Rundfunkrat: EG-Fernsehrichtlinie neuen technologischen Entwicklungen anpassen
Aachen/Köln (ots)
Stellungnahme zu Fragen europäischer Medienpolitik bei öffentlicher Sitzung in Aachen verabschiedet
Mit Fragen der europäischen Medienpolitik hat sich der Rundfunkrat des WDR unter Vorsitz von Reinhard Grätz intensiv in seiner - neunten öffentlichen - Sitzung in Aachen befasst. Dabei verabschiedete das Gremium eine Stellungnahme zu aktuellen Themen wie der EG-Richtlinie "Fernsehen ohne Grenzen", dem Europäischen Verfassungskonvent und internationalen Fragen wie den Auswirkungen der derzeitigen Liberalisierungsverhandlungen im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO). Neben Intendant Fritz Pleitgen hatten zuvor die Europaabgeordneten und Rundfunkratsmitglieder Ruth Hieronymi und Karin Junker sowie die Leiterin des ARD-Verbindungsbüros in Brüssel, Verena Wiedemann, über die neuesten Entwicklungen berichtet.
Der Rundfunkrat unterstützt in der Stellungnahme aktuelle Überlegungen, die Fernsehrichtlinie zu überarbeiten und neuen technologischen Entwicklungen anzupassen. Ausdrücklich spricht er sich dafür aus, den bislang auf das klassische Fernsehen beschränkten Anwendungsbereich der Richtlinie behutsam auszuweiten, so dass auch Abrufdienste und interaktive Angebote erfasst werden. Des weiteren plädiert das Gremium für die unverschlüsselte Ausstrahlung von Fußball-Welt- und Europameisterschaften sowie der Olympischen Spiele innerhalb der Europäischen Union. Dies sei in "einer europäischen Listenregelung gemeinschaftsweit derart festzuschreiben, dass diese Ereignisse der breiten Öffentlichkeit frei empfangbar zugänglich sind", heißt es wörtlich.
In diesem Zusammenhang betont der Rundfunkrat die herausragende Bedeutung eines freien, unverschlüsselten grenzüberschreitenden Empfangs von Fernsehdiensten für die europäische Integration: "Es gilt, jeweils nationale Abschottungen zu vermeiden und für einen europaweiten free flow of information zu sorgen." Dabei seien die kommerziellen Verwertungsinteressen der Rechteinhaber in Einklang zu bringen mit den Interessen der europäischen Öffentlichkeit an einem freien und grenzüberschreitenden Informationszugang.
Mit Blick auf den Europäischen Verfassungskonvent hebt der Rundfunkrat hervor, dass das mit dem Amsterdamer Vertrag eingeführte Protokoll zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk eine entsprechende Würdigung im zukünftigen Verfassungsvertrag erfahren müsse. Das Protokoll regelt die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die nationalen Rundfunksysteme. Zugleich plädiert das Gremium dafür, nicht an den bisherigen Zuständigkeiten im Rahmen der gemeinsamen Handelspolitik mit Blick auf den kulturellen und audiovisuellen Sektor zu rütteln: "Ansonsten droht, dass die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten in den sensiblen Bereichen der Kultur und Medien durch internationale Vereinbarungen untergraben wird."
Hinsichtlich der weltweiten Liberalisierungsverhandlungen vertritt der Rundfunkrat die Auffassung, dass der Handlungsspielraum der EU und der Mitgliedstaaten im audiovisuellen und kulturellen Sektor zu wahren und auch in den weiteren Verhandlungen nicht durch Liberalisierungszugeständnisse zu schmälern sei. Dies gelte insbesondere auch für den Bereich der Musik, der untrennbar mit dem übrigen audiovisuellen Sektor verknüpft ist. Musik sei in besonderer Weise identitätsstiftend und Ausdruck kultureller Vielfalt. Gerade hier leisteten die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten mit ihren vielfältigen Musikangeboten einen wichtigen Beitrag.
Schließlich unterstützt der Rundfunkrat die Bemühungen zu einer internationalen Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt unter dem Dach der UNESCO. Ziel müsse es sein, Vielfalt und Nachhaltigkeit im kulturellen Sektor politisch aufzuwerten und dafür ein internationales Gremium zu schaffen, das auch im Zusammenhang mit dem Dienstleistungsabkommen (GATS) berücksichtigt werde.
Hinweis: Die Stellungnahme des Rundfunkrates zu Fragen der europäischen Medienpolitik kann bei der WDR-Pressestelle angefordert werden.
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Rüdiger Oppers WDR-Unternehmenssprecher Tel. 0221/220 2405
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