Rundfunkrat fordert deutliches Signal in Richtung Brüssel Zukunftsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sichern
Köln (ots)
WDR-Pressemitteilung: Rundfunkrat appelliert an Bund und Länder, ihre Kompetenzen und ihren Handlungsspielraum in der Medienpolitik zu nutzen und in Richtung Brüssel ein deutliches Signal zu senden. In der europäischen Medienpolitik muss ein Weg beschritten werden, der den öffentlich-rechtlichen Rundfunk teilhaben lässt an den Zukunftschancen der audiovisuellen Entwicklungen, heißt es in einem Positionspapier, das das Gremium unter Vorsitz von Reinhard Grätz in seiner jüngsten Sitzung in Köln verabschiedete. Zuvor hatte sich der Rundfunkrat ausführlich mit europäischen Themen befasst, darunter den Blauen Brief aus Brüssel zu Beschwerden privater Anbieter. Die darin formulierte vorläufige Rechts-Auffassung der Generaldirektion Wettbewerb gebe Anlass zu der Befürchtung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk mit Mitteln des Beihilferechts in seiner Aufgabenerfüllung und seinem Tätigkeitsbereich eingeschränkt werden solle. So wird in dem Brief auch die Frage aufgeworfen, ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk neue Dienste wie Mobilfunk überhaupt nutzen dürfe. Einem Eingriff der Europäischen Kommission - entgegen dem Geist des Amsterdamer Protokolls über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft - in die Rundfunkhoheit der Länder müsse mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln begegnet werden.
Der Rundfunkrat erinnerte an frühere Entscheidungen der Europä- ischen Kommission, bei der die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für demokratische Meinungsbildung, sozialen Zusammenhalt, kulturelle Vielfalt und Meinungspluralismus durchaus anerkannt worden sei. So habe die Kommission im Jahr 2001 einen 24-Stunden- Nachrichtenkanal der BBC mit der Begründung genehmigt, dass dieser dem Publikum mehr Auswahl verschaffe und durch gründlichere Analysen dazu beitrage, den Medienpluralismus zu schützen. Jüngste Äußerungen der Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes ließen befürchten, dass das Amsterdamer Protokoll nun lediglich für herkömmlichen Rundfunk Anwendung finden solle, neue Medien wie Online teilweise ausgeschlossen wären. Kritisch äußerte sich das Gremium zum Bemühen der Kommission, alle audiovisuellen Dienste dem Anwendungsbereich der sog. Dienstleistungsrichtlinie zuzuordnen. Eine solche Einordnung werde dem Doppelcharakter dieser Dienste als Wirtschafts- und zugleich Kulturgut nicht gerecht.
Stattdessen forderte der Rundfunkrat die längst überfällige Wei- terentwicklung der Richtlinie Fernsehen ohne Grenzen in eine zeitgemäße und zukunftsorientierte Inhalte-Richtlinie. Diese solle gewährleisten, dass die Inhalte-Regulierung technologieneutral sei, d.h. nicht auf den Übertragungsweg oder die Art der Übertragung abgestellt würde, sondern auf die publizistische Wirkung der übertragenen Inhalte.
Der öffentlich-rechtliche Rundfunk sei Teil eines Solidarsystems innerhalb des europäischen Gesellschaftsmodells, heißt es weiter. Eine Studie des Hans-Bredow-Instituts habe die Gefahr einer Einengung des Themenspektrums im Internet und einen damit verbundenen Verlust von gesellschaftlichem Diskurs über relevante Fragen aufgezeigt. Eine kommerziell betriebene Vielzahl von Angeboten garantiert bekanntlich keine Vielfalt, heißt es. Öffentlich- rechtliche Anbieter müssten daher einen angemessenen Zugang zum Inhalte-Markt erhalten. Das Gremium wies in diesem Zusammenhang auf die hohe kulturwirtschaftliche Bedeutung der Öffentlich-Rechtlichen hin, die eine große Zahl und Vielfalt von Arbeitsplätzen sowie eine Vielzahl von lebendigen Kulturereignissen schaffe.
Hinweis: Das Positionspapier Wider das Primat des Wettbewerbsrechts des Rundfunkrats ist bei der Pressestelle abrufbar, Tel. 0221/220-4603.
Rückfragen: Rüdiger Oppers, Unternehmenssprecher Tel. 0221-220-2405
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