"Plusminus"-Umfrage: Rettungsdienste in Deutschland oft zu spät - NRW-Städte Mönchengladbach und Bottrop schneiden am besten ab
Köln (ots)
Rettungsdienste in Deutschland brauchen oft 12 Minuten oder länger bis sie beim Notfallpatienten eintreffen. Notärzte halten solche Einsatzzeiten für viel zu lang und fordern eine Hilfsfrist von maximal 8 Minuten ab dem Notruf bis zum Eintreffen am Einsatzort. Mindestens jede dritte deutsche Großstadt leistet sich dagegen Einsatzzeiten, die anderthalb bis doppelt so lang sind wie die von Notärzten geforderte. Das ergaben Recherchen des ARD-Wirtschaftsmagazin "Plusminus" (Das Erste, 9. März 2016, 21.45 Uhr). Professor Matthias Fischer vom Deutschen Rat für Wiederbelebung: "Aus notfallmedizinischer Sicht ist es besonders wichtig bei zeitkritischen Krankheitsbildern, wie dem Herz-Kreislauf-Stillstand, möglichst schnell die Hilfe zu organisieren." Dabei zähle jede Minute, deswegen fordern die Mediziner innerhalb von 8 Minuten vor Ort zu sein und das in 85% der Einsätze. "Eine Hochrechnung von uns zeigt, dass, wenn wir diese Hilfsfrist bundesweit umsetzen können, bis zu 1000 Menschenleben pro Jahr mehr gerettet werden könnten", so Fischer weiter. Bundesweit einheitliche Vorgaben, wie schnell Rettungsdienste den Einsatzort erreichen müssen, gibt es nicht. Mindestens 25 Großstädte erlauben nach der Anfrage von Plusminus 12 bis 15 Minuten bis zum Eintreffen. Verwertbare Rückmeldungen erhielt die "Plusminus"-Redaktion (WDR) für 44 der 76 befragten Städte. In Nordrhein-Westfalen gilt keine eindeutige gesetzliche Vorgabe der Landesregierung. Aus der Begründung des Rettungsgesetzes von 1992 und der Rechtsprechung leiten die meisten Großstädte ab, dass eine Eintreffzeit für Rettungswagen von 8 Minuten in 90 Prozent der Einsätze einzuhalten sei. Dass dies zu schaffen ist, zeigt das Beispiel Mönchengladbach. Die Helfer halten nach eigenen Angaben die 8 Minuten seit Jahren in 90 Prozent der Einsätze ein und sind oft sogar noch deutlich eher vor Ort. Auch Bottrop kann den gesteckten Zeitrahmen halten. In Baden-Württemberg soll die Hilfsfrist "nicht mehr als 10, höchstens 15 Minuten" dauern. Hier orientieren sich die Rettungsdienste jedoch an den 15 Minuten und selbst die wurden oft nicht erreicht. "Plusminus" liegen Fälle vor, wonach die Retter bis zu 24 Minuten bis zum Einsatzort brauchten. Besonders drastisch sind die Zahlen die Berlin angibt: Zwar sollen die Rettungsfahrzeuge innerhalb von 8 Minuten am Ort sein. Das gelingt aber seit Jahren nur in weniger als 50 Prozent der Einsätze. 2014 kamen die Helfer sogar nur in 39 Prozent der Einsätze innerhalb von 8 Minuten. Für Stadt und Land haben Experten im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen zuletzt für 2012/13 ermittelt, dass die notfallmedizinisch geforderten 8 Minuten bundesweit nur in 61 Prozent der Einsätze eingehalten werden. Dabei geht der Trend seit Jahren zu schlechteren Werten. Auf Anfrage von "Plusminus" erklärt die Bundesregierung, Rettungsdienste seien Sache der Länder. Wörtlich: "Sollte die Angleichung der Hilfsfristen zwischen den Ländern für erforderlich gehalten werden, müsste diese von den Ländern selbst ausgehen." Es bleibt also Ländern, Städten und Gemeinden überlassen, ob sie ihren Rettungsdiensten genug Geld geben, um mehr Menschenleben retten zu können. presse.wdr.de ard-foto.de
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