Grundrechtscharta bringt Europa den Bürgern näher
Bonn/Köln (ots)
Pleitgen und Bunz eröffnen hochkarätiges Forum auf Bonner Petersberg - Mehr als 350 Teilnehmer
Auf die Bedeutung der Grundrechtscharta für die politische Diskussion in Europa haben Intendant Fritz Pleitgen und Axel R. Bunz, Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Deutschland, heute in Bonn hingewiesen. Angesichts der aktuellen Herausforderungen in Europa sei es hilfreich, sich auf eine Basis für gemeinsame Werte zu besinnen, sagte Pleitgen anlässlich der Eröffnung eines gemeinsamen Forums von WDR und EU-Vertretung zur Europäischen Charta der Grundrechte. Das Dokument solle einen gemeinsamen Wertekanon nach Innen und Außen sichtbar machen. Ein Ziel der Charta sei es auch, den Bürgerinnen und Bürgern Europa ein Stück näher zu bringen. Leider sei in Deutschland in der breiten Öffentlichkeit darüber bislang wenig geredet worden. "Auch hier fühlen wir uns als öffentlich-rechtlicher Sender in die Verantwortung genommen," sagte der Intendant. Kurz vor der feierlichen Proklamation der Charta beim Treffen der europäischen Staats- und Regierungschefs in Nizza gebe es reichlich Diskussionsbedarf. So sei es beispielsweise offen, ob der Wertekanon eine relativ unverbindliche Absichtserklärung bleibe oder einen ersten Schritt auf dem Weg zu einer europäischen Verfassung darstelle.
Axel R. Bunz würdigte die Leistung des Konvents unter Vorsitz des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog. Diesem sei es in erstaunlich kurzer Zeit, nämlich in nur eineinhalb Jahren, gelungen, trotz unterschiedlicher Grundrechts- und Verfassungstraditionen in den 15 EU-Mitgliedsstaaten, die Charta zu entwerfen. Nicht alle Erwartungen hätten erfüllt werden können. Dies gelte insbesondere für die sog. sozialen Grundrechte, deren Formulierung der einen Seite nicht weit genug gegangen sei, während sich die andere eine umfassendere Darstellung gewünscht hätte. Bunz wies darauf hin, dass die Proklamation der Charta in Nizza nicht nur symbolische Wirkung habe. Auch ohne Verankerung in den Verträgen werde diese eine erhebliche juristische Bedeutung erlangen für die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, vor allem aber auch durch das politische Handeln der Gemeinschaftsorgane Kommission, Parlament und Ministerrat. Den Bürgern biete die Charta darüber hinaus mehr Rechtssicherheit.
Wozu braucht Europa einen gemeinsamen Grundrechtekatalog? Können sich Unionsbürger in Zukunft darauf berufen und ihre Rechte einklagen? Was ist die "körperliche und geistige Unversehrtheit des Menschen" wert angesichts der revolutionären Möglichkeiten der Biotechnologie? Wie kann der Schutz personenbezogener Daten im Internet garantiert werden? Und welche Bedeutung haben die sozialen Grundrechte? Dies sind einige der zen-tralen Fragen des hochkarätigen Forums auf dem Bonner Petersberg, bei dem sich mehr als 350 Politiker, Experten, Wissenschaftler und Journalisten mit Inhalt, Bedeutung und Zielen des neu entworfenen Wertekanons befassen, darunter der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck, Bischöfin Maria Jepsen, der Europaabgeordnete Daniel Cohn-Bendit, der Präsident des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Gil Carlos Rodriguez Iglesias, der Vizepräsident des Europäischen Parlaments Dr. Ingo Friedrich, der Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Georg Ress, und Prof. Dr. Christian Tomuschat, Institut für Völker und Europarecht der Humboldt-Universität Berlin.
Hinweis: PHOENIX VOR ORT sendet heute, Freitag, 1. Dezember, von 15.30 - 17.45 Uhr die Eröffnung der Tagung durch Fritz Pleitgen und Axel R. Bunz, den Workshop "Der Wert des Wertekanons - Was bringt die Charta für den Bürger?", moderiert von Helga Kirchner, Chefredakteurin Hörfunk des WDR, sowie die Podiumsdiskussion "Inhalt, Bedeutung und Zukunft der Europäischen Grundrechtscharta", moderiert von Fritz Pleitgen.
Weitere Information unter http://www.wdr.de/online/eucharta/index.phtml
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