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Sturmtief voraus - Deutsche Reeder suchen Kurs aus der Krise

Hamburg (ots)

PwC-Umfrage: Auslastung der Handelsflotte sinkt 2012 deutlich / Nur große Reeder erwarten Umsatzplus / Kostendruck beschleunigt Ausflaggung deutscher Schiffe / Piratenangriffe werden etwas seltener

Die deutsche Handelsschifffahrt findet nicht aus der Krise heraus: Hoffnungen auf einen Aufschwung haben sich als verfrüht erwiesen, und auch die Perspektiven für 2012/2013 sind allenfalls verhalten, wie aus der jährlichen Branchenumfrage der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC hervor geht. So bezweifelt derzeit eine Mehrheit der 101 befragten Reeder (56 Prozent), dass sich die Marktbedingungen in naher Zukunft wieder verbessern. Über 80 Prozent der Befragten sind zudem der Ansicht, dass "etliche deutsche Reedereien das nächste Jahr nicht überstehen" werden.

Bereits in den vergangenen zwölf Monaten musste mehr als jeder zweite (53 Prozent) Reeder geplante Investitionen verschieben, erwartet hatte dies nur gut jeder vierte (28 Prozent). Gut ein Drittel der Reedereien sah sich dazu gezwungen, einen Teil der Flotte vorübergehend außer Dienst zu stellen, während in der Umfrage vor Jahresfrist gerade einmal fünf Prozent der Befragten für 2011/2012 mit der Auflegung von Schiffen gerechnet hatten. Die aktuell unbefriedigende wirtschaftliche Lage der Branche lässt sich auch am sinkenden Auslastungsgrad der Flotten ablesen: Berichteten vor einem Jahr noch fast 90 Prozent der Reeder über eine Vollbeschäftigung ihrer Schiffe, liegt die Quote derzeit nur noch bei 70 Prozent. Damit ist die Auslastung sogar niedriger als im Jahr 2010 (80 Prozent).

"Zwar wächst das weltweite Transportvolumen trotz der Wirtschaftskrise kontinuierlich. Jedoch ist das Angebot an Schiffsraum durch zahlreiche in den Vorjahren bestellte Schiffe deutlich stärker gewachsen. Dies führt zu geringen Auslastungen und sinkenden Frachtraten. Besonders Reeder, die ihre Schiffe an die großen Linienreedereien verchartern, kommen durch den Ratenverfall in wirtschaftliche Schwierigkeiten", kommentiert Claus Brandt, Leiter des Kompetenzzentrums Maritime Wirtschaft bei PwC.

Kleine Reeder unter Druck

Vor allem die kleineren Reedereien stehen im aktuellen Marktumfeld unter Druck. Von den befragten Unternehmen mit weniger als 100 Millionen Euro Jahresumsatz rechnen nur 48 Prozent mit Erlöszuwächsen in den kommenden zwölf Monaten, rund jedes fünfte (19 Prozent) fürchtet Einbußen. Demgegenüber sehen sich gut zwei von drei der großen Reedereien mit Erlösen über 100 Millionen Euro auf Wachstumskurs, mit einem Rückgang rechnet keine. Auf den ersten Blick optimistischer erscheinen die Prognosen der Reeder zur Preisentwicklung der kommenden Monate. Immerhin 60 Prozent der Reeder rechnen mit steigenden Charterraten, 56 Prozent gehen von höheren Frachtraten aus. Sinkende Raten befürchtet demgegenüber nur eine kleine Minderheit. Die erwartete Erholung ändert aber nichts am insgesamt düsteren Ausblick: "Viele Reeder haben ihre finanziellen Reserven verbraucht und stehen unter großem Druck von Seiten der Kreditgeber. Selbst wenn der erhoffte Anstieg der Fracht- und Charterraten eintreten sollte, wird dieser kaum ausreichen, um die aufgelaufenen Verluste ausgleichen zu können", betont Brandt.

Für diese Interpretation spricht auch die überwiegend skeptische Einschätzung der Branchenperspektiven durch die Reeder. Vier von fünf Befragten erwarten bereits für die kommenden zwölf Monate mehrere Fusionen deutscher Reedereien. Ein ebenso großer Teil der Befragten geht davon aus, dass die meisten Reeder ihre Flotte auch auf Sicht von drei bis fünf Jahren nicht werden erweitern können.

Öfter unter fremder Flagge

Die schwierige Wirtschaftslage macht für viele Reeder das Ausflaggen deutscher Schiffe nunmehr unausweichlich. Immerhin 21 der 101 befragten Reeder wollen in den kommenden zwölf Monaten bei mindestens einem Schiff ihrer Flotte die deutsche Flagge gegen die eines anderen Staates tauschen, nur fünf Reeder wollen Schiffe wieder einflaggen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass bereits 65 Prozent der Reeder den Großteil ihrer Schiffe unter der Flagge eines Nicht-EU-Staates fahren lassen, weitere 19 Prozent hissen überwiegend die Farben eines EU-Staates. Lediglich 16 Prozent der Reeder setzen meist die deutsche Flagge. Dabei haben große Reeder mit mehr als 20 Schiffen ihre Flotten häufiger ausgeflaggt (86 Prozent) als kleine Reeder mit höchstens zehn Schiffen (70 Prozent). Es ist zu erwarten, dass zumindest einige der unter besonderem wirtschaftlichen Druck stehenden Reeder in nächster Zeit die deutsche Flagge einholen. Denn durch das Ausflaggen lassen sich nach fast einhelliger Meinung (96 Prozent der Befragten) Kosten einsparen.

Selbsthilfe gegen Piratenangriffe

Etwas entspannt hat sich demgegenüber das Piraterie-Problem. Zwar sind die wirtschaftlichen Belastungen durch die Piraterie nach Ansicht von 59 Prozent der Befragten im vergangenen Jahr weiter gestiegen, in der Umfrage von 2011 klagten jedoch noch 86 Prozent über zunehmende Kosten.

Klar rückläufig ist die konkrete Gefährdung durch Piraterie: Berichteten 2011 immerhin 62 Prozent der Reeder über mindestens eine Attacke in den vergangenen zwölf Monaten, kam es im vergangenen Jahr nur noch bei 27 Prozent der Befragten zu Piratenangriffen. Diese Entwicklung dürfte auch auf die von den Reedern eingeführten Sicherheitsmaßnahmen zurückzuführen sein. So ist mittlerweile bei 58 Prozent der Befragten in Piratengebieten ein - in aller Regel bewaffneter - Sicherheitsdienst an Bord, im Jahr 2011 war dies erst bei 33 Prozent der Flotten der Fall. Einen besonders gut geschützten Rückzugsraum für die Mannschaft ("Panic Room") haben 55 Prozent (2011: 38 Prozent) der Befragten eingerichtet, gut jeder zweite Reeder hat weitere Sicherheitseinbauten wie Stacheldraht oder Schallkanonen installiert.

Allerdings ist den Reedern klar, dass sich die Piraterie durch Selbsthilfe nur eindämmen, nicht aber beseitigen lässt. Die meisten Befragten (84 Prozent) halten es für notwendig, die eigentlichen Drahtzieher der Piraterie aufzudecken. Drei von vier Reedern plädieren zudem für eine wirtschaftliche Stabilisierung durch Entwicklungshilfe für die Länder, in denen die Piraten ihre Basis haben. Die Bekämpfung der Piraterie durch Entsendung von Militäreinheiten auf das Festland halten 69 Prozent für erfolgversprechend.

Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.pwc.de/hochseereederei

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