CDU/CSU-Bundestagsfraktion
Koschyk: Tschechien darf
"Straffreiheitsgesetz" nicht mit in die EU bringen
Berlin (ots)
Zu den Medienberichten über ein Prüfbericht der Kommission der Europäischen Union zu der Vereinbarkeit der Benesch-Dekrete mit EU-Recht erklärt der vertriebenenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hartmut Koschyk MdB:
Die Kommission der Europäischen Union hat in ihrem vorab von den Medien veröffentlichten Prüfbericht zur Vereinbarkeit der Benesch-Dekrete mit EU-Recht der Europäischen Union als Rechts- und Wertegemeinschaft ein Bärendienst erwiesen.
Zu den Benesch-Dekreten wird in dem Bericht ausgeführt: "Diese Ergebnisse zeigen keine Hindernisse für den Beitritt der Tschechischen Republik im Lichte des acquis communautaire". Ferner wird festgestellt "Die Dekrete erschöpften ihren Zweck im Jahr 1945. Neue Enteignungen können unter Bezug auf diese Dekrete heute nicht stattfinden."
Dieser Ansicht der Europäischen Kommission ist seitens mehrerer namhafter Völkerrechtler erst kürzlich deutlich widersprochen worden. So stellte Prof. Dr. Dieter Blumenwitz in seinem erst vor wenigen Tagen veröffentlichten Gutachten zur fortdauernden Rechtswirkung der Benesch-Dekrete deutlich fest: "Nach der Entscheidung des tschechischen Obersten Gerichtshofes vom 29. Juni 2000 müssen die Dekrete der Nachkriegszeit nicht nur nachbefolgt, sondern auch "nachvollzogen" werden: Zivilverfahren müssten ausgesetzt und Enteignungsverfahren nach altem Recht abgeschlossen werden."
Der Europäischen Kommission ist dringend zu raten, nicht nur das von ihr beauftragte Gutachten Prof. Froweins, sondern auch andere offensichtlich bestehende Rechtsmeinungen zu berücksichtigen. Die Europäische Kommission darf dies im Rahmen des Beitrittsverfahrens mit der Tschechischen Republik nicht außer Acht lassen.
Aus der Verantwortung für die Menschenrechte und Grundwerte stiehlt sich die Europäische Kommission aber mit ihrer Einschätzung, dass so genannte "Straffreiheitsgesetz" (Gesetz Nr. 115 von 1946) stelle kein Beitrittshindernis für die Tschechische Republik dar. Die Europäische Kommission führt dazu aus: "Dieses Gesetz war nicht als allgemeiner Freibrief für Gräueltaten beabsichtigt, obwohl es in der Vergangenheit gelegentlich so angewandt worden sein dürfte." Vielmehr wird festgestellt: "Es hindert die Tschechische Republik nicht daran, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit noch heute zu verfolgen." Demgegenüber schrieb der Völkerrechtler Prof. Christian Tomuschat dazu, aus Gründen des Respekts vor den Menschenrechten "muss die Tschechische Republik das Gesetz vom 8. Mai 1946 vor ihrer Aufnahme in die Europäische Union aufheben."
Die Argumentation der Europäischen Kommission ist äußerst fadenscheinig und widerspricht sogar den Aussagen des von ihr beauftragten Gutachtens von Prof. Frowein.
Moralisch und rechtlich äußerst fragwürdig hat Frowein in seinem Gutachten festgestellt, dass das Gesetz Nr. 115 von 1946 immer noch in Kraft ist und die strafrechtliche Verfolgung von Personen, die Vergeltungsmaßnahmen für Aktionen während der Okkupation vorgenommen haben, verhindert. Zwar hat er dieses Gesetz als "abstoßend" bezeichnet, aber einen Fortbestand des Gesetzes mit dem Verweis auf einen Vertrauensschutz für die Personen, die in dieser Zeit zu Tätern wurden, begründet. Da ist es schon ein deutlicher Widerspruch, wenn die Europäische Kommission in ihrer Bewertung nunmehr feststellt, dass "dieses Gesetz die Tschechische Republik nicht daran hindert, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit noch heute zu verfolgen."
Das Vorgehen der Europäischen Kommission ist somit nicht nur widersprüchlich, sondern auch moralisch verwerflich. Es kann einfach nicht sein, dass ein Gesetz, das Mördern Straffreiheit zusichert und auf diese Weise Täterschutz vor Opferschutz stellt, in einer Europäischen Union als Rechts- und Wertegemeinschaft Bestand hat.
Der Europäischen Kommission ist daher dringend zu raten, dafür Sorge zu tragen, dass das "Straffreiheitsgesetz" aufgehoben wird.
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