Mittelstand betont Forderung nach eigenen IFRS
Düsseldorf (ots)
PwC-Mittelstandssymposium "Internationale Rechnungslegung" bestätigt starken Diskussionsbedarf bei mittelständischen Unternehmen / Diskussion von Wirtschaft und Wissenschaft von Schmalenbach-Gesellschaft gefördert
Der deutsche Mittelstand fordert eigene IFRS-Regelungen, die sogenannten International Financial Reporting Standards for small and medium-sized entities (IFRS for SME). Dies war der einhellige Tenor auf dem am gestrigen Mittwoch von PricewaterhouseCoopers veranstalteten Mittelstandssymposium "Internationale Rechnungslegung". Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers unterstützt den deutschen Mittelstand in diesem Bestreben: "Die gegenwärtig vom IASB diskutierten Erleichterungen für den IFRS for SMEs führen nicht zu der Entlastung, die der Mittelstand benötigt. Deshalb ist es notwendig, sich noch stärker als bisher an der Entwicklung mittelstandsspezifischer IFRS zu beteiligen", forderte Professor Norbert Winkeljohann, Mitglied des PwC-Vorstands. Er verantwortet bei PricewaterhouseCoopers den Bereich Mittelstand und eröffnete das Mittelstandssymposium gemeinsam mit Professor Norbert Herzig, Direktor des Steuerlehre-Seminars der Universität Köln und Viz epräsident der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft.
Breite Palette von Diskussionen und Forderungen
Die Palette der intensiv diskutierten Themen auf dem PwC-Mittelstandssymposium reichte weit: Von IFRS und der steuerlichen Gewinnermittlung in der EU über die konkrete Fragestellung, wie IFRS in das laufende Geschäft zu integrieren seien, bis hin zu der Diskussion, inwieweit die Anwendung der IFRS für den Mittelstand die Nutzung alternativer Finanzierungsmöglichkeiten, wie beispielsweise Private Equity, erleichtert. Wie dringlich diese Themen eingeschätzt werden, ließ sich an dem hochkarätig besetzten Podium ablesen: Professor Hans-Georg Bruns, Mitglied des International Accounting Standard Board (IASB), London, referierte den aktuellen Stand der Accounting Standards speziell für mittelständische Unternehmen. Der IASB diskutiert derzeit den ersten Arbeitsentwurf eines solchen Standards. Der Standard basiert - entsprechend den vorläufigen Entscheidungen des IASB - auf dem bestehenden Rahmenwerk und ist aus den IFRS abgeleitet. Die besondere Herausforderung besteht darin, zwischen den für die Rechnungslegung anfallenden Kosten im Unternehmen und den berechtigten Informationsinteressen der Nutzer von SME-Abschlüssen abzuwägen. Nach Abschluss der IASB-internen Diskussionen ist die Veröffentlichung eines Standardentwurfs für das 3. Quartal 2006 geplant.
Professor Jörg Baetge (Universität Münster) ging in seinem Vortrag auf die Bedeutung der IFRS für kleine und mittelständische Unternehmen vor dem Hintergrund des SME-Projektes beim IASB ein. Dabei wurde in erster Linie die vom IASB gewählte Definition eines mittelständischen Unternehmens auf den Prüfstand gestellt. Zudem wurde diskutiert, ob eine Anwendung der IFRS auf mittelständische Unternehmen den Bilanzadressaten den gewünschten Nutzen bringt.
Die Auswirkungen der internationalen Rechnungslegung auf das deutsche Bilanzrecht thematisierte Christoph Ernst, Leitender Ministerialrat des Bundesministeriums der Justiz, Berlin. Denn auch die HGB-Regelungen werden von der Internationalisierung beeinflusst.
"Mit dem Bilanzrechtsreformgesetz, nach dem alle Unternehmen unabhängig von einer Kapitalmarktorientierung ihren Konzernabschluss befreiend nach IFRS aufstellen können, hat der Gesetzgeber wenigstens für diesen Bereich der Entwicklung Rechnung getragen", so Winkeljohann. "Wichtiger ist es aber, die Internationalisierung der Rechnungslegung nicht ausschließlich auf den Konzernabschluss zu beschränken. Auch die Anwendung der IFRS im Einzelabschluss muss diskutiert werden, wenn man langfristig Doppelarbeiten vermeiden will. Die IFRS können zwar nicht als Grundlage für die Gewinnausschüttung und die Steuerbemessung herangezogen werden, aber auch dafür werden wir eine Lösung finden." Erste Lösungsansätze zeigten die Vorträge von Professor Herzig (Universität Köln) und Professor Pellens (Ruhr-Universität Bochum). So schlägt Professor Herzig ein eigenes Steuerbilanzrecht vor. Professor Pellens sieht die Messung von Ausschüttungspotenzialen auf Basis von Liquiditäts-Tests als zukunftweisenden Lösungsansatz.
Praktische Beispiele einer IFRS-Umstellung
Der Kreis der mittelständischen Unternehmen, die sich zur "Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften" (VMEBF) zusammengeschlossen haben, wächst indessen beständig. Unter Führung des mittelständischen Unternehmens Freudenberg & Co. wurden bei der konstituierenden Sitzung der Vereinigung am 10. April 2006 verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, um mittelstandsgerechte Lösungen für eine internationale Rechnungslegung auszuarbeiten. PricewaterhouseCoopers zählt zu den Mitgliedern der Vereinigung und hat die Federführung für die Arbeitsgruppe IFRS for SME übernommen.
Während des Symposiums reduzierte sich die kritische Betrachtung von IFRS nicht nur auf theoretische Diskussionen. In Erfahrungsberichten wurden die Symposiumsteilnehmer auch von den ersten Auswirkungen einer Umstellung auf IFRS in mittelständischen Unternehmen unterrichtet. Die Unternehmen Franz Haniel & Cie. GmbH und die Freudenberg & Co. KG, beide Gründungsmitglieder der VMEBF, gaben praktische Einblicke in die verschiedenen Aspekte einer IFRS-Umstellung im Mittelstand.
Informationen zur "Vereinigung zur Mitwirkung an der Entwicklung des Bilanzrechts für Familiengesellschaften" finden Sie unter www.vmebf.de
Hinweis für die Redaktion:
Die PricewaterhouseCoopers AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ist in Deutschland mit 8.000 Mitarbeitern und einem Umsatzvolumen von rund 1,1 Milliarden Euro eine der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaften. An 28 Standorten arbeiten Experten für nationale und internationale Mandanten jeder Größe. PwC bietet Dienstleistungen an in den Bereichen Wirtschaftsprüfung und prüfungsnahe Dienstleistungen (Assurance), Steuerberatung (Tax) sowie in den Bereichen Transaktions-, Prozess- und Krisenberatung (Advisory).
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