CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Hintze: Irland droht überall
Berlin (ots)
In der heutigen Plenardebatte zu den Ergebnissen des Europäischen Rates von Göteborg erklärt der europapolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Hintze MdB u.a.:
Sperrfrist: Debattenbeginn
Welche Botschaft liegt im "Nein" der irischen Bevölkerung zum Vertrag von Nizza? Kommissar Verheugen sieht ein Defizit im positiven Eintreten für Europa durch die Politik. Andere suchen das Heil in mehr Informationen über die Regelungen dieses neuen Vertragswerkes. Ich glaube nicht, dass eine Verdopplung der Hochglanzbroschüren oder eine Verstärkung der Politikerappelle das irische Problem lösen. Warum haben sich die Iren diesem Integrationsschritt verweigert?
Wir dürfen uns nicht der Illusion hingeben, die Skepsis der Iren sei ein regionales Sonderproblem. Hätten wir in anderen Ländern Europas Referenden, könnte uns die Situation auch dort begegnen. In diesem Sinne gilt: Irland ist überall.
Ich verstehe das irische Referendum im Kern als ein Protestzeichen gegen den Mangel an Sanktionsmöglichkeiten für den einzelnen Wähler im Blick auf die Politik der Europäischen Union. Wer mit der Politik seines Landes nicht einverstanden ist, der kann die Regierung abwählen. Wer mit Brüssel nicht einverstanden ist, hat keine direkten Sanktionsmöglichkeiten. So konnten sich auch die Iren nur gegen die Integration insgesamt wenden, was durch die hohe Wahlenthaltung nicht besser wird.
Um das irische Problem zu lösen, müssen wir ein Europa schaffen, das demokratischer, transparenter und effizienter handelt. Im Klartext: Ein Europa, das den Bürgern ein echtes Wahlrecht für die Exekutive einräumt, also auch eine Abwahlmöglichkeit ausdrücklich beinhaltet. Ich hatte hier im Bundestag bereits im Januar vorgeschlagen, dass das Europäische Parlament das Recht bekommen soll, den Präsidenten der Kommission zu wählen. So würden die Europawahlen zu Entscheidungen über Europa gemacht und nicht zu anderen Zwecken benutzt. Wenn die Wähler bei der Europawahl die Kommission, also eine Art "europäische Regierung", bestätigen oder abwählen können, dann wird ihnen Europa viel näher sein.
Ein für Europa wichtiges Thema ist die Zukunft des Vertrags von Nizza. Dieser Vertrag hat auch bei uns eine tiefe Enttäuschung hinterlassen, weil manche Entscheidungsverfahren komplizierter, andere Regelungen undurchsichtiger wurden. Er hat gleichwohl eine große Bedeutung. Er ist der Schlüssel für die Erweiterungsfähigkeit der Europäischen Union - jedenfalls im formalen Sinne. Ob er das inhaltlich zu leisten vermag, sei dahingestellt. Die CDU/CSU tritt nachdrücklich dafür ein, dass das historische Projekt der Osterweiterung nicht auf Gedeih und Verderb an diesen Nizza-Vertrag gebunden werden darf. Wir müssen die Kraft aufbringen, notfalls wichtige erweiterungsrelevante Aspekte im Rahmen der Beitrittsverträge, verbunden mit einem mutigen Verfassungsvertrag, zu lösen.
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