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WDR-Veranstaltung "1933 - Der Kölner Rundfunk wird braun"
Pleitgen: "Politisches Programm im heutigen Sinne nicht möglich"
Köln (ots)
Köln, 12.11.2003. "1933 - Der Kölner Rundfunk wird braun" so der Titel einer WDR-Veranstaltung, die heute im Funkhaus Wallrafplatz stattfindet. Der WDR ergänzt damit die öffentliche Veranstaltungsreihe "Köln wird braun" um das Thema Rundfunk.
"Viele Unternehmensdarstellungen überspringen das Dritte Reich und überdecken diese Zeit mit dem Mantel des Schweigens. Das ist kurzsichtig. Denn es sind nicht zuletzt die historischen Tiefpunkte, aus denen man für die Zukunft lernen kann," sagte WDR-Intendant Fritz Pleitgen bei der Eröffnung des Abends. Während die Weimarer Zeit gut dokumentiert sei, habe man für die Zeit zwischen 1933 und 1945 eine "desolate Quellenlage", merkte Pleitgen an. Bereits in der Weimarer Republik hätte es unabhängigen Rundfunk nach heutigem Verständnis nicht gegeben, da dieser über Aktienbeteiligungen fest in der Hand des Staates gewesen sei. "Durch die Praxis der Zensur - sei sie direkt oder indirekt - war ein politisches Programm im heutigen Sinne nicht möglich," sagte Fritz Pleitgen. Die Rundfunkreform von 1932 habe dann die Weichen für eine endgültige Verstaatlichung des deutschen Rundfunks gestellt, was sich die Nationalsozialisten im Gleichschaltungsprozess zunutze gemacht hätten. "Lehrreich ist auch die Manipulationsfähigkeit der damaligen Hörer," so Pleitgen. Den Nationalsozialisten sei es problemlos gelungen, durch leichte Unterhaltung Akzeptanz in der Bevölkerung zu gewinnen. "Es ist schmerzhaft zu sehen, in welchem Maße Unterhaltung als Ersatz für politische und gesellschaftliche Mitbestimmung instrumentalisiert - und auch willig angenommen wurde," sagte Pleitgen.
Das Historische Archiv und die Öffentlichkeitsarbeit des WDR haben für diesen Abend ein historisches Kaleidoskop in Form von Radio- und Filmbeispielen, Dias und Musik aus der Geschichte der "Westdeutschen Funkstunde AG" (1924-1926), der "Westdeutschen Rundfunk AG" (1926- 1933) und aus der Geschichte des "Reichssenders Köln" (1934-1945) zusammengetragen. Zahlreiche Dokumente seien erstmals zu hören, so Pleitgen. Es handele sich dabei Archivalien, die vom Reichssender Köln nach Berlin geschickt und von dort aus durch die Russen nach Moskau geschafft worden waren. Vorgetragen werden sie u.a. von den beiden bekannten Rundfunksprechern Charly Wagner und Jakob Poisz. WDR-Autorin Eva Weissweiler stellt Zeitdokumente über den Intendanten der Westdeutschen Rundfunk AG Ernst Hardt und über die WERAG vor. Unter anderem den Film "Ein Tag im Funkhaus" von 1928. Birgit Bernard, Leiterin des Historischen Archivs im WDR, berichtet über die personellen Konsequenzen der "Gleichschaltung" im Jahr 1933 mit einem Porträt des neuen Intendanten Heinrich Glasmeier. Dazu wird ein Filmbeitrag zur Amtseinführung Glasmeiers durch Joseph Goebbels gezeigt. WDR-Intendant Fritz Pleitgen: "Nachdenklich stimmt uns das Schicksal des Intendanten Hardt...ein Mann, der auch gegenüber den Nationalsozialisten für seine Linie, seine Programmphilosophie und seine Mitarbeiter eingetreten ist. Es wundert daher nicht, dass er zu denjenigen gehörte, die zuerst entlassen wurden."
Der Westdeutsche Rundfunk wird zum 50. Jahrestag seines Bestehens Anfang 2006 eine umfassende Darstellung seiner Geschichte herausgeben. "Natürlich hätten wir es uns einfach machen können. Die Geschichte des selbständigen WDR würde erst 1956 beginnen. Aber ich habe großen Wert darauf gelegt, die Rundfunkgeschichte in Westdeutschland gerade in der Weimarer Zeit und der NS-Zeit einzubeziehen," so Pleitgen zu diesem "anspruchsvollen publizistischen Projekt".
Rückfragen Annette Metzinger, WDR-Pressestelle Telefon 0221/220-2770
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