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Fehltritte und der Umgang damit
Bei der Aufarbeitung der Vorwürfe versagt Hubert Aiwanger
Kommentar der "Fuldaer Zeitung" (2. September 2023)

Fulda (ots)

Es spricht einiges für Hubert Aiwanger - für seinen Verbleib im Amt und dafür, dass es sich bei den Vorwürfen um eine gezielte Kampagne handelt, den beliebten, weil immer wieder gegen den Strom schwimmenden Politiker zu vernichten. Solch schwerwiegende, rufmörderische, übrigens anonyme Anschuldigungen sechs Wochen vor der bayerischen Landtagswahl zu erheben, ist schäbig und lässt keinen Zweifel, worum es den "Anklägern" in diesem Fall geht. Für einen Umgang mit Aiwanger im Sinne von "in dubio pro reo" ist es einstweilen zu spät, das hat sich in der Woche seit den ersten Veröffentlichungen schnell gezeigt. Sind die Vorwürfe erstmal im Raum, wird die Meute der Jäger immer größer und lauter.

Klar geworden ist in den vergangenen Tagen aber auch: Es spricht einiges gegen Hubert Aiwanger, der sich bei seiner Verteidigung nicht gerade mit Ruhm bekleckert. In dem, was an die Öffentlichkeit gelangt ist und auch nicht mehr bestritten wird, offenbart sich ein verstörendes Bild des jungen Aiwanger und seines Umfelds. Allein das Pamphlet, das in seiner Tasche gefunden wurde, ist mit dem Stempel "Jugendsünde" nicht aus der Welt zu schaffen. Da ist es egal, ob all die anderen Gerüchte über den Hitlergruß zeigenden Schüler Aiwanger oder antisemitische Witze auf einer Reise zu einer KZ-Gedenkstätte wahr sind. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich persönlich kann mich abgesehen von ein paar völlig verblendeten Kahlköpfen an niemanden in meiner Jugend erinnern, der persönlichen Kummer mit Auschwitz-Phantasien kompensiert hätte.

Hält man Aiwanger zugute, dass es bislang keinen eindeutigen Beweis für seine Täterschaft gibt, so bleibt allerdings, ihm einen befremdlichen Umgang mit seiner Vergangenheit und den Vorwürfen zu attestieren. Rechtfertigungen wie gestern ("Jawohl, auch ich habe in meiner Jugend Scheiß' gemacht."), nachdem er zunächst alles bestritten hat, verschleiern und relativieren das Geschehene und ähneln der Strategie vieler Politiker, die etwas zu verbergen haben: Die Wahrheit kommt nur scheibchenweise ans Licht, und bevor es peinlich oder brenzlig wird, schlüpft man in die Opferrolle oder beruft sich einfach auf Gedächtnislücken - wie übrigens auch Kanzler Scholz, der sich im Steuerskandal bei der Hamburger Warburg-Bank an nichts erinnern will, nun aber von Aiwanger genau das fordert.

Sollte Aiwanger nicht endlich reinen Tisch machen und den Wählern reinen Wein einschenken, (was ihn wahrscheinlich nicht mal schwächen würde), könnte es für den Vize-Regierungs­chef noch ungemütlich werden. Er wäre nicht der erste, der nicht über einen Fehltritt, sondern den Umgang damit stolpert. / Bernd Loskant

Pressekontakt:

Fuldaer Zeitung
Bernd Loskant
Telefon: 0661 280-445
Bernd.Loskant@fuldaerzeitung.de

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