzip" verfahren wird: Zunächst werden die Folgen der Aufhebung abgewartet; wenn nachteilige Entwicklungen eingetreten sind, wird eventuell korrigierend eingegriffen. Eine solche Verfahrensweise, die viele mittelständische Existenzen gefährden kann, ist inakzeptabel.
Wir fordern die Bundesregierung daher auf,
- sich gegenüber der Europäischen Kommission und den europäischen Partnerländern aktiv, nachdrücklich und mit hoher Priorität für eine Harmonisierung des europäischen Wettbewerbs- und Lauterkeitsrechts auf hohem Schutzniveau einzusetzen,
- durch eine europataugliche Reform des UWG und des GWB sicherzustellen, dass die mittelstands- und verbraucherschützenden Funktionen dieser Gesetze und der Rechtsprechung gewahrt bleiben. Dabei ist insbesondere eine mögliche Verdrängungswirkung von Kundenbindungssystemen zu Lasten des mittelständischen Facheinzelhandels und des Handwerks zu berücksichtigen. Entsprechende Regelungsvorschläge sind dem Deutschen Bundestag möglichst bald vorzulegen,
- zu prüfen, ob durch ein späteres Inkrafttreten der Regierungsentwürfe dem mittelständischen Einzelhandel eine Übergangsfrist von einem Jahr zuzugestehen ist, um eigene moderne Marketing-, Vertriebs- und Kundenbindungssysteme zu entwickeln und entsprechende Marketingkooperationen aufzubauen.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird im Zuge der Ausschuss-Beratungen eine Anhörung beantragen, um mit den Betroffenen Konsequenzen der Abschaffung beider Gesetze zu erörtern.
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