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Bundestagswahl | ProVeg fordert Politik auf: Deutschland braucht einen Zukunftsplan Ernährung

Vor Bundestagswahl

ProVeg fordert Politik auf: Deutschland braucht einen Zukunftsplan Ernährung

Berlin, 13.02.2025

Vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ruft die Ernährungsorganisation ProVeg die Politik auf, sich für eine zukunftssichere Ernährungswirtschaft auszusprechen. „Deutschland braucht Ihr Engagement für Wirtschaft und Innovation, Deutschland braucht einen konkreten und verbindlichen Zukunftsplan Ernährung“, fordert Matthias Rohra, Geschäftsführer von ProVeg in Deutschland.

„Die Frage lautet: Fördert die künftige Bundesregierung Zukunftsbranchen im Bereich Ernährung – oder verpasst sie eine vielversprechende Chance, den Wirtschaftsstandort Deutschland langfristig zu sichern“, betont Rohra mit Blick auf die ökonomische Verunsicherung, die große Teile der Wahlberechtigten derzeit äußern. „Entscheidend ist, dass die deutsche Politik innovative Technologieentwicklung, eine stabile Landwirtschaft und eine sichere Binnennachfrage zusammen denkt.“

Handlungsfähigkeit schafft Vertrauen

Bundesweit stimmen die Wahlberechtigten am 23. Februar über die künftige Zusammensetzung der Bundesregierung ab. „Bei der diesjährigen Bundestagswahl geht es darum, Vertrauen in die Stabilität der deutschen Wirtschaft wiederherzustellen, während sich viele Märkte umgestalten, besonders im Bereich Ernährung“, hebt Rohra hervor. Um dieses Vertrauen zu sichern, müsse Deutschland bei innovativen Entwicklungen in der Ernährungsbranche handlungsfähig an der Spitze stehen. Das sei wichtig für die betroffenen Industrien, ihre Handelspartner, die Fachkräfte und die Verbraucher. Doch: „Nur verbindliche Meilensteine schaffen Handlungsfähigkeit“, erklärt Rohra weiter. Dänemark sei hier bereits Vorreiter und setze einen nationalen Aktionsplan Ernährung um, der auch Nachbarländern wertvolle Handlungsoptionen aufzeigt.1

Zukunftsbranchen fördern

„Die Förderung von Zukunftsbranchen der Ernährungswirtschaft stärkt den Standort Deutschland“, erläutert Antje Räuscher, Leiterin des ProVeg Incubators, des Gründungszentrums der Ernährungsorganisation, die sich für alternative Proteine einsetzt. Deutschland nimmt bereits eine Vorreiterstellung im Markt für pflanzliche Produkte in Europa ein.2 Aus dieser Position heraus gilt es nun, auch bei neuen und aufstrebenden Ernährungstechnologien weltweit eine starke Kraft zu sein, etwa bei wichtigen Zukunftstechnologien wie der Präzisionsfermentation. Mit ihr wandeln Mikroorganismen Biomasse in Proteine und Fette um, die geschmacklich und mit Blick auf ihre Nährwerte tierischer Milch besonders nahekommen oder auch ein authentisch fleischartiges Erlebnis bieten. Vom Maschinenbau bis zum Export brauchen die Zukunftsbranchen dabei Fachkompetenz – auf die Deutschland durchaus bauen kann, die aber weiter qualifiziert und gestärkt werden muss. Mit politischer Unterstützung, die durch öffentliche Förderung private Investitionen erschließt, könnten bis 2045 in Deutschland bis zu 250.000 neue Arbeitsplätze im Bereich der alternativen Proteine entstehen.3

Einkommensquellen breit fächern

„Eine robuste deutsche Landwirtschaft stützt sich auf breit gefächerte Einkommensquellen, ergänzt ProVeg-Politikreferent Simon Handschuh. Der hiesige Verzehr von Fleisch und Milchprodukten ist seit Jahren rückläufig.4 5 Die Nachfrage nach pflanzlichen Produkten steigt dagegen.6 Indem die Politik die Erschließung neuer Märkte fördert, zum Beispiel für hochwertige Hülsenfrüchte und Getreide für den menschlichen Verzehr, kann sie Landwirten ein sicheres Standbein bieten. Bis 2050 könnte das landwirtschaftliche Einkommen in Deutschland durch eine pflanzenbetonte Ernährung um 22,7 Prozent steigen, Gemüsebetriebe können bis zu 50 Prozent mehr Einkommen erwarten.7 Um die sich eröffnenden Chancen effektiv zu nutzen, kommt der Landwirtschaft eine Schlüsselrolle bei der Bereitstellung neuer Rohstoffe und dem Aufbau stabiler Wertschöpfungsketten zu.

Binnennachfrage sichern

„Eine Befreiung von der Mehrwertsteuer für Obst, Gemüse und pflanzliche Alternativprodukte entlastet finanziell angespannte Haushalte und stärkt die Nachfrage, erklärt Dirk Liebenberg, Senior Project Manager Food Industry & Retail bei ProVeg. Wenn Alternativprodukte gleich viel oder weniger als ihre tierischen Pendants kosten, steigt die Nachfrage – Händlerberichten zufolge um mehr als 30 Prozent.8 9 Im vergangenen Jahr mussten Verbraucher aber gerade für Obst und Gemüse tief in die Tasche greifen.10 Die einkommensschwächsten Haushalte geben anteilig über 60 Prozent mehr für Nahrungsmittel aus als die einkommensstärksten.11 Laut einer Forsa-Umfrage für Save the Children verzichtet rund ein Viertel aller Eltern mit einem Haushaltsnettoeinkommen von unter 3.000 Euro aus finanziellen Gründen oft auf Obst, Gemüse und Vollkornprodukte.12 Eine Mehrwertsteuerbefreiung dürfte für große Teile der Bevölkerung Erleichterung bringen und durch die gesteigerte Nachfrage tragfähige Lieferketten sichern.

Ernährung stärken heißt Zukunft stärken!

Für den Zukunftsplan Ernährung empfiehlt ProVeg deshalb zielgerichtete Investitionen in der gesamten Wertschöpfungskette – mit klaren, übergreifend getragenen Meilensteinen, die Planungssicherheit geben.

  • Breite Verankerung: Ernährung sollte in allen Ministerien und unter der Leitung einer übergreifenden Task Force fest verankert werden. Die Einrichtung eines eigenständigen Referats für alternative Proteine im Ernährungsministerium wäre besonders zielführend.
  • Einfachere Zulassungen und mehr Förderung: Notwendig sind ein Abbau der Bürokratie bei gleichzeitiger Beibehaltung und Erweiterung bestehender Standards sowie schnellere und einfachere Zulassungen, mehr öffentliche Forschungsmittel und ein vereinfachter Zugang zu Krediten und Programmen für den Anbau von Proteinpflanzen für den menschlichen Verzehr.
  • Weitsichtige Forschung und Entwicklung: Es gilt, das Kompetenzzentrum Proteine der Zukunft als zentrale Stelle auszubauen, welche die Unternehmen bei Zulassungen neuartiger Lebensmittel (Novel Foods) unterstützt und Möglichkeiten zur Vorverkostung (pre-market) bietet.

Zahlen

2,24 Milliarden Euro beträgt das Volumen des deutschen Markts für pflanzliche Alternativprodukte.13

Um 114 % ist die Produktion von pflanzlichen Fleischalternativen seit 2019 gestiegen.14

Platz 5 unter 9 Ländern Europas belegt die deutsche Forschungsförderung alternativer Proteine.15

0,045 % seines Bruttoinlandsprodukts verwendet unser Nachbarland Dänemark, um eine zukunftsfähige Ernährungswirtschaft zu schaffen.16

Bis zu 250.000 Arbeitsplätze könnten bis 2045 in Deutschland im Bereich alternativer Proteine entstehen.17

Um 15 % ist der Verzehr von Fleisch in Deutschland seit 2018 gesunken,

um 8 % der Verzehr von Konsummilch.18 19

Um 14,2 % ist die Zahl der schweinehaltenden Betriebe zwischen 2021 und 2023 zurückgegangen.20

Seit 2014 ist die Zahl der Milchviehbetriebe in Deutschland rückläufig.21

4 von 10 Verbrauchern in Deutschland greifen schon regelmäßig zu pflanzlichen Alternativen.22

Um mehr als 20 % könnte das landwirtschaftliche Einkommen bis 2050 in Deutschland durch eine pflanzenbetonte Ernährung steigen,

bis zu 50 % mehr Einkommen könnten Gemüsebetriebe erwarten.23

Quellen

1 The Guardian (2025): ‘Insanely tasty green food’: how the meaty Danes embraced a world-first plant-based plan veröffentlicht am 31.01.2025. Online unter: https://www.theguardian.com/environment/2025/jan/31/more-carrot-less-stick-how-meat-loving-danes-were-sold-a-plant-led-world-first

2 GFI Europe (2024): Entwicklung des Marktes für pflanzenbasierte Lebensmittel im deutschen Einzelhandel. 2021–2023 und erste Erkenntnisse für 2024. Online unter: https://gfieurope.org/de/wp-content/uploads/sites/2/2024/10/GFI-Europe-Entwicklung-des-Marktes-fuer-pflanzenbasierte-Lebensmittel-im-deutschen-Einzelhandel-2021-2023-Oktober-2024.pdf

3 Systemiq (2025). A Taste of Tomorrow – How protein diversification can strengthen Germany’s economy, veröffentlicht im Februar 2025. Online unter: https://www.systemiq.earth/wp-content/uploads/2025/02/A-Taste-of-Tomorrow-How-protein-diversification-can-strengthen-Germanys-economy_Systemiq_English_Final.pdf

4 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024): Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt auf unter 52 Kilogramm, veröffentlicht am 04.04.2024. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240404_Fleischbilanz.html

5 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024): Milchbilanz: Erneut weniger Milch, Käse und Butter verbraucht, veröffentlicht am 12.04.2024. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240412_Milchbilanz.html

6 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2024): Deutschland, wie es isst – Der BMEL-Ernährungsreport 2024, veröffentlicht am 24.09.2024. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=4

7 Rieger, J., F. Freund et al. (2023): From Fork to Farm: Impacts of more sustainable diets in the EU-27 on the agricultural sector, in: Journal of Agricultural Economics 74(3), S. 764–784. Online unter: https://doi.org/10.1111/1477-9552.12530

8 Lidl in Deutschland (2023): Lidl lädt zum Dialog: Wie gelingt der Übergang zur gesunden und nachhaltigen Proteinversorgung?, veröffentlicht am 12.04.2024. Online unter: https://unternehmen.lidl.de/pressreleases/2024/240412_lidl-im-dialog

9 REWE Group (2024): BILLA setzt Zeichen für pflanzliche Lebensmittel, Pressemitteilung vom 29.02.2024. Online unter: https://www.rewe-group.com/de/presse-und-medien/newsroom/stories/billa-setzt-zeichen-fuer-pflanzliche-lebensmittel/

10 Tagesschau (2025): Verbraucher lassen teure Obstsorten links liegen, veröffentlicht am 04.02.2025. Online unter: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/obst-gemuese-preise-verbraucher-100.html

11 Priem, M., A. S. Kritikos, O. Morales et al. (2022): Folgen der Inflation treffen untere Mittelschicht besonders: staatliche Hilfspakete wirken nur begrenzt – Einkommensschwache Haushalte konsumieren anteilig mehr inflationsbelastete Güter. DIW Wochenbericht 28/2022, 387–394. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Online unter: https://www.diw.de/de/diw_01.c.845417.de/publikationen/wochenberichte/2022_28_1/folgen_der_inflation_treffen_untere_mittelschicht_besonders__staatliche_hilfspakete_wirken_nur_begrenzt.html#section2

12 Save the Children (2025): Umfrage: Eltern fordern Taten gegen Kinderarmut in Deutschland, Pressemitteilung vom 05.02.2025. Online unter: https://www.savethechildren.de/fileadmin/user_upload/Downloads_Dokumente/Pressemitteilungen/2025/2025-02-05-pm-umfrage-kinderarmut.pdf

13 GFI Europe (2023): Alternative Proteine in Deutschland – Report zu aktuellen Entwicklungen rund um nachhaltige Proteinquellen auf Basis von Pflanzen, Zellkultivierung und Fermentation, Stand: Mai 2023. Online unter: https://gfieurope.org/wp-content/uploads/2023/05/GFI-Europe-Alternative-Proteine-in-Deutschland-Full-Report.pdf

14 Statistisches Bundesamt (2024): Trend zu Fleischersatz ungebrochen: Produktion steigt 2023 um 16,6 % gegenüber dem Vorjahr, Pressemitteilung vom 02.05.2024. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2024/05/PD24_N018_42.html

15 GFI Europe (2024): State of the European Alternative Protein Research Ecosystem 2020–April 2024: Research and Innovation funding landscape analysis, veröffentlicht im Oktober 2024. Online unter: https://gfieurope.org/wp-content/uploads/2024/10/State-of-the-European-alternative-protein-research-ecosystem_-funding-2020-April-2024.pdf

16 The Guardian (2025): ‘Insanely tasty green food’: how the meaty Danes embraced a world-first plant-based plan veröffentlicht am 31.01.2025. Online unter: https://www.theguardian.com/environment/2025/jan/31/more-carrot-less-stick-how-meat-loving-danes-were-sold-a-plant-led-world-first

Vgl. Statistisches Bundesamt (2025): Eurostat-Daten: Dänemark im Vergleich, veröffentlicht am 29. Januar 2025. Online unter: https://www.destatis.de/Europa/DE/Staat/EU-Staaten/Daenemark.html

17 Systemiq (2025). A Taste of Tomorrow – How protein diversification can strengthen Germany’s economy, veröffentlicht im Februar 2025. Online unter: https://www.systemiq.earth/wp-content/uploads/2025/02/A-Taste-of-Tomorrow-How-protein-diversification-can-strengthen-Germanys-economy_Systemiq_English_Final.pdf

18 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024): Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch sinkt auf unter 52 Kilogramm, veröffentlicht am 04.04.2024. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240404_Fleischbilanz.html

19 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024): Milchbilanz: Erneut weniger Milch, Käse und Butter verbraucht, veröffentlicht am 12.04.2024. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240412_Milchbilanz.html

20 Statistisches Bundesamt (2023): Schweinebestand von Mai bis November 2023 leicht gestiegen, veröffentlicht am 20.12.2023. Online unter: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/12/PD23_491_413.html

21 Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2024): Milchbilanz: Erneut weniger Milch, Käse und Butter verbraucht, veröffentlicht am 12.04.2024. Online unter: https://www.ble.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2024/240412_Milchbilanz.html

22 Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2024): Deutschland, wie es isst – Der BMEL-Ernährungsreport 2024, veröffentlicht am 24.09.2024. Online unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2024.pdf?__blob=publicationFile&v=4

23 Rieger, J., F. Freund et al. (2023): From Fork to Farm: Impacts of more sustainable diets in the EU-27 on the agricultural sector, in: Journal of Agricultural Economics 74(3), S. 764–784. Online unter: https://doi.org/10.1111/1477-9552.12530

Kontakt
Lena Renz
Senior PR Manager ProVeg 
presse@proveg.org 
+49 176 177 858 52
Über ProVeg
ProVeg International ist eine Ernährungsorganisation, die sich für die Transformation des globalen Ernährungssystems einsetzt. Unsere Mission ist, bis 2040 weltweit 50 Prozent der Tierprodukte durch pflanzliche und kultivierte Nahrungsmittel zu ersetzen. ProVeg arbeitet mit relevanten Akteuren am Übergang zu einem Ernährungssystem, in dem sich alle für genussvolles und gesundes Essen entscheiden, das gut für alle Menschen, Tiere und unseren Planeten ist. ProVeg hat den „Momentum for Change“-Preis der Vereinten Nationen erhalten und arbeitet eng mit den wichtigsten UN-Organisationen für Ernährung und Umwelt zusammen. Mit Büros in 14 Ländern auf 5 Kontinenten und mehr als 200 Mitarbeitenden erzielt ProVeg eine globale Wirkung.
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