Das Erste, Donnerstag, 15. März 2001, 21.45 bis 22.30 Uhr
Politische Morde
Mord im Kolonialstil - Patrice Lumumba, eine afrikanische Tragödie (Nominiert für den Grimme Preis)
Köln (ots)
Ein Film von Thomas Giefer
"Wir haben die Körper in Stücke geschnitten. Der größte Teil wurde in Salzsäure aufgelöst, den Rest haben wir verbrannt." Gerard Soete, ein belgischer Polizeikommissar, erzählt vom grausigen Ende des ersten kongolesischen Ministerpräsidenten Lumumba und seiner zwei Minister Okito und Mpolo. Jahrzehntelang hat er geschwiegen - so wie die meisten anderen Beteiligten an diesem kaltblütigen Mord, der im Herzen Afrikas ausgeführt, jedoch in westlichen Metropolen beschlossen und geplant wurde.
Aufstieg und Fall Lumumbas sind ein historisches Drama im Zeitraffer. Seine Amtszeit als Premier des unabhängig gewordenen Kongo dauert gerade drei Monate und ist vom ersten Tag an von Meutereien, Stammesfehden und Abspaltungen ganzer Landesteile geprägt - meist unter Anleitung und Mitwirkung der alten Kolonialmächte. Beispielhaft ist die Sezession der reichsten Region, Katanga, unter Moise Tschombé, der von den Belgiern massiv unterstützt wird. Vergeblich ruft Lumumba Amerika und die UNO zu Hilfe, als er schließlich sowjetische Hilfe für die Niederschlagung der Sezession akzeptiert, ist sein Schicksal besiegelt. Der unabhängige Politiker wird als "kommunistisches Sicherheitsrisiko" eingestuft und auf die Liquidierungslisten von CIA und belgischem Geheimdienst gesetzt. Von seinem Konkurrenten Kasavubu abgesetzt, wird er von seinem ehemaligen Mitstreiter Mobutu gefangen genommen und an seinen Todfeind Tschombé ausgeliefert: Das Bild des gefesselten und geprügelten afrikanischen Volkshelden geht um die Welt. Was folgt, ist ein Grusel-Szenario: Vor den Augen des Kabinetts von Katanga wird Lumumba nächtlich auf einer Waldlichtung ermordet.
Erst heute - 40 Jahre später - sind die meisten Beteiligten bereit, offen zu reden - Mörder, Handlanger und Hintermänner dieser finsteren Tragödie. Doch Mitleid oder Schuldbewusstsein wird man vergeblich erwarten. In den Augen der alten Kolonisten und Geheimagenten hat der "unbeugsame Lumumba" sein Schicksal selber verschuldet.
"Nachdem er tot ist, hört Lumumba auf, eine Person zu sein. Er wird zu ganz Afrika." Sartres berühmter Satz bringt es auf den Punkt: Die Ermordung Lumumbas am 17.1.1961 hat den Propheten der afrikanischen Einheit zu einer mythischen Gestalt gemacht. Und als Mythos hat Lumumba alle seine Gegner überlebt.
Redaktion Heribert Blondiau
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