Max Schmeling schildert der ZEIT seinen schönsten Traum: "Zu leben, lange zu leben"
Hamburg (ots)
Kurz vor seinem 95. Geburtstag am 28. September 2000 hat Max Schmeling dem Ressort Leben der Wochenzeitung DIE ZEIT seinen Traum erzählt und damit eine Bilanz seines Lebens gezogen. Schmeling, der von 1930 bis 1932 Box-Weltmeister im Schwergewicht war, gilt als populärster deutscher Sportler aller Zeiten. "Mit jedem Tag erfüllt sich für mich der schönste Traum: zu leben, lange zu leben", sagt Schmeling. "Ich wollte immer alt werden, sehr alt. Jetzt bin ich es.", sagt er und träumt davon, wenigstens 100 zu werden: "Ich lebe so, als würde es einen Gott geben. Für mich ist Religion vor allem Geben, deshalb muss ich auch noch eine Zeit dranhängen. Ich brauche mindestens noch fünf Jahre, um meine Stiftung so zu entwickeln, wie ich mir das vorstelle."
Schmeling, der seit dem Tod seiner Frau Anny Ondra zurückgezogen in der Nähe von Hamburg lebt, steigt jeden Morgen auf seinen Hometrainer. "Allmorgendlich malträtiere ich ihn und er mich. Meine Gesundheit pflege ich bewusst." Dabei genießt er den Blick durch das Fenster: "Wenn die Rehe mich bei meinen mühevollen Pedaltritten beäugen oder die Vögel wild flatternd um Futter ringen, denke ich, den Elementen nahe zu sein. Ich fühle mich im Einklang mit dem Leben, mit mir selbst."
Wenn Schmeling zurückdenkt, wundert er sich darüber, was "der einstige hamburgische Lausbub aus sich gemacht hat: Weltmeister im Schwergewicht, Weltmeister aller Klassen." Inzwischen ist er der älteste Weltmeister im Schwergewicht und immer noch der einzige Deutsche. "Das hätte ich mir nicht träumen lassen", sagt Schmeling. Albträume bereitet Schmeling die Präsenz junger Neonazis in deutschen Städten: "Ich mag es nicht glauben. So fing es in den zwanziger Jahren auch an, und bisher hat die Politik noch nicht gezeigt, dass sie der braunen Gefahr Herr werden kann", sagt er und warnt: "Es wird höchste Zeit, es muss dagegen angegangen werden."
Diese PRESSE-Vorabmeldung aus der ZEIT Nr. 39/2000 mit Erstverkaufstag am Donnerstag, 21. September 2000 ist unter Quellen-Nennung DIE ZEIT zur Veröffentlichung frei. Der Wortlaut des ZEIT-Textes kann angefordert werden.
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