WDR Fernsehen, Freitag 19. Oktober 2001, 23.00 - 1.45 Uhr
Köln (ots)
Die KLAUS KINSKI - KULTNACHT
Zum 75. Geburtstag (18.10.) und zum 10. Todestag (23.11.) des Schauspielers präsentiert das WDR Fernsehen:
23.00 Uhr: "Mein liebster Feind"
ein Film von Werner Herzog
Länge 90 Minuten, 35 mm
Eine Co-Produktion von Werner Herzog Filmproduktion, München; Zephir Film, Düsseldorf; Café Productions, London; in Zusammenarbeit mit WDR, ARTE, BR, YLE Finnland; mit Unterstützung von Independent Film Channel NY; Filmstiftung Nordrhein-Westfalen
"Jesus hat eine Peitsche genommen und ihm in die Fresse gehauen!...du dumme Sau!" Zwei riesige stechende Augen und eine der charakteristischsten Mundpartien, die je eine Schauspielervisage ausgezeichnet hat, giften von der Bühne herunter.
Klaus Kinski war für seine kolossalen, frenetischen Wutausbrüche berüchtigt. Immer wenn er sich in seinem unberechenbaren Perfektionismus beleidigt sah, suchte er sich ein Opfer - mal den Kameraassistenten, mal einen Statisten - um seine hohe Kunst der Tobsucht an ihm auszuleben.
Es gab vielleicht nur einen Einzigen, der die genialische Wut des Schauspielers zulassen und zugleich bändigen konnte: den Regisseur Werner Herzog. Fünf Filme drehte er mit Kinski in der Hauptrolle. Durch die Symbiose, die dabei zwischen ihnen entstand, durch ihre Hassliebe, wurden beide berühmt. Sie waren das Duo Infernale des deutschen Films.
Fast zehn Jahre nach Kinskis Tod hat sich Werner Herzog noch einmal auf die Spuren ihres gemeinsamen Wirkens begeben. An den früheren Drehorten erzählt er aus seiner Perspektive und voller subtiler Ironie die Höhe- und Tiefpunkte ihrer Zusammenarbeit. Dazwischen zeigt er immer wieder Filmausschnitte und Aufnahmen von Dreharbeiten und erinnert sich gemeinsam mit Claudia Cardinale und Eva Mattes an Kinskis "Kehrseiten", seine Fähigkeit zur emotionalen Wärme und Zärtlichkeit.
Kennen gelernt haben sich Herzog und Kinski in München, wo der 13-jährige Herzog durch Zufall auf derselben Etage wie der junge Theaterschauspieler wohnte. Mit einem schüchternen Lächeln auf dem Gesicht erzählt Herzog dem heutigen, höchst distinguierten
Besitzer der Wohnung, wie Kinski damals das Bad zertrümmerte, Türen eintrat und wilde Zuckungen bekam, wenn die Wirtin, die ihn aus Großmut umsonst dort wohnen ließ, seine Hemdkrägen nicht ordentlich genug gebügelt hatte. Herzog hätte sich nicht träumen lassen, dass er einmal mit diesem Monstrum zusammen fünf Filme drehen würde.
Ein Ausschnitt aus dem Spielfilm "Fitzcarraldo": Kinski sitzt, umringt von Indianern, mit misstrauisch rollenden Augen zu Tische, während in seinem Rücken ein Häuptling über ihn spricht. In der Dokumentation erzählt Herzog, dass derselbe Häuptling nach den Dreharbeiten ihm, vor dessen Ruhe die Indianer mehr Respekt verspürten, angeboten hätte, den Tobsüchtigen zu töten - Herzog lehnte dankend ab. Er selbst allerdings war es, der ein andermal Kinski durch Mordandrohung daran hinderte, die Dreharbeiten abzubrechen. Kinski schrie sofort nach der Polizei - mitten im Urwald - aber er blieb und arbeitete fortan diszipliniert weiter.
Ich kann durch ihn hindurchsehen wie durch Wasser, verrät Herzog. Warum sie zusammenarbeiten, werden sie auf einem Festival gefragt. Weil er verrückt ist, erwidert Kinski sofort, genauso wie ich. Das unausgesprochene gemeinsame Einverständnis, so weit zu gehen wie möglich, der Größenwahn, den sie sich gegenseitig bescheinigten, kettete sie aneinander. Heute erinnert sich Herzog seines geliebten Feindes, dessen Ausstrahlung von "bedingungsloser Professionalität" ihm manchmal fehlt.
Fünf Filme drehten Herzog und Kinski zusammen: Aguirre, der Zorn Gottes (1972), Nosferatu (1978), Woyzeck (1978), Fitzcarraldo (1981) und Cobra Verde (1987). Einen weiteren Film hätte es noch geben können. Allerdings weigerte sich Herzog, bei Kinskis hemmungslos egomanischem Paganini-Projekt Regie zu führen.
Nachdem die Wege Herzogs und Kinskis auseinander gingen, zog sich Werner Herzog nach San Francisco zurück und arbeitete sehr erfolgreich im Bereich des Dokumentarfilms, vor allem für die BBC.
In Venedig präsentierte er bei den Filmfestspielen The Invincible, "Der Unbesiegbare", (auch für WDR und ARTE) die Geschichte eines starken August auf Jahrmärkten, eines Hünen, der, weil er Jude war, nicht allein auf seine Stärke bauen konnte.
Werner Herzog gewann zahlreiche Preise für seine Filme, u.a. 1968 den Silbernen Bären für den besten Debütfilm, "Lebenszeichen", 1975 in Cannes den Sonderpreis der Jury für "Jeder für sich und Gott gegen alle", 1977 den Preis der Filmkritik für "Stroszek" und 1982 für "Fitzcarraldo" den Preis für die beste Regie in Cannes.
0.30 Uhr: "Klaus Kinski -
Ich bin kein Schauspieler"
ein Film von Christoph Rüter
Länge 45 Minuten, Deutschland 2000
Er war alles: Poet, Prophet, Künstler, Cowboy, Christus, Gott, Wahnsinniger. Vielleicht war er zu begabt, zu sinnlich, zu empfindlich für dieses Leben; ganz sicher war er einer der begnadetsten und begabtesten Schauspieler auf deutschen Bühnen und vor der Kamera.
1946 bekam er als Zwanzigjähriger sein erstes Theater-Engagement, spielte u.a. unter der Regie von Fritz Kortner. Ende der vierziger Jahre wurde er auch für den Film entdeckt, seine Auftritte in den Edgar Wallace Verfilmungen, in den Italowestern an der Seite von Clint Eastwood, Claudia Cardinale, Romy Schneider, Mario Adorf u.v.a. begründeten seinen Weltruhm, der dann durch die legendären Rollen in den Werner Herzog Filmen abgerundet wurde. Kinski sagte über den Schauspieler Kinski, "ich spiele nicht, ich bin das". Vielleicht liebte er vor allem seine Auftritte vor großer Menge als Christus oder seine berühmtberüchtigten Rezitationsabende mit Gedichten von Rimbaud und Villon. Nie wieder hat jemand so verführerisch ins Mikrophon gehaucht: "Ich bin so wild nach Deinem Erdbeermund", wie Klaus Kinski. Sein Publikum hat ihn dafür geliebt und auch gehasst.
1.15 Uhr: Je später der Abend...
Reinhard "Münchhausen" interviewt Klaus Kinski (nicht).
Länge 30 Minuten
2. Juli 1977 - Showdown im Studio B des Westdeutschen Rundfunks. Gerade hatte Reinhard Münchenhagen eine gemütliche Plauderei mit dem DDR-Schauspieler Manfred Krug hinter sich. Nun sollte ein Mann interviewt werden, von dem man "in Deutschland schon länger nichts mehr gehört hat", so die Anmoderation des Talkmasters. Tatsächlich ist es Reinhard
Münchenhagen dann auch gelungen, eine Frage zu stellen - allerdings nur eine einzige. Was danach kam, gehört zu den denkwürdigsten Beispielen von Nicht-Interviews, die jemals im deutschen Fernsehen zu sehen waren.
Redaktion Matthias Kremin
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