WDR europa-forum in Straßburg - EU-Kommissarin Ferrero-Waldner kündigte lange und schwierige Verhandlungen über EU-Beitritt der Türkei an
Köln (ots)
Straßburg, 28.09.2005 - Wenige Tage vor dem Beginn der Beitritts- verhandlungen der Europäischen Union (EU) mit der Türkei hat die EU- Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik, Benita Ferrero-Waldner, lange und schwierige Debatten voraus gesagt. Das Ergebnis der Verhandlungen sei völlig offen, sagte Ferrero-Waldner beim wdr europa-forum am Mittwoch in Straßburg. Um Vollmitglied der EU zu werden, müsse die türkische Regierung die bereits begonnenen Reformen weiter vorantreiben. Die Verhandlungen sollen am 3. Oktober beginnen.
«Die Türkei muss sich Europa annähern», sagte Ferrero-Waldner. Vor allem die Achtung der Menschenrechte, der Schutz von Minderheiten, die Reform der Justiz, eine friedliche Lösung des Konflikts mit den Kurden sowie der Schutz von Frauen vor Diskriminierung müssten von der türkischen Regierung garantiert werden. Dies sei bislang nicht der Fall. «Derzeit sind alle Fragen offen», sagte Ferrero-Waldner. Die EU habe der Türkei jedoch bereits im vergangenen Dezember ihr Wort gegeben, über einen EU-Beitritt des Landes zu verhandeln.
Die Gespräche mit der Türkei sind nach Angaben der Kommissarin auf mindestens zehn Jahre veranschlagt. Das Ziel der Vollmitgliedschaft der Türkei ist umstritten und wird in Deutschland unter anderem von CDU und CSU abgelehnt. Bereits am Dienstag hatte sich Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) beim wdr europa-forum für einen Beitritt der Türkei ausgesprochen.
«Die Türkei darf nicht Mitglied der EU werden», sagte dagegen Ingo Friedrich (CSU), Vizepräsident des Europäischen Parlaments. Nach einem Regierungswechsel werde Deutschland seine Position ändern. Der Europaabgeordnete Elmar Brok (CDU) sagte, jetzt müsse es darum gehen, Europa zu stabilisieren. Erst wenn das geschehen sei, könne über neue Mitglieder diskutiert werden. Die Türkei sei in ihrer Substanz nicht gefestigt und stelle für die EU daher eine Gefahr dar.
«Die Türkei ist auf dem richtigen Weg. Die EU muss sie dabei unterstützen», meinte dagegen der Europaabgeordnete Daniel Cohn- Bendit (Grüne). Durch den Start von Beitrittsverhandlungen würden die Reformkräfte in der Türkei gestärkt.
Die in Deutschland geführte Diskussion über einen Türkei-Beitritt sei gefährlich. «In der Türkei-Debatte dürfen keine Ängste und Vorurteile transportiert werden», sagte Cohn-Bendit. Der Grünen- Abgeordnete Cem Özdemir sagte, derzeit erfülle die Türkei nicht die Voraussetzungen für einen Beitritt. Durch den Beginn der Beitrittsverhandlungen werde die Türkei aber unter Druck gesetzt, sich zu demokratisieren.
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