CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Merz: Kompetenzen fördern -
ehrenamtliches und freiwilliges Engagement älterer Menschen /
Sperrfrist: Redebeginn
Berlin (ots)
Rede des Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Friedrich Merz MdB, anlässlich des Seniorenhearings "Aktiv, vernetzt, mobil" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion am 27. September 2001 in Berlin
Sperrfrist: Redebeginn. Es gilt das gesprochene Wort.
Lassen Sie mich zuallererst darauf hinweisen: Dass die CDU/CSU-Fraktion dieses Seniorenhearing hier im Deutschen Bundestag durchführt, zeigt, wie wichtig ihr dieses Thema ist und wie notwendig sie es ansieht, in diesem Bereich der Zukunftsentwicklung miteinander Sichtweisen und Erfahrungen auszutauschen.
Wenn wir heute über die Älteren in unserer Gesellschaft reden, müssen wir als erstes feststellen: wir stehen inmitten einer 'Revolution'. Aber sie ist nicht spektakulär, sondern eine 'Revolution auf leisen Sohlen'.
Wir finden überall in unserer Gesellschaft, vom Arbeitsleben über die Werbung bis zum Körperkult, eine Betonung des Jugendlichen. Aber dieser "Jugendwahn" verbirgt die eigentliche Entwicklung: das "Altersbeben", wie es der britische Wissenschaftler Paul Wallace nennt.
Die demografische Entwicklung verschiebt den Schwerpunkt der Bevölkerung immer mehr in Richtung Alter. Schon heute sind 28 Millionen 50 Jahre und älter. Manche sprechen schon von der "ergrauenden Gesellschaft".
Hinzu kommt die kontinuierlich steigende Lebenserwartung: Im Durchschnitt liegt sie heute für Männer bei 75, für Frauen bei 80 Jahren. In wenigen Jahren wird sie bei 80 und 85 Jahren liegen. Noch nie gab es soviel Hundertjährige wie heute.
Parallel einher geht damit die Abnahme der Lebensarbeitszeit: gerechnet auf eine Lebenszeit von 650 000 Stunden arbeiten wir nur noch 55 000 Stunden, die freie Zeit - neben Kindheit und Freizeit vor allem das Alter - beträgt dagegen 300 000 Stunden. Die Zeit für Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit wächst, gerade auch im Alter.
Das Leben im Vorruhestand und nach der Rente entwickelt sich immer mehr zu einer eigenständigen Lebensphase. Forscher trennen manchmal schon das dritte vom vierten Lebensalter. Oder sie unterscheiden die 'jungen Alten', die 'mittleren Alten' und die 'alten Alten', die sich nach Formen des Lebensstils, der Aktivität und des sozialen Engagements voneinander unterscheiden.
Dabei stehen wir erst am Anfang dieser leisen "Altersrevolution". Schon heute leben bei uns schon mehr Menschen im Rentenalter als junge Leute. Bis zum Jahr 2040 wird sich der Anteil der über 60jährigen in der Bevölkerung unseres Landes verdoppeln.
Gleichzeitig werden immer weniger Kinder geboren. Waren es 1965 noch rund 1 Million Kinder, werden seit 1973 nur noch durchschnittlich 600 000 Kinder pro Jahrgang geboren. Die zum Erhalt der Bevölkerung erforderliche Rate von 2,2 Kindern wird derzeit mit 1,3 deutlich unterschritten.
Im Durchschnitt verliert unser Land jedes Jahr eine Bevölkerung im Umfang einer Großstadt. Im Jahr 2050 wird Deutschland rund 15 Millionen Menschen weniger haben.
Mit anderen Worten: Deutschlands Bevölkerung nimmt drastisch ab; zugleich wird der Anteil der Älteren immer höher und der Anteil der Berufstätigen immer kleiner. In Abwandlung eines Bonmots von Napoleon (und Walter Rathenau) könnte man sagen: 'Die Demografie ist unser Schicksal'.
Mit unserem bisherigen Verständnis von Sozialstaat werden wir diesen Herausforderungen einer "Altersgesellschaft" nicht gerecht werden können.
Finanziell haben wir es in den sozialen Sicherungssystemen - vom Renten- und Gesundheitssystem bis zu Pflegeversicherung und Sozialhilfe - mit einem erheblichen Kostendruck zu tun. Diese Kosten werden künftig nicht mehr von der schrumpfenden Erwerbsbevölkerung aufgefangen werden können. Übrigens auch aus dem Grund nicht, weil der Anteil der Normalerwerbsbiografien ebenfalls sinkt.
Wer die Zukunft gestalten will, muss klar sagen, dass hier Reformen unerlässlich sind.
Es führt deswegen auch kein Weg daran vorbei, dass im Sinne jetziger wie künftiger Generationengerechtigkeit von den Älteren heute und künftig ein größerer Beitrag als bisher erwartet werden muss. Das gilt allerdings nicht nur materiell.
Es gilt vor allem auch in Hinsicht darauf, dass angesichts der stark wachsenden Zahl von Seniorinnen und Senioren stärker als bisher Alte für Ältere sorgen müssen. Der Förderung von Zusammenschlüssen zu Senioren-Netzwerken und Selbsthilfegruppen kommt hier eine wichtige Rolle zu.
Nun stellen diese neuen Anforderungen nicht nur Belastungen dar, wie es auf den ersten Blick scheint. "Altersrevolution" heißt ja nicht nur, dass sich die Zeit nach dem Erwerbsleben zu einer eigenständigen Lebensphase entwickelt. Auch unser tradiertes Bild vom "Rentner" wandelt sich erheblich.
Zwar gab es schon immer herausragende Leistungen im Alter. Michelangelo malte mit 76 die Sixtinische Kapelle aus, Goethe verfasste den zweiten Teil des "Faust" mit 80 Jahren, Verdi schrieb ebenfalls mit 80 Jahren den "Falstaff".
Aber für die meisten war das Altendasein verknüpft mit Gebrechlichkeit, Kräfteschwund, Zurückgezogenheit. Heute sehen wir immer mehr Bürger im dritten Lebensalter, die aktiv tätig sind, weltzugewandt, immer mehr gebildet, leistungsbereit, erlebnisoffen. Die Älteren in unserer Gesellschaft wollen teilhaben und teilnehmen.
Das heißt: Das, was von der gesellschaftlichen Entwicklung an Reformen notwendig wird, ist auch möglich, weil es mit den gewandelten Bedürfnissen und Vorstellungen der Älteren selbst übereinstimmt. Das gilt gerade auch für die neuen Möglichkeiten von Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit.
Für uns alle wird eines immer klarer: Den neuen Anforderungen einer altersgerechten Gesellschaft können wir nicht mehr in der gewohnten Weise mit den Mitteln eines fürsorglichen, paternalistischen Wohlfahrtsstaates begegnen. Wie in anderen Bereichen unserer Gesellschaft gilt es auch hier, auf ein verändertes Verhältnis von Vorsorge und Fürsorge, von Subsidiarität und Solidarität zu achten.
Das bedeutet eine große Chance. Ein Umbau des Sozialstaates, der auf eine neue Balance von staatlichen Transfers und eigenen Leistungen, ein neues Verhältnis von Eigenvorsorge und Einsatz für andere setzt, kommt den Bürgern entgegen. Bürger, und das gilt auch für die Älteren, wollen als freie, als selbstverantwortliche, als mündige Personen behandelt werden.
Am 16. Präsident der Vereinigten Staaten, Abraham Lincoln, stammt der Grundsatz:" Man hilft den Menschen nicht, wenn man für sie tut, was sie selbst tun können". Dieser Grundsatz muss Richtschnur auch für sozialstaatliche Reformen sein.
Angesichts einer Staatsquote von rund 50 % und eines auch für Experten kaum noch durchschaubaren Steuer- und Transfersystems ist eine Begrenzung der Staatstätigkeit zugunsten einer "aktiven Bürgerschaft" unumgänglich.
Und jüngste Umfragen (des Bankenverbandes) zeigen, dass die Bürger dafür aufgeschlossen sind: 61 % der Deutschen sind der Ansicht, es sei in erster Linie die Aufgabe jedes Einzelnen, den gesellschaftlichen Wohlstand zu sichern. Nur 29% sahen dies als primäre Aufgabe des Staates.
Die Politik, das sollte uns nachdenklich stimmen, scheint dem Bürger weniger Eigenverantwortung zuzutrauen als diese sich selbst.
Viele Ältere wollen nicht einsam sein, sondern auch im Alter an Gemeinschaften teil nehmen. Sie wollen nicht das Gefühl haben, zum alten Eisen zu gehören. Im Gegenteil. Viele Ältere wollen sich aus eigenen Stücken engagieren, sich nach dem Erwerbsleben in anderen, unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern neu bewähren, Lebenssinn erfahren.
Mehr als zu irgendeiner Zeit bisher sind sie heute dazu auch in der Lage. Eine freie Bürgergesellschaft darf sich deshalb nicht nur auf das berufliche Leben beziehen, sondern muss auch die Zeit danach einbeziehen.
Eine "Politik des dritten Lebensalters" setzt deshalb mehr auf Eigenverantwortung und Eigenvorsorge, auf Eigeninitiative und Selbsthilfe, auf freiwilliges und ehrenamtliches Engagement. Zentrale Aufgabe einer künftigen Altenpolitik muss es sein, diesbezügliche Kompetenzen zu stärken und zu fördern.
Denn der Bedarf an Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, an Kommunikation und Austausch, an Hilfe und vor allem an sinngebender Betätigung im Rahmen freiwilligen Engagements bekommt für Ältere eine immer größere Bedeutung.
Wer sich als älterer Mitbürger persönlich engagiert, erfährt, dass er gebraucht wird, und wird in seinem Selbstbewusstsein gestärkt. Ehrenamtliche und freiwillige Tätigkeiten tragen zu einem zufriedenen und ausgefüllten Leben bei. Hilfe und Engagement für andere nützen einem selbst nach dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung.
Aber sie bedeuten mehr als persönlichen Nutzen. Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit sind Hilfe für andere, und diese Hilfe bekommt man vielfach zurück, auch als Freude, als Anerkennung, als Dankbarkeit. Und auch als Lebenssinn. In richtiger Weise älter werden ist Lebenskunst:
Die Kunst, ein altersgerechtes Leben zu führen mit Maß und Muße, mit Engagement und innerer Einkehr. Lebenskunst heißt, dem Leben ein Ziel zu geben, auch im Alter. Gerade dazu trägt das ehrenamtliche und freiwillige Engagement bei. Nicht nur aus sozialpolitischen oder wirtschaftlichen Erwägungen heraus, sondern auch wegen dieser sinnstiftenden Wirkung ist es unsere Aufgabe, die Kompetenz zu Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit zu stärken.
Wir brauchen deshalb vor allem einen Ausbau von Möglichkeiten freiwilligen Engagements in unserer Gesellschaft, vor allem in den Kommunen und Stadtteilen. Ältere, die sich engagieren, wollen Überschaubarkeit am Wohnort und persönliche Nähe.
Eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Altenpolitik verankert deshalb freiwilliges Engagement in der kommunalen Infrastruktur. Sie fördert ehrenamtliche Beteiligung unter den Älteren und im Generationenverbund, und das auf möglichst vielfältige Weise: in der Kultur, der Politik, der Umwelt, der Bildung, dem Sport, der Gesundheit, den sozialen Bereichen.
Denn die Senioren von heute und erst recht in Zukunft sind schon lange kein "grauer Block" mehr, sondern ein ziemlich "bunter Haufen".
Gleichzeitig mit dem Engagement wächst aber auch die Forderung nach größerer Anerkennung für die von Seniorinnen und Senioren schon jetzt erbrachten ehrenamtlichen Leistungen. Dieses freiwillige Engagement der Älteren ist ein bedeutendes "soziales Kapital". Es versetzt viele Einrichtungen und Verbände oft erst in die Lage, ihren Aufgaben auch in erforderlichem Maß nach zu kommen.
Deswegen gilt an dieser Steller auch mein Dank -und auch der jenige der ganzen CDU/CSU-Fraktion - all den älteren Mitbürgern, die sich ehrenamtlich engagieren - in Diakonie, Caritas oder anderen Wohlfahrtsverbänden, als Schöffe, im Parteivorstand oder in Betreuungsdiensten, in Geschichtswerkstätten, Museen, Bibliotheken und anderen kulturellen Einrichtungen, in Nachbarschaftshilfen, Bildungswerken oder Familienbereichen, in Selbsthilfegruppen, Beratungsarbeit oder Einrichtungen der Altenarbeit.
Die Bereiche des ehrenamtlichen und freiwilligen Engagements sind ja so vielfältig wie das Leben selbst.
Aber sind denn Senioren und Seniorinnen überhaupt bereit, in größerem Umfang als bisher sich im ehrenamtlichen und freiwilligen Engagement zu betätigen? Hört man nicht immer wieder, dass Ältere eine geringe Bereitschaft zum Engagement besitzen als andere Gruppen?
Die Antwort darauf lautet: Sicher gilt das für den Bereich des "Vierten Lebensalters" (ab 75/80 Jahre), wo die Altersgebrechen stärker zunehmen.
Aber für die Zeit davor, in der Lebensspanne von 55 - 75 Jahren, hat es sich deutlich gewandelt. Das zeigen die letzten wissenschaftlichen Erhebungen im Umfeld des internationalen UNO-Jahres des Freiwilligenengagements und der Enquetekommission des Deutschen Bundestages zum bürgerschaftliche Engagement.
Bei den 50-59jährigen sind 38% freiwillig engagiert und 31% aktiv beteiligt. In der Gruppe der über 60jährigen sind 26% freiwillig engagiert und 29% aktiv beteiligt. Erst ab 75 Jahre lässt das Engagement nach.
Was aber die empirischen Erhebungen noch zeigen, ist das brachliegende zusätzliche Potential der Älteren. Die Bereitschaft zum Engagement beträgt bei den 50-59jährigen 37%, bei den über 60jährigen 21%. Das zeigt: Die aktive Bürgergesellschaft auch im dritten Lebensalter ist keine Utopie, sondern konkrete Möglichkeit. Ehrenamtliches und freiwilliges Engagement gerade auch im dritten Lebensalter ist wichtiger Bestandteil dessen, was unsere Gesellschaft zusammenhält.
Es bedarf aber der verbesserten Ansprache und eines altersgerechten Ausbaus der Förderung des altersspezifischen Engagements. Mehr Freiräume für Ältere zu schaffen wird eine Hauptaufgabe der Zukunft sein.
Lassen Sie mich im Folgenden kurz drei Bereiche ehrenamtlichen Engagements ansprechen, in denen sich neue Wege zur Aktivierung von freiwilligen Engagement finden:
die Arbeitswelt,
die soziale Sicherung und
die neuen Technologien.
Erstens die Arbeitswelt:
In den OECD-Staaten ist die Arbeitslosigkeit tendenziell umso geringer, je mehr Ältere im Erwerbsleben stehen. Viele Unternehmen haben dort erkannt, welches Potential an know how, an Erfahrung, an sozialer Kompetenz Ältere mitbringen.
In Deutschland ist das anders. Nur 39 % der Menschen im Alter von 55 - 65 sind in der Erwerbsarbeit, bei den 60-65jährigen sogar nur 19,5 %. In kaum einem europäischen Land werden Ältere so stark in die Frührente geschickt wie bei uns.
Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass dies nicht zukunftsweisend ist. Die demografische Entwicklung wird zu einem künftigen Arbeitskräftemangel führen. Davon wird der Bereich des dritten Lebensalters nicht unberührt bleiben.
Liegt es da nicht nahe, stärker als bisher auf Teilzeit-Modelle des Arbeitslebens zu setzen, die sich nicht auf die magische Grenze von 65 Jahre richten, sondern die Teil-Erwerbsarbeit mit ehrenamtlicher Tätigkeit koppeln, das aber über 65 Jahre hinaus?
Die Ländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben mit ihrer "Aktion 55" , die beide Tätigkeitsformen koppeln, ermutigende Ergebnisse gezeitigt.
Noch weiter ist ja Baden-Württemberg gegangen, Es hat eine konsequente Modernisierung der klassischen Altenarbeit betrieben, Seniorengenossenschaften besonders gefördert, Selbstorganisation und Selbstaktivität von Älteren begünstigt und ehrenamtliches, bürgerschaftliches Engagement von Senioren aktiv unterstützt. Ich glaube, an solchen Beispielen lässt sich viel für die kommenden Gestaltungsanforderungen und Reformmöglichkeiten unserer Altersgesellschaft lernen.
Viele Ältere sind ja kompetenter, als Jüngere glauben. Auch die Wirtschaft beginnt inzwischen hier um zu lernen. "Senior-business-angels" oder "senior-expert-services" sind nur zwei Belege dafür. Was in der Wirtschaft Nutzen stiftet, warum sollte das nicht auch im Sozialen greifen?
Zweitens den Bereich der sozialen Sicherung:
Subsidiarität ist eine Schlüsselkategorie für Neuorientierung im Sozialbereich. Das gilt auch für den Bereich des dritten Lebensalters. Viele Ältere sind bereit, für sich und für andere Verantwortung zu übernehmen und sich zu engagieren.
Die alte Bundesregierung hatte deshalb bereits Mitte der neunziger Jahre das Modellprogramm "Seniorenbüros" zu fördern. Dieses hat gezeigt, wie sinnvoll solche Einrichtungen sind. Seniorenbüros sind Anlaufstellen für Engagement im Alter. Sie beraten, vermitteln und aktivieren ältere Menschen
Die große Distanz zwischen Wollen und Tun, der latenten Bereitschaft und dem tatsächlichen Engagement, konnte mittels solcher Seniorenbüros deutlich abgesenkt werden. Seniorenbüros - wie auch Freiwilligenzentren - sind deshalb wichtige Bestandteile solidarischer und zugleich subsidiärer Sozialpolitik des dritten Lebensalters. Bei diesen werden nicht mit obrigkeitsstaatlicher Fürsorge Ältere verwaltet. Vielmehr sind sie Hilfe zur Selbsthilfe im Alter.
Durch Seniorenbüros aktiviert der Staat die Potenzen der Bürgergesellschaft, aktiviert die Stärken der Menschen selbst. Seniorenbüros sind Orte, an dem ältere Menschen selbst aufgerufen sind, selbstbestimmt für sich und andere ihre Kenntnisse und Fähigkeiten einzubringen, Netzwerke zu bilden, andere zum Engagement anzuregen. Deswegen müssen wir die Seniorenbüros flächendeckend ausbauen.
Ich bin davon überzeugt, dass die Förderung solchen Freiwilligenengagements der richtige Weg zukunftsorientierter Gesellschafts- und Sozialpolitik ist.
Drittens den Bereich neuer Technologien:
Der Siegeszug des Computers in alle Bereiche der Gesellschaft macht deutlich: Wir sind inzwischen weit auf dem Weg von der Industrie- zur Wissensgesellschaft voran gekommen. Dies wird zu wirtschaftlichem Wachstum, höherer Produktivität und der Sicherung wirtschaftlichen Wohlstands beitragen. Wissen wird zur wichtigsten Ressource der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts.
Damit wächst aber zugleich die Gefahr einer "digitalen Spaltung". Ganze Bevölkerungsgruppen von den Quellen der Information und des Wissenserwerbs auszuschließen wäre für uns alle sehr verhängnisvoll. In der Informations- und Wissensgesellschaft teilhaben kann nur der, der über Wissen verfügt und darauf bezogener Technik bedienen kann.
Jüngste Erhebungen zeigen, wie real die Gefahr dieser "digitalen Kluft" ist. 25,9 Millionen Internet-Nutzern stehen 36,7 Millionen Nicht-Nutzer gegenüber. Solche "Internet-Verweigerer" sind besonders häufig Frauen und vor allem Ältere ab 50 Jahre. Um so wichtiger ist es, Chancengleichheit in der Wissensgesellschaft auch im Alter einzufordern.
Senioren und Seniorinnen dürfen nicht zu den Verlierern unserer Gesellschaft gehören.
Eine breite Ausstattung mit Computer und eine konsequente Internetnutzung würde gerade den Älteren entgegenkommen. Computer und Internet stehen auch für eine neue Lebensqualität im Alter.
Die neuen Techniken machen nicht, wie man oft hört, einsam, im Gegenteil. Sie fördern die Kommunikation und machen, wie die Erfahrungen zeigen, ältere Menschenaktiv und mobil. Und über die neuen Kommunikationsmöglichkeiten hinaus können hier ganz neue, den Bedürfnissen der Älteren entgegenkommende Wege beschritten werden. Ich denke an Information und Bildung, Einkaufsmöglichkeiten, Vernetzung mit Behörden oder sozialen Gruppen, an medizinische Information und Therapie.
Und besonders in Bezug auf die Aktivierung und Unterstützung von Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit im Alter wäre das Internet ein gutes Informations- und Unterstützungsmedium.
Deswegen ist es ermutigend, dass sich immer mehr Ältere zu Internet-Netzwerken zusammenschließen. Zehntausende von Senioren-Web-Seiten ermuntern immer mehr Ältere zur Nutzung des Internets. Als "silberne Surfer", wie sich bezeichnen, haben sie begriffen, dass die Welt der Bits und Bytes nicht nur etwas für ihre Kinder und Enkel, sondern auch für sie selbst ist.
Diese Einsicht gilt es zu verbreitern. Die Erhöhung der Multimedia-Kompetenz für Ältere muss deshalb auf die Agenda einer zukunftsorientierten Altenpolitik gesetzt werden. Die Entwicklung von altersgerechten Hard- und Software gehört ebenso dazu wie die Unterstützung von Freiwilligen-Initiativen, die Interaktion und Kommunikation zwischen Senioren und von Älteren für Ältere organisieren.
Nachahmenswerte Beispiele dafür, dass Ehrenamtliche Senioren Computerkurse organisieren und online wie offline Hilfestellungen für andere Ältere geben, existieren immer mehr: Ich erinnere an bekannte Freiwilligen-Aktivitäten wie Silbermedia, feier@bend.com, Seniorweb.nl oder das fahrende Internet-Cafe, das "Senior-Info-Mobil".
Besonders förderungswürdig finde ich Beispiele wie in Baden-Württemberg oder der Stadt Berlin, wo Schüler den Älteren Computerkurse geben und Interneterfahrungen austauschen. Das fördert nicht nur frühzeitige Verantwortungsübernahme, sondern trägt auch zu gemeinschaftlichen, die Generationen übergreifende Erfahrungen bei.
Lassen Sie mich zusammenfassen: Worauf müssen wir künftig hinwirken?
- Erstens gilt es, statt einen Krieges der Generationen zu beschwören, auf solidarische Generationenverträglichkeit zu setzen und die vielfältigen Potentiale älterer Menschen für Gesellschaft, Wirtschaft und soziale Sicherung fruchtbar zu machen. Das gilt auch für familiäre Unterstützungen.
- Zweitens sollten wir die Förderung des Engagements Älterer gerade in Kommunen zu einer festen Selbstverständlichkeit werden lassen. Dies setzt eine Kommunalpolitik voraus, die über traditionelle Formen hinaus neue Einrichtungen und aktivierende Fördermöglichkeiten für das soziale Ehrenamt etabliert.
Selbsthilfegruppen und Senioren-Netzwerke müssen künftig ebenso einen größeren Stellenwert bekommen wie Bürgerbüros als Anlaufstellen für die Vermittlung von Seniorenengagement.
- Drittens gilt es, neue Wege zu beschreiten.
Die Verschränkung von Arbeitsmarkt und Ehrenamt, die flächendeckende Institutionalisierung von Seniorenbüros, die das Freiwilligenengagement aktivieren, und die Förderung der freiwilligen Unterstützung zugunsten der neuen Informations- und Kommunikationstechniken habe ich als drei zukunftsweisende Wege beschrieben.
Weitere werden sicher in den kommenden Vorträgen genannt.
Anrede,
als im antiken Rom Plinius der Jüngere um das Jahr 100 eine größere Summe erbte, schenkte er von dem Geld dem Jupitertempel seiner Heimatstadt Como die Statue eines alten, nackten Mannes. An dieser Statue sollten sich die Besucher erfreuen. Denn das Alter galt damals, wenn es würdevoll, heiter und vor allem aktiv verbracht wurde, als eine rühmenswerte Lebensspanne.
Nun wäre es heutzutage, rund 2000 Jahre danach, sicher ungewöhnlich, als ein Symbol für den alten Menschen ein Denkmal in einem Museum aufzustellen.
Aber im Gegensatz zu unserem herkömmlichen Altenbild finden wir es heute wieder sinnvoll, sich im Alter aktiv, mit Würde und heiterem Elan in Ehrenamt und Freiwilligentätigkeit zu engagieren.
Und wie im antiken Rom sollten wir solches Engagement der Älteren wieder stärker wertschätzen, ihm Räume eröffnen und es vor allem auch öffentlich würdigen. Im Alter liegen viele Chancen, auch die Möglichkeiten freiheitlichen, selbstbestimmten und verantwortlichen Lebens.
Diese richtig aufzugreifen wäre ein zukunftsweisender, sinnvoller Beitrag für eine aktive "altersgerechte Gesellschaft".
Rückfragen bitte an:
CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Pressestelle
Tel.: (030) 227-52360
Fax: (030) 227-56660
Internet: http://www.cducsu.bundestag.de
E -Mail: fraktion@CDUCSU.Bundestag.de
Original-Content von: CDU/CSU - Bundestagsfraktion, übermittelt durch news aktuell