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FZ: Den Geist der Zeit erkannt Kommentar der "Fuldaer Zeitung" zur Wahl von Martin Schulz:

Fulda (ots)

So sieht ein Höhepunkt aus: Martin Schulz wurde mit 100 Prozent der gültigen Stimmen auf dem Berliner SPD-Sonderparteitag zum neuen Parteichef und Kanzlerkandidaten gewählt. Aber Höhepunkte haben die Eigenschaft eines Gipfels: Vorher geht es hoch, nachher runter. Warten wir also ab, wie es mit dem Hype um den neuen Frontmann weitergeht. Programmatisch - und das ist für denkende Wähler entscheidend - hat Schulz bis jetzt wenig Visionäres zu bieten: Schröders Agenda, die Deutschland mithilfe einer zumindest anfangs konsequenten Unions-Politik zu einem der wirtschaftlich stärksten Länder der Erde gemacht hat, soll korrigiert werden. Zurück in die Zukunft. Mehr Gerechtigkeit verspricht der Senkrechtstarter - wer will sie nicht? Die Steuersenkungen der Union verurteilt er, will aber viele soziale Geschenke machen, die auch Geld kosten. Kein Programm, das den Hype um den 61-jährigen Buchhändler aus Würselen erklären kann. Auch nicht, wenn er ein wenig realistisches Bild der sozialen Ungerechtigkeit in Deutschland zeichnet. Aber Schulz hat den emotionalen Geist der postfaktischen Zeit und die Situation seiner Partei erkannt, die unter der Kompromissbereitschaft Sigmar Gabriels und der vom Schröderschen Realitätssinn geprägten Agenda 2010 schwer gelitten hat. Mit der Rückkehr zu den sozialen Dogmen der SPD - auch wenn sie dem wirtschaftlichen Höhenflug des Landes schaden könnten - hat er die Seele seiner Partei erreicht und gestreichelt. Sein populistischer Gerechtigkeitsfeldzug beflügelt alle Genossen, die von einer linken Republik träumen. Und er hat leichtes Spiel angesichts immer höherer Anforderungen der Arbeitswelt auf der einen sowie der absurden Gehälter und Abfindungen in den Chefetagen der Autofirmen auf der anderen Seite. Dazu kommt:_Schulz ist ein mitreißender Redner. Mit diesem Trumpf will er einen zweiten Gipfel erklimmen und die Staatskanzlei im Saarland durch seine Auftritte dort für die SPD zurückerobern. Wie immer das ausgeht, aktuell liegt nach einer bundesweiten Emnid-Umfrage Angela Merkel im direkten Vergleich mit 46 Prozent vor Martin Schulz mit 38 Prozent. Anfang Februar hatte Schulz noch mit 46 zu 40 Prozent geführt. Ein Zeichen? Gefordert ist jetzt die Union, die den Schulz-Hype nicht aussitzen sollte, sondern mit Einigkeit und einleuchtenden Programmen beim Wähler punkten muss. Ob das gelingt? Es bleibt jedenfalls spannend bis zur Bundestagswahl.

Pressekontakt:

Fuldaer Zeitung
Christof Völlinger
Telefon: 0661 280-334
christof.voellinger@fuldaerzeitung.de

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