FZ: Lasst es einfach sein! Kommentar der Fuldaer Zeitung zur Steuersenkungs-Debatte
Fulda (ots)
Als hätte es in Berlin und München immer noch niemand begriffen, dass die Debatte um Steuersenkungen in Zeiten wie diesen bei vielen Wählern eher Brechreiz auslöst als Applaus, treiben die Protagonisten der Koalition täglich eine neue Sau durchs Dorf - manchmal sogar zwei oder drei. Weil absehbar ist, dass die Beseitigung der "kalten Progression" von denen, die die Zeche bezahlen müssten, nämlich den Ländern, im Bundesrat verhindert würde, übertreffen sich Kauder, Brüderle & Co. in kaum zielführenden Vorschlägen. Neuester Streich: Zwei Cent Stromsteuer könnten wegfallen - oder Verbrauchssteuern auf Tabak, Kaffee, Sekt und Branntwein reduziert werden. Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft, denken wohl die Steuersenkungs-Fetischisten. Doch muss man ein Prophet sein, um vorauszusagen, dass solche Maßnahmen beim Verbraucher nie ankommen, geschweige denn überhaupt von ihm wahrgenommen würden?
Sollten Tabak-, Kaffee- und Branntweinsteuer um ein paar Cent sinken, dürfen die Konsumenten getrost davon ausgehen, dass der Preis im Supermarkt gleich bleibt. Im Zweifel wird die Preissenkung mit der sowieso anstehenden Erhöhung verrechnet - wegen gestiegener Rohstoffpreise, wir kennen das ja. Auch Strom würde ganz bestimmt nicht billiger werden; dafür hat die Bundesregierung mit ihrer vorschnell eingeleiteten Energiewende bereits gesorgt. Von Gerechtigkeit kann bei den vielen Ideen, die in den Köpfen der Unions- und FDP-Politiker herumspuken, sowieso keine Rede sein. Der nichtrauchende, alkoholabstinente Kaffee-Muffel wäre am Ende der Verlierer einer solchen Steuersenkung. In Berlin muss Endzeitstimmung herrschen, um in der Öffentlichkeit über solch unausgegorene Pläne zu sinnieren.
Fakt ist: Das Thema Steuern ist eines von vielen, bei denen sich die Koalition ohne Not in die Sackgasse manövriert hat - weil niemand in der Union in Lage war, der FDP den Steuersenkungs-Zahn zu ziehen, weder die Kanzlerin noch ihr Finanzminister. Nun will die Regierung am Sonntagabend bei einer weiteren Elefantenrunde zu einer Lösung kommen. Doch absehbar ist: Wenn es überhaupt ein Resultat gibt, dann auf kleinstem gemeinsamen Nenner. Ein Ergebnis, von dem die Wähler wirklich etwas hätten, gäbe es nur, wenn die Liberalen auf ihr eigentliches Wahlversprechen drängten - nämlich ein einfacheres und gerechteres Steuersystem zu schaffen. Dies erforderte jedoch eine grundlegende Reform - und die bekämen nur mutige Politiker hin. Doch Mut ist leider keine Tugend dieser Bundesregierung.
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