Jean-Luc Godard: "Ich habe geklaut, um Filme zu sehen und Filme zu machen"
Hamburg (ots)
Der berühmte Filmregisseur Jean-Luc Godard hat in seiner Jugend hin und wieder Geld gestohlen, um ins Kino zu gehen, und später, um Filme zu machen: "Es war notwendig. Oder zumindest erschien es mir notwendig. Ich habe sogar meiner Familie Geld gestohlen, um es Rivette für seinen ersten Film zu geben. Ich habe geklaut, um Filme zu sehen und Filme zu machen", sagt Godard der ZEIT. Godard erhält am Samstag in Berlin den Europäischen Filmpreis für sein Lebenswerk.
Die Jahre der von ihm mitbegründeten Regisseurbewegung Nouvelle Vague, sagt Godard, seien eine glückliche Zeit gewesen, da es einen Austausch unter den Regisseuren gegeben habe: "Heute rede ich beim Drehen nur mit den Technikern, und ich weiß nicht, was sie über meinen Film denken." Deshalb liebe er den Sport. "Sportler sind nicht allein. Ich spiele so oft Tennis, weil ich ein Gegenüber habe. Zwar bezahle ich meinen Partner, aber wenigstens spielt er mir den Ball zurück. Den Techniker, der mit mir an einem Film arbeitet, bezahle ich auch, aber er spielt mir nicht den Ball zurück." Im Gespräch erweist sich Godard als eifriger Zuschauer von Tennisübertragungen, findet seinen Landsmann Roger Federer jedoch unter seinen Möglichkeiten: "Perfektion ist immer enttäuschend. Ich hoffe meistens, dass Federer verliert, um zu sehen, wie er reagieren wird."
Godard betrachtet das Gegenwartskino kritisch. Er lobt Lars von Triers Film "Idioten", führt aber an, dass "die meisten Regisseure und Dreiviertel der Leute, die jetzt in Berlin Preise bekommen, die Kamera nur benutzen, um selbst zu existieren. Sie benutzen sie nicht, um etwas zu sehen, was man ohne Kamera nicht sieht. So wie ein Wissenschaftler manche Dinge nicht ohne Mikroskop erkennen kann. Oder der Astronom manche Sterne nicht ohne Teleskop."
Zur Zeit, sagt Jean-Luc Godard, bereite er einen neuen Film vor. Dabei könne er am besten arbeiten, wenn er im Sessel döse: "Ich versuche die Dinge zu sehen. Mit geschlossenen Augen. Denn mit offenen Augen sieht man nicht dasselbe. Mit der Kamera ist es ja nicht anders. Man nutzt die offenen Augen, um mit geschlossenen Augen zu sehen."
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Das komplette ZEIT-Interview der ZEIT Nr. 49 vom 29. November 2007
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