Wenn Ärzte zu Patienten werden
122. Deutscher Ärztetag fordert wirksame Maßnahmen zur Stärkung der ärztlichen Gesundheit
Berlin (ots)
Ärztinnen und Ärzte arbeiten am Limit und damit auf Kosten ihrer eigenen Gesundheit. Der 122. Deutsche Ärztetag in Münster hat sich deshalb intensiv mit dem Thema Ärztegesundheit beschäftigt und zusammen mit namhaften Referenten beraten, wo gesundheitliche Belastungen für Ärzte liegen, wie die beruflichen Rahmenbedingungen geändert und welche Präventionsmaßnahmen ergriffen werden müssen.
Dabei wurde deutlich, dass Personalnot, Arbeitsverdichtung und Wettbewerbsdruck zu körperlicher und auch emotionaler Überlastung von Ärzten führen. Betroffen sind Ärzte aus den verschiedensten Versorgungsbereichen des Gesundheitswesens. Unter Krankenhausärzten beklagten bei einer Befragung durch den Marburger Bund drei Viertel eine berufliche Überlastung. In einer weiteren Befragung gab ein Fünftel der Krankenhausärzte an, zu erwägen, ihre ärztliche Tätigkeit aufzugeben. Auch unter niedergelassenen Ärzten fühlen sich viele ausgebrannt, wie eine Befragung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung aus dem Jahr 2018 zeigt. Eine Studie der Berufsgenossenschaft für Gesundheits¬dient und Wohlfahrtspflege stellte ebenfalls im Jahr 2018 einen zunehmenden beruflichen Druck insbesondere auf junge Ärztinnen und Ärzte fest.
Auf dem Ärztetag legte Prof. Dr. Monika Rieger von der Universität Tübingen die gesamte Bandbreite der physischen und psychischen Belastungen dar, denen Ärzte im Beruf ausgesetzt sind. Sie gab zudem einen Überblick über die gesundheitliche Situation von Ärzten und stellte Möglichkeiten einer präventiven Arbeits¬gestaltung vor. "Was können wir für unsere Gesundheit tun?" Antworten auf diese Frage gab Prof. Dr. Harald Gündel vom Universitätsklinikum Ulm. Ein Ansatz ist hier das Betriebliche Gesundheitsmanagement, bei dem es um eine systematische und nachhaltige Gestaltung von gesundheitsförderlichen Strukturen und Prozessen geht. Dr. Klaus Beelmann, Geschäftsführender Arzt der Ärztekammer Hamburg, stellte Interventionsprogramme der Landesärztekammern für suchtkranke Ärztinnen und Ärzte vor.
In mehreren Beschlüssen forderte der 122. Deutsche Ärztetag von den Arbeitgebern im Gesundheitswesen unter anderem gesundheitsgerechtere Arbeitsbedingungen. Die Arbeits-schutzregeln müssten konsequent eingehalten und das betriebliche Gesundheitsmanagement gestärkt werden. Die zuständigen Behörden sind aufgerufen, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes im ärztlichen Dienst der Kliniken regelmäßig zu überprüfen. Auch sollten Ärzte von Verwaltungstätigkeiten entlastet werden. Personalschlüssel müssten zudem so gestaltet werden, dass jederzeit eine patienten- und aufgabengerechte Versorgung möglich sei. Erforderlich seien außerdem flexible Arbeitszeitmodelle und weitere Maßnahmen zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. An den Gesetzgeber richtete der Ärztetag unter anderem die Forderungen, die gesetzlichen und ökonomischen Rahmenbedingungen für gesundheitsverträgliche Arbeitsbedingungen zu schaffen sowie den freiberuflichen Charakter der ärztlichen Tätigkeit zu stärken. An die medizinischen Fakultäten appellierte der Ärztetag, die Themen Resilienz und Stressbewältigung als Teil der ärztlichen Ausbildung in das Studium aufzunehmen.
Ärzte vor Gewalt schützen
Neben Stress und schwierigen Arbeitsbedingungen stellt Gewalt durch Patienten bzw. Angehörige eine unmittelbare Bedrohung für die Gesundheit von Ärzten und ihren Mitarbeitern dar. Ärzte aus verschiedenen Versorgungsbereichen berichteten auf dem Ärztetag über körperliche und verbale Gewalt, unter anderem in den Notaufnahmen, in Hausarztpraxen oder bei Notfalleinsätzen. Ärztekammern bieten Hilfe und spezielle Präventionsangebote an. Diese Maßnahmen müssen nach dem Willen des 122. Deutschen Ärztetages aber durch einen strafrechtlichen Schutz Hilfeleistender ergänzt werden. Konkret forderten die Abgeordneten des Deutschen Ärztetages den Gesetzgeber auf, den strafrechtlichen Schutz für Hilfeleistende bei Unglücksfällen, gemeiner Gefahr oder Not zu erweitern. Ein vom Bundesgesundheitsministerium eingeholtes Rechtsgutachten hat die Notwendigkeit einer solchen Gesetzesänderung bestätigt.
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