Recherchen von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung:
AfD soll mehr als 500.000 Euro Strafe zahlen
Köln (ots)
Die AfD hat an diesem Donnerstag nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung gleich zwei Strafbescheide der Bundestagsverwaltung wegen illegaler Parteispenden aus der Schweiz erhalten: Im Fall illegaler Zuwendungen zugunsten des Wahlkampfes 2017 von Alice Weidel geht der Strafbescheid über exakt 396.016,56 Euro. Im zweiten Fall hat die Bundestagsverwaltung nun nach langer Prüfung entschieden, dass die Partei für einen von der Schweizer Werbeagentur Goal AG bezahlten Kongress in Düsseldorf 2016 ebenfalls den dreifachen Wert der eingegangenen Spendensumme als Strafe entrichten muss: 108.412,80. Den Kongress hatte der frühere Landesvorsitzende der AfD Nordrhein-Westfalen, Marcus Pretzell gemeinsam mit der FPÖ veranstaltet. Pretzell ist kein Parteimitglied mehr und wollte sich auf Anfrage zunächst nicht äußern. Die Bundestagsverwaltung bestätigte die Strafbescheide.
Die Bundestagsverwaltung sieht es im Fall um Alice Weidel und den Kreisverband Bodenseekreis als erwiesen an, dass die Spende einer Schweizer Pharmafirma über 132.000 Euro zu Unrecht angenommen worden ist. Das Geld war in 18 Tranchen auf dem Konto des Kreisverbandes von Alice Weidel eingegangen und war ihrem Wahlkampf als Spitzenkandidatin für die vergangene Bundestagswahl gewidmet. Vor einem Jahr bereits hatte die Bundestagsverwaltung die AfD darüber informiert, dass sie davon ausgehe, dass die Spende illegal erlangt worden sei. Die AfD hatte Anfang des Jahres dagegen argumentiert. Bei der Spende handele es sich um eine persönliche Zuwendung an Weidel, so hieß es damals in dem Schriftsatz, mit dem die Partei versuchte, eine empfindliche Strafzahlung abzuwenden.
Zwei Jahre ist es her, dass Recherchen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" (SZ) enthüllt hatten, dass der AfD-Kreisverband Bodensee eine mutmaßlich illegale Parteispende in Höhe von 132.000 Euro von einer Züricher Pharmafirma erhalten hatte - in 18 Tranchen und aus dem Nicht-EU-Ausland, was verboten ist. Das Geld war etwa ein Dreivierteljahr auf einem Unterkonto des Kreisverbandes Bodenseekreis verblieben und dann doch an die Pharmafirma zurücküberwiesen worden. Die Bundestagsverwaltung, aber auch die Bundes- und Landesebene der AfD hatten davon nichts erfahren.
Das Geld stammte offenbar nicht von der Pharmafirma. Recherchen von WDR/NDR/SZ und auch dem Spiegel führten von der Schweizer Firma hin zu dem mutmaßlich wahren Geldgeber, dem Milliardär Henning Conle, der in Zürich und London lebt. Zu ihm hatten nachgereichte Namenslisten der dann angeblich wahren Spender geführt, die den Recherchen zufolge die Namen von Strohleuten enthielten. Solche Listen hatte die AfD schließlich bei der Bundestagsverwaltung eingereicht, und zwar nicht nur in diesem Fall. Auch im Fall von Zuwendungen zugunsten des Parteichefs Jörg Meuthen und des Europaabgeordneten Guido Reil, die über die Schweizer Werbefirma GOAL AG abgewickelt wurden. In allen drei Fällen führte die Spur der falschen Spendernamen ins Umfeld von Milliardär Conle.
AfD-Bundesschatzmeister Carsten Hütter bestätigte den Eingang zweier Schreiben und erklärte, zumindest in einem Fall werde eine Klage geprüft. Weidels Strafverteidiger Gerhard Strate erhebt gegenüber WDR, NDR, SZ schwere Vorwürfe: Die Strafbescheide zielten darauf ab, "die Entscheidung der Konstanzer Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren gegen meine Mandantin Alice Weidel vorwegzunehmen und zu beeinflussen".
Der Zahlungsbescheid der Bundestagsverwaltung liegt WDR, NDR und SZ vor. Aus diesem ergibt sich, dass der wahre Spender tatsächlich der Milliardär Henning Conle war, zu dem bereits Recherchen von WDR, NDR und SZ geführt hatten. Kontounterlagen aus der Schweiz würden dies belegen. Darüber hinaus könne den Dokumenten entnommen werden, dass das von der AfD zurücküberwiesene Geld in Höhe von 123.324,21 Euro nicht an den Spender Conle zurückgegangen sei. Dieses Geld sei, so die Bundestagsverwaltung, in dem Bescheid an die AfD, "in mehreren Transaktionen mit diversen Verwendungszwecken an verschiedene Personen beziehungsweise Konten überwiesen" worden. Der Spender habe sich auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft Konstanz zu dem Vorgang, insbesondere zu der Frage des Spendenadressaten, nicht geäußert.
Von Sebastian Pittelkow (NDR) und Katja Riedel (WDR)
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